Wollen wir, dass unsere Unis wie in Deutschland und anderen Staaten immer mehr in die Abhängigkeit privater und militärischer Geldgeber gerät - oder wollen wir freie Forschung an freien von der Rüstungsindustrie unabhängigen Universitäten und Forschungseinrichtungen, die für Frieden und nicht für Krieg forschen?
Sagen wir ja, zu Hochschulen für den Frieden, wo Forschung für Frieden und rein zivile Zwecke betrieben wird, um zu verhindern dass in Österreich überhand nimmt, was an US-amerikanischen und deutschen Universitäten bereits gang und gäbe ist: die Vermischung von militärischer und ziviler Forschung an unseren Universitäten, Fachhochschulen und bei Forschungsprojekten. Sparmaßnahmen von Seiten der Bundesregierung bei den Universitäten zeigen ihre Auswirkung. Erst spürbar durch immer mehr Sponsoring und damit Einflussnahme aus zivilen Wirtschaftszweigen, sind nun Sponsoren und Projektpartner aus der Militär- und Rüstungsbranche bei Forschungsprojekten und Universitäten fixe Partner.
Sogar das Pentagon lässt bei uns forschen. „Rund 8,8 Millionen Euro haben österreichische Universitäten und die ebenfalls öffentliche Akademie der Wissenschaften (ÖAW) seit 2009 vom US-Verteidigungsministerium erhalten. An fast allen großen österreichischen Unis kooperieren Forschungsteams mit dem US-Militär“ recherchierten Benedikt Strunz und Bettina Figl (8.7.2014 “Wiener Zeitung”)
Universitäten, Forschungseinrichtungen, Ministerien, Firmen, Rüstungsfirmen aus vielen Staaten, darunter Österreich, beteiligten sich bis 2013 auch am 54 Mrd. teuren 7. Rahmenforschungsprogramm der EU (FP7). Mit diesem wurden die Forschungsförderungstöpfe der EU erstmals direkt für Militär und Rüstung geöffnet. Auch beim 2014 angelaufenen Nachfolgeprogramm „Horizon 2020“ ist Österreich wieder dabei.
Für die Verquickung von ziviler und militärischer Forschung wird politisch Druck gemacht. Die EU will das früher verpönte Dual-Use ankurbeln. Unter „Dual-Use“ versteht man Güter mit doppeltem Verwendungszweck, also Güter, die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke verwendet werden können, im übertragenen Sinne aber auch die Verwendung von Forschungsergebnissen sowohl für den zivilen als auch den militärischen Bereich. So hält der EU-Gipfel im Dezember 2013 im Punkt 18 der Schlussfolgerungen fest: „Die zivile Forschung und die Verteidigungsforschung verstärken einander, auch auf den Gebieten Schlüsseltechnologien und Energieeffizienztechnologie. Der Europäische Rat begrüßt deshalb die Absicht der Kommission, zu evaluieren, wie die unter dem Programm ‚Horizont 2020‘ erzielten Ergebnisse auch für die industriellen Fähigkeiten im Sicherheits- und Verteidigungssektor nutzbar gemacht werden könnten. Er ersucht die Kommission und die Europäische Verteidigungsagentur, eng mit den Mitgliedsstaaten zusammenzuarbeiten, um Vorschläge auszuarbeiten, wie die Dual-Use-Forschung noch stärker angekurbelt werden kann.“
Diese Verquickung von militärischer und ziviler Forschung wird auch an Österreichs Universitäten und Fachhochschulen vorangetrieben. Große Rüstungsfirmen wie EADS, Siemens, Thales, usw. kaufen sich immer mehr in Forschung und Lehre an den Österreichischen Hochschulen ein. Sie nutzen dabei die mit der Universitätsreform 2001 und dem sog. „Bologna-Prozess“ eingeleitete Entdemokratisierung des tertiären Bildungssektors.
Wir lehnen die Instrumentalisierung der Hochschulen für Aufrüstung entschieden ab. Wir wollen Hochschulen für den Frieden und nicht für den Krieg! Die Einbindung in den Militärisch-Industriellen-Komplex widerspricht auch unserer Neutralität, die dazu verpflichtet schon in Friedenszeiten alles zu unternehmen, um nicht in Kriege hineingezogen zu werden.
Wenn wir in Österreich keine Weiterentwicklung zu weitgehend entdemokratisierten, militarisierten und aus Privat- und Rüstungsmitteln finanzierten Universitäten, Fachhochschulen und Forschungseinrichtungen wie in den USA und anderen europäischen Ländern wollen, ist es an der Zeit aktiv zu werden. Ein Vorbild dafür kann die Bewegung an deutschen Hochschulen sein, wo sich StudentInnenvertretungen gegen die Vermengung und Tarnung des Militärischen mit dem Zivilen, gegen die Umarmung der Militärindustrie und ihrer Verbündeten engagieren. Bereits an 13 deutschen Unis konnten Zivilklauseln erkämpft werden. In Österreich gibt es erste Ansätze eines Diskurses über eine Zivliklausel an der Boku Wien. Eine Zivilklausel ist eine Selbstverpflichtung von wissenschaftlichen Einrichtungen wie Universitäten, ausschließlich für zivile und friedliche Zwecke zu forschen. Das setzt voraus, dass die Universität nicht für Militär- bzw. Rüstungsindustrie forscht, also keine Drittmittelkooperationen mit diesen Einrichtungen eingeht. Das erfordert auch sehr viel mehr öffentliche Gelder für Forschung und Lehre, um die Wissenschaft nicht weiter in Abhängigkeit von Militär-und Rüstungsindustrie zu bringen.
„Forschung für Krieg darf auf keinen Fall zur Normalität werden, auch nicht mit einem zivilen Deckmantel. Es überrascht mich jedoch nicht, dass für die Rüstung geforscht wird, da bei Hochschulen am liebsten gespart wird und diese dann natürlich dazu getrieben werden können, Finanzierung von Militär und Rüstungsindustrie anzunehmen.
Ich halte eine Zivilklausel sicher für notwendig, um ForscherInnen und Hochschulen an ihre ethische Verantwortung zu erinnern.
Ich glaube kaum, dass Rüstungs- und Kriegsforschung von der Mehrheit akzeptiert wird. Aber das Thema bekommt öffentlich noch zu wenig Aufmerksamkeit. Daher halte ich es für umso wichtiger, dass wir selbst die Initiative ergreifen. Neben der Eigenverantwortung der ForscherInnen soll es meiner Meinung nach noch eine Art ethische Richtlinie geben, die rüstungsfreie Forschung sichert und auf die man sich berufen kann", ist Anna, Studentin aus Wien überzeugt.
Eveline Steinbacher
28.10.2014
Als Beispiel sei hier exemplarisch der Entwurf einer Zivilklausel angeführt, mit der wir vor Ort, der Johannes Kepler Universität in Linz, seit Oktober Unterschriften sammeln, um das Thema in das Bewusstsein der Studenten und Professoren zu rücken.
"Wir wollen auch an der Johannes Kepler Universität in Linz eine solche Zivilklausel verankern. Wir rufen deshalb Universitätssenat und Universitätsrat an der JKU, die Institute, ihre Lehrenden und Forschenden sowie die StudentInnenvertretungen auf, sich zu einer Zivilklausel an der JKU zu bekennen und zu verpflichten:
Zivilklausel für die JKU
Die JKU erklärt im Sinne der ethischen Verantwortung von Wissenschaft und Forschung, keinerlei Forschung für militärische oder kriegstechnische Zwecke durchzuführen oder zu unterstützen. Lehre, Forschung, Studium und Entwicklung dürfen nur friedlichen und zivilen Zwecken dienen und sollen das gewaltfreie Zusammenleben aller Menschen und Völker bereichern. Die ethischen Folgen der Forschung sind von allen daran beteiligten Personen stets zu beachten. „Dual use“ von Gütern, die sowohl für zivile, als auch für militärische Zwecke eingesetzt werden können, wird von der JKU nicht unterstützt. AntragsstellerInnen von Forschungsprojekten müssen nachweislich garantieren, dass das entsprechende Projekt keinen militärischen oder kriegstechnischen Mitteln dient."
Unterschriftenlisten "Für eine Zivilklausel an der JKU" anfordern bzw. bitte zurückschicken: Solidarwerkstatt, Waltherstraße 15, 4020 Linz, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.solidarwerkstatt.at, T 0732 77 10 94
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