Gewinnentnahmen GesundheitsausgabenDie Politik behauptet, dass mit der "Deckelung" der Gesundheitsausgaben, die "explodierenden" Gesundheitsausgaben eingedämmt werden sollen. Schaut man sich die genauen Zahlen an, dann sieht man: Die Gesundheitsausgaben sind keineswegs explodiert. Explodiert ist etwas ganz anders, die Hintergründe sind vielmehr neoliberale EU-Budgetvorgaben, durch die der Sozialstaat zu einem "Auslaufmodell" gemacht werden soll.

 

Was wirklich explodiert ist

Seit Mitte der 90er Jahre ist die Lohnquote – also der Anteil der Löhne und Gehälter am Volkseinkommen – um rund 5% zurückgegangen. Da die Beiträge der sozialen Krankenkassen an die Löhne und Gehälter gekoppelt sind, erlebt die Sozialversicherung eine schleichende Einnahmenerosion. So entgingen zum Beispiel den Gebietskrankenkassen durch das Zurückhinken der Löhne und Gehälter hinter das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) rund 5 Milliarden Euro an Beitragseinnahmen durch die unselbständig Erwerbstätige – aufgehäuft über den Zeitraum 1995 bis 2015. 

Von der vielbeschworenen „Ausgabenexplosion“ im Gesundheitswesen kann dagegen keine Rede sein. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) stiegen die öffentlichen Gesundheitsausgaben von 7,7% (1995) auf 7,9% (2014). Also ein Plus von 0,2% - von Explosion keine Spur. Wirklich explodiert ist dagegen, was mit der Einnahmenerosion der sozialen Kassen in Zusammenhang steht: die Gewinnausschüttungen und Gewinnentnahmen der österreichischen Kapitalgesellschaft (sh. Grafik 1). Der Anteil der Gewinnausschüttungen am BIP stieg von 7,4% auf fast 12%, zwischenzeitlich sogar auf über 16% (sh. Grafik). Die Gewinnausschüttungen sind seit Mitte der 90er Jahre 22-Mal so stark angestiegen wie das Gesundheitsbudget. In absoluten Zahlen: 2014 überstiegen die Gewinnausschüttungen mit 39 Milliarden Euro bereits deutlich die öffentlichen Gesundheitsausgaben mit 26 Milliarden Euro. Während die Explosion der Gewinnausschüttungen an eine kleine Schicht von AktionärInnen in Medien und Politik oftmals gefeiert wird, wird ein vergleichsweise bescheidener Anstieg des Gesundheitsbudgets, der der großen Mehrheit zugute kommt, skandalisiert und mittels „Deckelung“ bekämpft. 

Gewinnentnahmen Gesundheitsausgaben

EU-Fiskalpakt: „Auslaufmodell Sozialstaat“

Der wirkliche Hintergrund für die Deckelung der Gesundheitsausgaben ist der EU-Fiskalpakt und verschiedene EU-Verordnungen, die seit 2012 Bund, Länder und Gemeinden auf eine scharfe Sparpolitik verpflichtet und der EU-Kommission die Macht gibt, den EU-Mitgliedsstaaten diese Sparpolitik aufzuzwingen. Der Einstieg in die "Deckelung" der Gesundheitsausgaben fällt zusammen mit dem Inkrafttreten des EU-Fiskalpakts. Erst als die Regierung die „Gesundheitsreform“ beschlossen hatte, entließ die EU-Kommission Österreich aus dem „EU-Defizitverfahren“. Zweck dieses Fiskalpaktes ist nicht – wie vorgegeben - die sog. „Defizitbekämpfung“, sondern die Durchsetzung von neoliberalen „Strukturreformen“, also die Absenkung der öffentlichen Ausgaben für Soziales, Pensionen, Gesundheit usw. Der Sozialstaat soll durch diesen Fiskalpakt „zu einem Auslaufmodell“ gemacht werden (O-Ton Mario Draghi, Chef der Europ. Zentralbank, zit. nach Wallstreet-Journal, 22.2.2012).

Nähere Informationen zum EU-Fiskalpakt und anderen EU-Budgetvorgaben siehe:
Im neoliberalen Schraubstock http://www.solidarwerkstatt.at/index.php?option=com_content&view=article&id=1076:im-neoliberalen-schraubstock&catid=43&Itemid=86

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