Das Krankenhaus in Spittal an der Drau, an dem das Land Kärnten beteiligt ist, hat Ende März den Betriebsratsvorsitzenden entlassen, weil er warnte, dass die besondere Schutzwürdigkeit von schwangeren Frauen in der Coronakrise im Spital nicht gewährleistet sei. Die Solidarwerkstatt ruft die Kärntner Landesregierung auf, sich sofort für die Rücknahme dieser skandalösen Entlassung einzusetzen.

Der Betriebsratsvorsitzende, der selbst Allgemeinmediziner und Notarzt ist, hat in einem Brief an die Kolleginnen davor gewarnt, dass die besondere Schutzwürdigkeit von schwangeren Frauen in der Coronakrise im Spital nicht gewährleistet sei. Die Trennung in Coronavirus- und Nicht-Coronavirus-Bereiche sei nicht gewährleistet sei, weil es zur Durchmischung der Diensträder gekommen sei. Bauliche Maßnahmen seien mangelhaft und es gebe zu wenig Schutzkleidung. Außerdem gäbe es im Spital einen teils inadäquaten Umgang mit Coronaverdachtsfällen – sowohl aus Sicht des Betriebsrats wie aus Sicht des internistischen, gynäkologischen und anästhesiologischen Fachpersonals.

Daraus entstehe ein überproportionales Infektionsrisiko für schwangere Kolleginnen im Vergleich zur Normalbevölkerung. Er empfehle daher eine „großzügige frühzeitige Karenzierung“ der Mitarbeiterinnen zu deren Schutz. In seinem Brief weist der Betriebsratsobmann gleichzeitig darauf hin, dass die Auswirkungen einer Infektion mit dem Erreger SARS-CoV-2 auf Mutter und Kind nicht ausreichend erforscht seien.

Die Geschäftsführung des Krankenhauses weist diese Vorwürfe zurück bzw. bezeichnet sie als „private Sichtweise des Betriebsratsobmannes“. Dessen Kritik sehe man als „unternehmensschädigendes Verhalten, ruf- und kreditschädigend“. Deshalb habe man sich zur Entlassung entschieden.

Gewerkschaft: „Letztklassig und unsolidarisch“

Die Gewerkschaft vida meldete sich dazu in einer Presseaussendung zu Wort. Laut Vorsitzendem Hermann Liptisch und vida-Juristin Anna Michorl sei die Entlassung „absolut inakzeptabel“. Man habe sich die erhobenen Vorwürfe angesehen, im Schreiben des Betriebsrats an die Kollegen aus Sicht der Gewerkschaft „inhaltlich nichts enthalten, was eine Entlassung rechtfertigen würde.“ Der Verdacht liege nahe, dass hier versucht werde, einen aus Sicht des Krankenhauses unbequemen Betriebsratsvorsitzenden abzuservieren.

Lipitisch weiter: „Wir arbeiten aktuell Hand in Hand mit vielen Arbeitgebern zum Erhalt der Arbeitsplätze und der Entgelte zusammen, um so viele Betriebe und ihre Beschäftigten wie möglich gut durch die Krise zu bringen. Auf unseren Schreibtischen stapeln sich die Anträge zur Kurzarbeit. Arbeitnehmer- wie auch Arbeitgeberanfragen zur Corona-Kurzarbeit lassen unsere Telefonleitungen heiß laufen. Dass da ausgerechnet ein Unternehmen aus dem engsten Umfeld des österreichischen Wirtschaftskammer- Präsidenten diese schwierige Situation scheinbar ausnutzen will, um einen unliebsamen Betriebsrat loszuwerden – möglicherweise sogar in der Hoffnung, dass die Gewerkschaft gerade anderweitig ausgelastet sei – das ist nur letztklassig und unsolidarisch.“

Offener Brief an Land Kärnten

Tatsächlich sind die Eigentumsverhältnisse dieses Spitals interessant: Das Krankenhaus steht im Privatbesitz der Familie Samonigg, Verwaltungsdirektorin und Geschäftsführerin ist Andrea Samonigg-Mahrer. Sie ist Funktionärin im ÖVP-Wirtschaftsbund und Ehefrau von Wirtschaftskammer- und Nationalbankpräsident Harald Mahrer. Zwischen den beiden Ehepartnern gibt es auch über die „HM Tauern Holding Beteiligungsgesellschaft“ wirtschaftliche Verflechtungen.

Die Solidarwerkstatt fordert die Geschäftsführung auf, diese skandalöse Entlassung sofort rückgängig zu machen: „Gerade in der Corona-Krise ist es wichtig, dass die Personalvertretung sich für den Schutz der Beschäftigten stark macht. Wer jetzt die Krise dazu ausnutzt, kritische Betriebsrätinnen und Betriebsräte mundtot zu machen, handelt nicht nur gesetzeswidrig, sondern auch grob fahrlässig gegenüber der Gesundheit der MitarbeiterInnen und PatientInnen.“

Die Solidarwerkstatt richtet außerdem einen Offenen Brief an die Kärtner Landesregierung, denn seit 2019 ist das Land Kärnten am Spital beteiligt und sitzt mit zwei Vertretern im Aufsichtsrat: „Mitbeteiligung heißt auch Mitverantwortung. Wir halten es daher für die Aufgabe des Landes Kärnten, sich sofort dafür einzusetzen, dass diese skandalöse Entlassung rückgängig gemacht wird!“

(April 2020)

Offener Brief der Solidarwerkstatt Österreich
an Landeshauptmann Peter Kaiser
und die Mitglieder der Kärntner Landesregierung

Sehr geehrter Hr. Landeshauptmann,
sehr geehrte Landesrätinnen und Landesräte,

die Geschäftsführung des Krankenhauses in Spittal an der Drau hat den Betriebsratsobmann entlassen, weil dieser in einem Brief an die Kolleginnen davor warnte, dass die besondere Schutzwürdigkeit von schwangeren Frauen in der Coronakrise im Spital nicht gewährleistet sei. Als Antwort auf diese Kritik hat die Geschäftsführung den Betriebsratsobmann entlassen. Das Land Kärnten ist an diesem Spital beteiligt und im Aufsichtsrat vertreten. Mitbeteiligung heißt auch Mitverantwortung. Wir halten es daher für die Aufgabe des Landes Kärnten, sich sofort dafür einzusetzen, dass diese skandalöse Entlassung rückgängig gemacht wird. Wer jetzt die Corona-Krise dazu ausnutzt, kritische Betriebsrätinnen und Betriebsräte mundtot zu machen, handelt nicht nur gesetzwidriges, sondern auch grob fahrlässig gegenüber der Gesundheit der MitarbeiterInnen und PatientInnen.

Wir ersuchen Sie um Rückmeldung, was Sie in dieser Angelegenheit unternommen haben.

Mit freundlichen Grüßen,

Vorstand der Solidarwerkstatt Österreich

Solidarisieren wir uns! Schickt diesen oder ähnliche Briefe an die Kärtner Landesregierung - hier die Mailadressen der Landesräte.
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!