ImageRuhig, diszipliniert und mit breiter Unterstützung aus der Bevölkerung verlief der Ärztestreik am Montag, 16.6.2008. Entgegen der Behauptung, die ÄrztInnen würden ihre Interessen am Rücken der PatientInnen durchsetzen, wurde vielfach Solidarität bekundet. Der Protest der Ärzte richtet sich nicht nur gegen den Angriff auf ihre Interessen, sondern insgesamt gegen eine Kassenreform, die das solidarische Gesundheitssystem aushebelt und Zwei-Klassen-Medizin einführt.

Auch in Linz wurde von der  "Initiative für ein solidarisches Gesundheitssystem" Solidarität bekundet. Mit einem großen Transparent wurde "Soziale Verantwortung statt Zwei Klassen Medizin" eingefordert. Wiederholt wurde dabei die Kritik an der Regierungsvorlage: Zerstörung der Selbstverwaltung, mehr Bürokratie, Leistungsreduktion, die Vorbereitung von Liberalisierung und Privatisierung. Mit der Ankündigung von Einzelverträgen wird die flächendeckende medizinische Versorgung gefährdet. Damit sollen Kapitalgesellschaften für ärztliche Leistungen durchgesetzt werden können.

An der Solidaritätsaktion beteiligten sich auch Menschen, die im Pflegebereich arbeiten. Sie machten darauf aufmerksam, daß in der Medizin jetzt durchgesetzt werden soll, was in der Pflege schon gang und gebe ist: "Teure qualifizierte MitarbeiterInnen werden durch billigere ersetzt, Rückschritt von der ganzheitlichen, aktivierenden, professionellen Pflege zur Funktionspflege=warm-satt-sauber, statt individuelle Pflege mit Beziehungsgestaltung, Gesprächen und Biografiearbeit, standardisierte Pflegeschritte in einem zeitlich sehr begrenzten Rahmen." (Andrea Wienerroither, Treffpunkt Pflegepersonal)

"Die Ursache der Misere der sozialen Kassen liegt nicht etwa in explodierenden Gesundheitskosten, sondern in der Erosion der Einnahmen. Seit dem EU-Beitritt ist in Österreich der Anteil der ArbeitnehmerInnen am Volkseinkommen um über 6% gesunken. Zwischen 1993 und 2003 stieg das BIP nominell um 41%, die Beitragseinnahmen der Gebietskrankenkassen jedoch nur um 32,8%. Wären die Einnahmen nur im selben Maß wie die Wirtschaftsleistung gestiegen, gäbe es keine Defizite mehr!" erklärte Rudi Schober, Gemeinderat und Werkstatt-Aktivist bei der Solidaritätskundgebung.

"Die Sozialversicherung ist nicht das Eigentum des ÖGB. Die Selbstverwaltung wurde ihm nur treuhändisch übertragen. Er hat deshalb gar kein Recht, diese Selbstverwaltung dem Kapital zu übergeben. Es darf deshalb keine derart tiefgreifende Aufweichung der Selbstverwaltung ohne Urabstimmung der Versicherten geben!", meinte Stefan Daxner von der Werkstatt Frieden&Solidarität.

"Die Regierung hat die Fähigkeit zum gesamtgesellschaftlichen Interessensausgleich verloren. Das liegt nicht nur an der persönlichen Inkompetenz, sondern vor allem an der fortgesetzten Umverteilung von Reichtum und Mitbestimmung von der Mehrheit der Menschen zum großen Kapital und den Konzernen. Das ist der wahre Grund für die fundamentale Legitimationskrise des Establishments, wie sie jetzt auch beim Referendum in Irland zum Ausdruck gekommen ist. Alle konstruktiven sozialen Kräfte müssen jetzt aktiv werden, um weiteren Schaden zu verhindern.", erklärte Boris Lechthaler zum Abschluß der Solidaritätskundgebung.

Das nächste Treffen der "Initiative für ein solidarisches Gesundheitssystem" findet am Dienstag, 24. Juni 2008, um 17.30 im Betriebsseelsorgezentrum Linz-Mitte, Sophiengutstr. 18, in Linz statt.