Die Klubobfrau der Grünen, Sigi Maurer, antwortet auf den Offenen Brief der Solidarwerkstatt Österreich, in dem wir die Anhebung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe fordern. Sie wünscht sich mehr außerparlamentarischen Druck auf die Regierungsparteien, um diese Forderung durchzusetzen. Wir haben eine historische Chance, zum ersten Mal seit langem einen sozialen Fortschritt zu erzielen, und damit Hunderttausende Arbeitslose vor dem Absturz in bittere Armut zu bewahren. Wir müssen jetzt den Druck erhöhen!
Die Solidarwerkstatt Österreich sammelt bereits seit Wochen Unterstützungen für einen Offenen Brief an die Nationalratsabgeordneten, um Druck für die Erhöhung des Arbeitslosengeldes (ALG) auf 80% und der Notstandshilfe (NH) auf 75% zu machen. Da SPÖ und FPÖ bereits für die Anhebung der Nettoersatzrate eintreten, liegt es an den Grünen, ob eine parlamentarische Mehrheit dafür zustande kommt oder nicht. Als Oppositionspartei sind die Grünen ja ebenfalls für diese Forderung eingetreten. In einer Aussendung vor einer Woche haben wir formuliert: „Anhand dieser Frage haben es die Grünen in der Hand, Geschichte zu schreiben oder ihre Glaubwürdigkeit in sozialen Fragen zu verspielen.“ Auch die grün-alternativen GewerkschafterInnen (AUGE/UG) haben vor Kurzem die Anhebung des ALG auf 80% gefordert.
Die Botschaft scheint im Grünen Parlamentsklub anzukommen. Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer hat nun auf den Offenen Brief der Solidarwerkstatt geantwortet. Wir bringen hier ihre Antwort in voller Länge:
An Solidarwerkstatt Österreich
Sehr geehrte Damen und Herren,
auch wir sind der Meinung, dass das Arbeitslosengeld angehoben werden soll. Bisher ist es uns gelungen, die Notstandshilfe befristet auf die Höhe des Arbeitslosengeldes anzuheben, den Berufs- und Entgeltschutz auszudehnen und zusätzliche 60 Mio. für Kinder in Familien, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind oder Mindestsicherung in Anspruch nehmen, sicherzustellen.
Auch wenn das angesichts der Situation der Betroffenen nicht ausreicht, legen wir Wert auf die Feststellung, dass es etwa der SPÖ in den Jahren der Wirtschaftskrise 2008 und folgende nicht gelungen ist, derartige Verbesserungen für arbeitslose Menschen im Ausmaß von 170 Mio. € zu erreichen, obwohl sie der stärkere der Koalitionsparteien war. Die Anhebung der Notstandshilfe kostet etwa 16 Mio. pro Monat, dazu die zwei Fondsregelungen für Kinder mit jeweils 30 Mio. €.
Es gibt neben emotionalen und moralischen auch sehr gute, klare und aussagekräftige volkswirtschaftliche Argumente für eine Erhöhung der Nettoersatzrate. Wir meinen, dass uns bei der zumindest teilweise Umsetzung Ihrer Forderung eine breite, zivilgesellschaftliche Debatte über genau diese volkswirtschaftlichen Aspekte, ihre positiven Auswirkungen auf Nachfrage, Beschäftigung, die Entwicklung der Beitragseinnahmen der Sozialversicherung usw. helfen würde.
Mit freundlichen Grüßen
Sigi Maurer
(Abgeordnete zum Nationalrat, Klubobfrau)
Den letzten Absatz kann man wohl als Aufforderung verstehen, den außerparlamentarischen Druck auf die Regierungsparteien für die Anhebung von ALG und NH zu erhöhen. Der Beton bröckelt. Es liegt an unserem Druck, ob die grünen Abgeordneten zu ihren Wahlversprechen stehen oder ob die Angst vor der eigenen Courage stärker ist.
Historische Chance - auf uns kommt es an!
Wir haben die historische Chance, zum ersten Mal seit langen wieder einen sozialen Fortschritt zu erzielen und zu verhindern, dass Hunderttausende Menschen in bittere Armut abstürzen, denn mit einer Nettoersatzrate von 55% beim ALG und 50% bei der NH können viele unmöglich über die Runden kommen. Die Anhebung von ALG und NH dämpft die Wirtschaftskrise, indem sie die Kaufkraft stabilisiert. Und sie wirkt dem Lohndumping entgegen, denn niedrige Arbeitslosengelder zwingen viele Arbeitslose, schlecht bezahlte und prekäre Arbeitsverhältnisse anzunehmen.
>> Bitte unterstützt daher weiter zahlreich den Offenen Brief der Solidarwerkstatt oder schickt ähnliche Briefe gleich direkt an die Abgeordneten. Wir werden noch vor der Nationalratssitzung Ende Mai die neuen UnterstützerInnen an die Nationalratsabgeordneten weiterleiten.
>> Wir müssen auch auf der Straße aktiv werden. Bereiten wir gemeinsam Aktionen für die Anhebung von ALG und NH vor! Die nächste Möglichkeit darüber zu beraten, gibt es beim offenen Aktionstreffen des Personenkomitees Selbstbestimmtes Österreich am Fr, 15. Mai 2020 (18.30 Uhr Votivpark, Wien).