Interview mit Margarethe Rackl, Geschäftsführerin des Frauenhauses Linz, aus SOLiNZ-Solidarisches Linz, über die Auswirkungen von Lockdown, steigender Arbeitslosigkeit, Homeoffice auf die Arbeit des Frauenhauses und die Frauen.

SOLiNZ: Wie hat sich Corona und die damit verbundenen Folgen (Lockdown, steigende Arbeitslosigkeit, Homeoffice etc.) auf die Gewalt gegen Frauen bzw. auf die Arbeit des Frauenhauses ausgewirkt?
Margarethe Rackl: Gewalt gegen Frauen ist weltweit die häufigste Menschenrechtsverletzung. In Österreich wurden im Jahr 2019 8748 Betretungsverbote von der Polizei ausgesprochen – zu 90 % waren die Gefährder Männer und zu 83 % die Opfer weiblich. 3310 Frauen und Kinder lebten 2019 in einem der 26 österreichischen Frauenhäuser. 2019 wurden laut Kriminalstatistik 39 Frauen – häufig von ihren (Ex-) Partnern oder Familienmitgliedern – ermordet. Die Zahlen für 2020 sind noch nicht vollständig erhoben, aber es zeichnet sich eine deutliche Erhöhung aufgrund von Corona ab.
Seit Beginn der Pandemie stieg der Druck in den Familien. Homeoffice, Schwierigkeiten mit und bei der Kinderbetreuung oftmals Kurz- oder Arbeitslosigkeit erschweren den Alltag. Wenn Beziehungen dann bereits im Vorfeld schon sehr angespannt waren eskaliert es oftmals. Die bisherigen Zahlen der Polizei besagen jedenfalls einen größeren Anstieg bei den ausgesprochenen Betretungsverboten. Die Frauenhäuser sind zwar immer aufnahmefähig, haben im Jahr 2019 aber häufig die absolute Auslastungsgrenze erreicht.

Was bedeutet effektiver Opferschutz?
Effektiver Opferschutz bedeutet neben schützenden Maßnahmen für Opfer (rechtliche Maßnahmen, genügend Beratungsstellen, therapeutische Angebote, Schutzmaßnahmen wie auch Frauenhäuser…) auch opferorientierte Täterarbeit. Es muss auch mit dem Täter gearbeitet werden, alles daran gesetzt werden, dass es zu keiner Wiederholung von Gewalttaten kommt – im besten Fall auch aufgrund von funktionierender Präventionsarbeit von klein auf gar nicht mehr passiert. Wesentlich dazu beitragen können entsprechende Öffentlichkeits- und Sensibilisierungskampagnen. Ein Beispiel aktuell sind die vermehrten Zeitungsannoncen des Innen- und Frauenministeriums (auch zur Verbreitung der Frauen-helpline) sowie Infokampagnen zu Hilfsangeboten vom Oö Sozialresort gemeinsam mit Kaufhäusern.

Wie sieht das Hilfsangebot aus und wie lange können Schutzbedürftige bleiben?
Frauenhäuser haben im Allgemeinen zum Schutz der Bewohnerinnen (Frauen und Kinder) eine geheime Adresse. Von erfolgter oder befürchteter Gewalt durch den/die PartnerIn betroffene Frauen können/sollen die Polizei rufen – diese kann ein Betretungsverbot aussprechen – und bei weiterem Schutzbedarf auch Frau und Kinder in ein Frauenhaus bringen. Betroffene können sich auch per Telefon oder email an die jeweilig örtlichen Frauenhäuser wenden oder die österreichweite kostenlose Frauenhelpline zur Erstberatung nützen. Die mögliche Aufenthaltsdauer hängt vor allem auch von der konkreten Gefährdungssituation ab und ist österreichweit unterschiedlich (da Frauenhäuser „Ländersache“ sind) - von mehreren Monaten bis zu einem Jahr.

Wie kann Frau sich den Alltag im Frauenhaus vorstellen?
Im Frauenhaus bleiben die Frauen für sich und ihre Kinder verantwortlich – sie leben entweder in kleinen Wohneinheiten oder in Form einer Wohngemeinschaft. Sie erhalten u.a. psychosoziale und rechtliche Beratung, Unterstützung bei Anzeigen oder gerichtlichen Terminen. Hauptziel der Klientinnen ist die Beendigung von Gewalt und oftmals auch ein eigenständiges Leben nach dem Frauenhaus. In Oberösterreich wurden in den letzten Jahren mehrere Frauenhäuser neu errichtet bzw. saniert. Sie stellen nun zeitgemäße funktionale Krisenwohneinrichtungen dar – auch mit Spielräumen für Kinder sowie mit sicheren Außenanlagen/Spielplätzen.

Wie sieht es mit der realen materiellen Ausstattung aus, was wäre aus eurer Sicht der tatsächliche Bedarf und was wären eure Forderungen an die Politik?
Problemlagen: Leistbare Wohnungen für Wenigverdienerinnen, zuwenig (leistbare)Therapieplätze für traumatisierte Menschen, vor allem auch muttersprachlich, keine betreuten Wohnmöglichkeiten für Frauen mit Kindern, wenn psychiatrischen Diagnosen selbständiges Leben erschweren …

Hilfe für Gewaltopfer:
Erreichbarkeit Linzer Frauenhaus: 0732 60 67 00
für Krisen rund um die Uhr Beratungen nach Terminvereinbarung
www.frauenhaus-linz.at

Unter www.frauenhaus.at (oberösterreichweite homepage) können Daten der anderen vier Frauenhäuser in OÖ erhoben werden.

aus SOLiNZ - Solidarisches Linz


 

Demonstration am Internationalen Frauentag

Frauenrechte in der Krise!

Montag, 8. März 2021
Treffpunkt: 16.30 Uhr, Volksgarten, Linz

Die Demonstration wird unter Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen stattfinden. Bringt Masken für eure Gesundheit und Tafeln mit euren Forderungen mit!