Ein Bericht vom mittlerweile vierten Protesttag der Plattform für eine bedarfsgerechte Persönliche Assistenz, der am 19.11. am Linzer Taubenmarkt stattfand. Im Arbeitsübereinkommen der neuen Landesregierung finden sich dazu nur Worthülsen, die Sparpolitik soll ungemindert fortgesetzt werden. Daher muss auch unser Engagement für eine bedarfsorientierte Sozialpolitik fortgesetzt werden!
Am 19. November 2015 fand am Taubenmarkt in Linz die 4. Protestaktion der Plattform für Bedarfsgerechte Persönliche Assistenz für Menschen mit Behinderung OÖ statt. Ca. 100 Menschen mit oder ohne Behinderung gingen auf die Straße, um lautstark für die Abdeckung der laut OÖ. Chancengleichheitsgesetz zustehenden, aber wegen fehlender budgetärer Mittel nicht erbrachten Leistungen einzutreten. Es meldeten sich zahlreiche Betroffene zu Wort, die sehr eindringlich ihre Situation schilderten. Noch immer warten mehr als 5.500 Menschen mit Behinderung seit Jahren vergeblich auf einen Wohnplatz, auf mobile Betreuung oder Persönliche Assistenz. Sie sind auf die Unterstützung ihrer Angehörigen angewiesen. Das sind fast immer die Eltern, die oft auf Grund ihres Alters und/oder gesundheitlicher Probleme die Grenzen ihrer Belastbarkeit schon längst weit überschritten haben.
Bereits im Frühjahr und Sommer 2015 gab es vehemente Proteste gegen die geplanten Einsparungen im Sozialbereich und nun, nach der Landtagswahl im Herbst, ist es nach wie vor ungewiss, wie sich die Situation für die Betroffenen entwickeln wird.
Leere Worthülsen im schwarz-blauen-Arbeitsübereinkommen
Mitte Oktober einigten sich die neuen Regierungsparteien Oberösterreichs (ÖVP und FPÖ) auf ein Arbeitsübereinkommen, das kurz danach auf der Homepage der ÖVP OÖ in voller Länge veröffentlicht wurde. Darin heißt es zum Chancengleichheitsgesetz: „Menschen mit Beeinträchtigung sollen bei uns die bestmöglichen Rahmenbedingungen vorfinden, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Bedarfsgerechte Standards, die den individuellen Hilfebedarf berücksichtigen, und flächendeckende Angebote, die Inklusion und Teilhabe ermöglichen, sind wesentliche Bestandteile dieser Rahmenbedingungen.“ Dieser Einleitungssatz klingt ja sehr vielversprechend, entpuppt sich bei näherer Betrachtung aber schnell als leere Worthülse.
In der Stellungnahme der Selbstbestimmt Leben-Initiative OÖ zum Regierungsprogramm bringt es Karin Holzmann sehr treffend auf den Punkt: „Wenn die OÖ Landesregierung dies wirklich ernst meint, dann muss sie auch dafür sorgen, dass auch genügend finanzielle Mittel bereit gestellt werden, um für Menschen mit Beeinträchtigung die notwendigen Rahmenbedingungen für ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.“
"Genügend finanzielle Mittel bereitstellen!"
Laut Regierungsprogramm bedeutet Inklusion nicht die alleinige Betreuung in kleinen Wohnformen, sondern findet auch als Teilhabe in der Arbeit oder Freizeit statt. Wie die Umsetzung in Bezug auf Arbeitsplätze realisiert werden soll, wird wohlweislich nicht konkretisiert, da schon jetzt die Anzahl der arbeitslosen Menschen mit Beeinträchtigung sehr hoch ist. Dies ist eine natürliche Folge der neoliberalen Wirtschaftspolitik (inklusive den Privatisierungen großer Staatsbetriebe), in der auch „normale“ ältere oder aus gesundheitlichen Gründen nicht 100% belastbare Mitarbeiter gnadenlos aussortiert werden.
Zu der im Arbeitsübereinkommen getätigten Aussage: „Zusätzlich wollen wir das Wohnen für Beeinträchtigte auch in Alten- und Pflegeheimen ermöglichen. Wir wollen Menschen mit Beeinträchtigung auch im Alter die beste Form der Betreuung ermöglichen. Das kann auch eine Betreuung in einem Alten- oder Pflegeheim statt in einer Betreuungseinrichtung nach dem Chancengleichheitsgesetz bedeuten.“ bezieht Karin Holzmann folgendermaßen Stellung: „Wenn Sie für Menschen mit Beeinträchtigung wirklich in jedem Lebensabschnitt die beste Form der Betreuung ermöglichen wollen, so sind die Voraussetzungen dafür in der Regel in einem Alten- und Pflegeheim mit Sicherheit nicht gegeben, da das Personal in Alten- und Pflegeheimen für die speziellen Bedürfnisse von Menschen mit Beeinträchtigungen nicht geschult ist und in der Regel auch die dafür notwendigen personellen Ressourcen für eine bedarfsgerechte Betreuung von Menschen mit Beeinträchtigung in Alten- und Pflegeheimen nicht gegeben sind.“
Das Arbeitsübereinkommen der Regierungsparteien ist zum Thema Chancengleichheitsgesetz sehr allgemein und schwammig formuliert, deshalb ist es nach wie vor äußerst wichtig, dass möglichst viele Menschen die Forderungen der Plattform Bedarfsgerechte Persönliche Assistenz für Menschen mit Behinderung OÖ unterstützen! Die sofortige Bereitstellung der finanziellen Mittel für die bedarfsgerechte Abdeckung der im OÖ. Chancengleichheitsgesetz verankerten Leistungen für Menschen mit Behinderung und eine Sozialpolitik, die sich an den tatsächlichen Bedürfnissen dieser Personengruppe orientiert, ist nicht verhandelbar!
Susanne Müller
Hinweis:
Die nächste Aktion der Plattform für bedarfsgerechte Persönliche Assistenz in OÖ findet am Di, 15.12.2015 vor dem Landhaus in Linz statt. Siehe http://www.werkstatt.or.at/index.php?option=com_content&view=article&id=1390&Itemid=1