Offener Brief der KIV/UG an den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig und den Gesundheitsstadtrat  Peter Hacker: Die Basis-MitarbeiterInnen in Spitälern und Pflegeeinrichtungen leisten gerade fast Übermenschliches – und wollen Anerkennung für ihre Leistung.

Offener Brief an den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig und den Gesundheitsstadtrat Peter Hacker

Sehr geehrter Bürgermeister Ludwig!
Sehr geehrter Gesundheitsstadtrat Hacker!

Wir gehen gerade mit Ihnen durch die schwierigste Krise der Nachkriegszeit in Wien. Die Stadt trägt als Grundversorgerin eine enorme Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger. Gleichzeitig sind Sie, als Bürgermeister und Gesundheitsstadtrat, bemüht, für Beruhigung zu sorgen. Ich wünsche Ihnen viel Kraft in dieser schwierigen Situation. Obwohl ich davon ausgehe, dass Sie alles nach bestem Wissen verantworten werden, möchte ich Ihnen hier die Lage, aus Sicht der Basis-MitarbeiterInnen in unseren Spitälern und Pflegeeinrichtungen, schildern!

Personalknappheit

Materielle Maßnahmen sind in einer Krise wahrscheinlich innerhalb kürzester Zeit möglich. Die Umfunktionierung einer Messehalle für hunderte mögliche Covid-19-PatientInnen ist verhältnismäßig schnell gemacht. Eine rasche Aufstockung des benötigten, gut ausgebildeten Fachpersonals in den unterschiedlichen Spezialbereichen ist jedoch leider nicht möglich. Die Ausbildungen in den Intensivbereichen, unabhängig vom Berufsfeld, in dem unsere Corona-PatientInnen betreut werden, dauern Jahre. Wir können nicht mit Hochdruck eine IntensivpflegerIn oder eine FachärztIn für Intensivmedizin ausbilden. Die Einsparungen der letzten Jahre, insbesondere beim Fachpersonal, spüren wir gerade in dieser Krise sehr schmerzhaft.

Ressourcenknappheit

In den Medien war regelmäßig von ausreichender Schutzausrüstung die Rede. In einigen KAV-Häusern haben KollegInnen, die Covid-19 PatientInnen von A nach B transportieren, keine adäquate Schutzausrüstung. Sie haben nur Handschuhe, Plastikschürzen und OP (MNS) Masken. Trotz chronischer Erkrankungen werden KollegInnen in einigen Bereichen während dieser Krise noch immer nicht freigestellt, obwohl das medial versprochen wurde. Einmalmasken, welche wir sogar vor Supermärkten erhalten, werden in einigen Krankenhäusern aufgesammelt und wiederverwendet. Folgendes steht sogar im Intranet des Krankenanstaltenverbunds (KAV):

Was kann ich tun, wenn keine FFP1 Maske zur Verfügung steht?
Verwenden Sie eine OP-Maske, auch MNS (Mund-Nasen-Schutz) genannt!
OP-Masken müssen gemäß eines europäischen Normenentwurfs eine 95%ige Filterwirkung gegenüber Bakterien haben. Das ist optimal für den Umgang mit PatientInnen, die nicht an COVID-19 erkrankt sind. Die Schutzleistung der OP-Masken ist vergleichbar mit der Schutzleistung der FFP1 Masken. Sie können daher für das gleiche Einsatzgebiet angewendet werden.

In der Privatwirtschaft bekommen die KollegInnen für die besondere Leistung in der Krise eine spürbare monetäre Anerkennung. Alle MitarbeiterInnen haben gerade während dieser Zeit bewiesen, wie wichtig ihre Arbeit ist und sind mit hohem Einsatz oft bis an die Grenzen der Zumutbarkeit gegangen, um die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten.

Nun wäre der richtige Zeitpunkt, Ihren MitarbeiterInnen bei der Gemeinde Wien Achtung und Respekt zu zollen. Wir BasismitarbeiterInnen rufen Sie auf, jetzt in der Krise diese Anerkennung zu zeigen.

Wir fordern daher:

  • 1000,- Euro monatlich während einer Pandemie (bezieht sich auch auf die derzeitige Pandemie, gerechnet ab März 2020) für KollegInnen, die im patientInnennahen Bereich arbeiten und auf Grund der Personal-Sondierung doppelte Leistung erbringen
  • Eine grundsätzliche Verdoppelung der Erschwernis- und Gefahrenzulage
  • Beibehaltung und Voraussetzung unserer hochwertigen Sonderausbildung für KollegInnen im Spezialbereich.
    Es darf zum Beispiel nicht zugelassen werden, dass Gesundheits- und Krankenpflegepersonen mit allgemeiner Ausbildung in Spezialbereichen eingesetzt werden.
  • Rasche Umsetzung einer einheitlichen, evaluierten PPR (Pflegepersonalrechnung), um auch im Dienstpostenplan die Anforderungen in der Pflege widerzuspiegeln.
  • Arbeitszeitverkürzung auf 35 Wochenstunden bei vollem Lohnausgleich
    (nicht nur im KAV, dies muss für alle Sozial- und Gesundheitsberufe umgesetzt werden).
  • Rasche Umsetzung der Möglichkeit einer freiwilligen Optierung in das neue Gehaltsystem der Gemeinde Wien, dies wurde uns von Ihnen, Herr Bürgermeister, bei der Landeskonferenz im Vorjahr für 2020 versprochen – halten Sie Ihr Versprechen!

Biju Augustian Onatt, Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger
(MZ Ost)

>> Siehe zu diesem Thema auch:
Personal- und Ressourcenknappheit in unseren Spitälern hängen eng mit der 2012 eingeführten Deckelung des Gesundheitsausgaben zusammen. Bitte unterstützt daher diese Petition:
Bingo? Nie wieder Kürzen bei Gesundheit und Pflege! Weg mit dem Deckel!