ImageAus gesundheitlichen Gründen konnte Irmgard Schmidleithner (eh. ÖGB-Vize-Präsidentin und ÖGB-Frauenvorsitzende) leider nicht an der Demonstration "Hände weg von der Mindestsicherung!" am 2.3.2016 in Linz teilnehmen. Sie hat aber eine Botschaft übermittelt, die bei der Demonstration verlesen wurde.


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir sind heute zusammengekommen, weil politisch Verantwortliche einen Kahlschlag bei sozialen Rechten planen. Anstelle von solidarischer Umverteilung – immerhin besitzen auf dieser Welt einerseits 62 Menschen genau so viel wie andererseits 3,5 Milliarden Menschen – heißt es runter mit der Mindestsicherung auf 320 Euro monatlich für die sozial Schwächsten in unserer Gesellschaft.

Wir wissen, dass die derzeitigen 914 Euro Mindestsicherung monatlich kaum reichen, Mieten und die täglichen Ausgaben zu bestreiten. Ganz zu schweigen, in welche Bedrängnis diese Menschen kommen, wenn der Kühlschrank, die Waschmaschine oder ein anderes wichtiges Haushaltsgerät zu ersetzen wäre. Welche Schwierigkeiten entstehen, wenn aufgrund von Krankheit zusätzliche Ausgaben nötig sind. Oder was es heißt, das Geld aufzutreiben, wenn die Kinder von MindestsicherungsbezieherInnen Schullandwochen, Schulskikurse oder andere Veranstaltungen besuchen sollen.

Und nun planen ÖVP und FPÖ in unserem Bundesland, diese Mindestsicherung für Mehrkindfamilien mit einer Obergrenze zu versehen. Zynischer kann eine Maßnahme einer sogenannten Familienpartei, wie die ÖVP immer von sich behauptet, wirklich nicht mehr sein.

Aber es kommt noch schlimmer, für Flüchtlinge also für Menschen, die zu uns gekommen sind, weil sie in ihrer Heimat Schreckliches mitmachen mussten und alles verloren haben, und nur mehr ihr Leben und das ihrer Familienangehörigen retten konnten. Menschen, die hofften bei uns Frieden zu finden und Hilfe erhofften, um sich ein neues Leben, so nach und nach, zu erarbeiten.

Menschen, die dazu bereit sind, alles ihnen Erlaubte und Ermöglichte beizutragen, um uns „nicht auf der Tasche“ zu liegen die aber kurzfristig Hilfe zum Überleben brauchen. Diese Menschen sollen nur mehr eine Mindestsicherung in der Höhe von 320 Euro monatlich erhalten.

320 Euro aber erlauben kein menschenwürdiges Leben, sondern tragen dazu bei, dass auch in unserem Land Not und Elend entstehen werden:

           -          Müllmenschen, wie wir sie nur aus Entwicklungländern kennen, werden auch bei uns bald das Alltagsbild zeichnen

           -          Krankheiten, von denen wir dachten, dass sie ausgestorben sind, werden wieder entstehen

           -          Kindern werden unter schrecklichen Zuständen ihre Kindheit erleben und mit ansehen müssen, wie sie in einem Land groß werden, wo einerseits gute Lebensmittel im Müll landen und sie andererseits hungern müssen

     -          Soziale Unruhen werden durch diese Ungerechtigkeit entstehen und bald werden wir  wie in vielen anderen Ländern, in denen solche gravierende soziale Unterscheide herrschen, mehr Geld für Sicherheitsmaßnahmen als für Bildung ausgeben.

Die Liste ließe sich noch fortsetzen, ich möchte aber ein paar Fragen an „unseren“ Landeshauptmann stellen: Herr Dr. Phüringer, Sie sagten in einem Interview mit dem Standard: „Ich bin ein sozialer Mensch und gönne allen alles. Aber man muss gewisse Prinzipien in der Gesellschaft- und Sozialpolitik aufrecht erhalten.“ Sie bringen dann einen Vergleich von den niedrigsten Einkommen von unselbständig Erwerbstätigen und von MindestsicherungsbezieherInnen.

Ich erlaube mir daher einen Vergleich von einem Mindestsicherungsbezieher mit ihrem Einkommen zu machen. Sie verlangen von einem Mindestsicherungsbezieher, dem Sie künftig nur 320 Euro im Monat geben wollen, dass er mit dem Einkommen, das Sie jährlich beziehen 53 auskommen soll. Ja, Sie haben mich richtig verstanden das was Sie im Jahr bekommen – und da habe ich Ihr Monatseinkommen nur mit 12 und nicht mit 14 Einkommen multipliziert – soll ein Mensch, der künftig 320 Euro erhält, auf 53 Jahre aufteilen.


Ich gönne Ihnen Ihr Einkommen, aber gönnen Sie auch Ihrem Nächsten ein Einkommen, von dem der erleben kann.


Da Ihre Parteifreunde gerne das Evangelium missbrauchen um ihre Unmenschlichkeit zu begründen, werde auch ich mit Matthäus 25, 44 enden:


„Dann werden auch sie ihn fragen: ‚Herr, wann sahen wir dich jemals hungrig oder durstig, wann kamst du als Fremder, wann warst du nackt oder krank oder im Gefängnis – und wir hätten uns nicht um dich gekümmert?“


Ich fordere Sie auf: Kümmern Sie sich um die Fremden, Hungrigen, Durstigen, Kranken usw. und zeigen Sie, dass Sie in der Lage sind, kompetente Lösungen anzubieten und geben sie nicht den Populisten in diesem Land ihre Unterstützung.