selbsbestimmt lebenDas Erwachsenenschutzgesetz löst das geltende Sachwalterrecht ab. Ganz im Sinn der UN-Behindertenrechtskonvention wird die Individualität ins Zentrum gerückt. Doch die Sparpolitik gefährdet dieses Reformwerk.

Mit dem Erwachsenenschutzgesetz wird das geltende Sachwalterrecht abgelöst. Der vorliegende Entwurf ist ein großes Reformwerk. Damit gehört die bisher mit der Bestellung eines Sachwalters automatisch erfolgte Einschränkung der Geschäftsfähigkeit der Vergangenheit an. Dieser weitreichende Grundrechtseingriff soll zukünftig nur mehr im Ausnahmefall bei gerichtlicher Erwachsenenvertretung in genau beschriebenen Vertretungshandlungen erfolgen können. Der Regelfall einer Vertretung wird also viel mehr als gemeinsame Lösungssuche und Bewältigung von Problemstellungen zu sehen sein. Ganz im Sinn der UN-Behindertenrechtskonvention wird die Individualität ins Zentrum gerückt.

Dieses große Vorhaben wird aber durch fehlende Finanzierung gleich wieder gefährdet. Der Begutachtungsentwurf zum Gesetz enthielt eine ausführliche Finanzbedarfsrechnung und hat den Mehrbedarf für die Umsetzung fachlich nachvollziehbar begründet. Ein Mehraufwand, der laut Finanzminister nicht finanzierbar sei, weshalb er den Beschluss im Ministerrat blockierte.

Dadurch ist für die Organisationen eine verantwortungsvolle Planung nicht abgesichert. Für alle Beteiligten besteht die Gefahr, dass die in Vorbereitung bei Projekten gezeigten positiven Auswirkungen von unterstützter Entscheidungsfindung, der Angebote von Beratung, Schulung und Abklärung mit Suche und Ermöglichen von bestehenden Alternativen, wieder zurückgedrängt werden. In der Folge ist zu befürchten, dass für die Abklärungsprozesse die nötigen Kapazitäten fehlen und deshalb nicht durchgängig und nicht bei allen Anregungen eine fachliche Abklärung erfolgt. Ressourcenprobleme stellen auch das geplante niederschwellige Angebot der Registrierung von Vorsorgevollmachten sowie der gewählten und der gesetzlichen Erwachsenenvertretung in Frage. Aber auch geplante Schulungs- und Informationsveranstaltungen. Sogar die vorgesehene Abklärung beim Erneuerungsverfahren scheint nicht auf Dauer abgesichert.

Die inhaltlichen Einschnitte würden im schlimmsten Fall dazu führen, dass nur eine kleine Reform übrigbleibt, die den Ansprüchen der UN-Behindertenkonvention nicht gerecht werden kann. Und das Ziel, Selbstbestimmung für Menschen mit Beeinträchtigungen tatsächlich umzusetzen und abzusichern, bleibt einmal mehr unerreicht.

Norbert Krammer
(Bereichsleiter VertretungsNetz-Sachwalterschaft), gekürzt aus: Rundbrief der Sozialplattform OÖ (www.sozialplattform.at)
März 2017