ImageGünther Breitfuß, Geschäftsführer Persönliche Assistenz: "Angesichts der Verpflichtung zur Einhaltung dieser Behintertenrechtskonvention, haben wir in Oberösterreich einen unfassbar menschenrechtswidrigen Zustand, in dem mehreren Tausend Menschen mit Beeinträchtigung die notwendige Unterstützung vorenthalten wird." Statt der geplanten Kürzungen fordert er eine bedarfsorientierte Budgetierung des OÖ Chancengleichheitsgesetzes.


Wir hören seit Jahren, dass das für Menschen mit Beeinträchtigung gewidmete Budget zur Umsetzung des Oö. Chancengleichheitsgesetzes (CHG) jährlich mehr als die Budgets der anderen Bereiche erhöht wird. Damit muss endlich einmal Schluss sein, tönt es von Seiten der Wirtschaft. Die Sozialdienstleister sollen besser wirtschaften und das Sozialressort besser haushalten. Es sei außerdem schon fraglich, ob die Leistungen für diese Menschen nicht schon an Luxus grenzen.

Anfang 2014 wurde von Interessen- und Elternvertretungen und vielen Institutionen bzw. Organisation im Bereich der „Behindertenhilfe“ eine Allianz zur Chancengleichheit für Menschen mit Beeinträchtigung geschmiedet. Anlass dazu war die Tatsache, dass mehr als 5.000 Betroffene keine Unterstützung bekommen, weil die öffentlichen Mittel fehlen. Sie stehen auf Wartelisten, die zu Abstellgleisen wurden. Eine Petition der Allianz zur Abschaffung dieser Missstände brachte das sensationelle Ergebnis von mehr als 16.000 Unterschriften.

Mit der Wirtschaftskrise und dem reduzierten Steueraufkommen wurden die  Sozialdienstleister zu erheblichen Sparmaßnahmen angehalten. Für die Leistungen wurde seitens des Landes weniger bezahlt, als die Lohn- und Indexsteigerung ausmachte. Seither wurden rund 30 Millionen Euro eingespart. Die Leistungsqualität für die Menschen mit Beeinträchtigungen konnte dabei weitgehend erhalten bleiben. Also kann man leicht erraten, auf wessen Schultern diese Sparmaßnahmen getragen wurden und werden. Eine öffentliche Anerkennung dafür blieb aus.

Unfassbarer menschenrechtswidriger Zustand

Am 30. März 2007 unterschrieb Dr. Erwin Buchinger als amtierender Sozialminister von Österreich die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung als erstes Land der Welt. Inzwischen sind 229 Staaten der Konvention beigetreten und haben sie ratifiziert, also zum nationalen Recht erhoben. In der Konvention steht vereinfacht, dass alle Menschen mit Beeinträchtigung einen Anspruch auf entsprechende Unterstützungsleistung zu einem selbstbestimmten Leben und volle Teilhabe an der Gemeinschaft haben. Bedauerlich, dass es überhaupt ein solches explizites Menschenrecht braucht.

Angesichts der Verpflichtung zur Einhaltung dieser Behintertenrechtskonvention, haben wir in Oberösterreich einen unfassbar menschenrechtswidrigen Zustand, in dem mehreren Tausend Menschen mit Beeinträchtigung die notwendige Unterstützung vorenthalten wird. Das trotz einer guten Rechtsgrundlage im Land (CHG) und einer menschenrechtlichen Verankerung. Am 11. Februar 2015 informierte Frau Soziallandesrätin Gertraud Jahn die Interessenvertretung der Dienstleistungsunternehmungen im psychosozialen Bereich und Behindertenbereich in Oberösterreich (IV-Sozialunternehmen), dass das Budget einen strukturellen Abgang von 25 Millionen Euro aufweist. Um diesen Betrag ist der Bereich innerhalb von 3 Jahren herunter zu fahren. Das sei die einzige Möglichkeit, das Budget auf eine nachhaltig solide Basis zu stellen.

Bedarfsorientierte Budgetierung des OÖ Chancengleichheitsgesetzes!

Die Nachricht an die Beschäftigen der Sozialdienstleister bedeutet den Abbau von 500 oder mehr Arbeitsplätzen und entsprechende Mehrleistung von denen die bleiben dürfen. Die Nachricht an die Leistungsbezieher/innen ist Qualitätsreduktion in vielen Bereichen, weil nun weniger Personal für mehr Menschen zuständig ist. Tja, dann bleibt immer noch die Frage offen, was sagt man denen, die aus dem Unterstützungssystem ausgesperrt sind? Das sind nicht nur mehr als 5.000 Personen. Hinter denen stehen auch Familien. Wird man ihnen sagen, dass für sie die Behindertenrechtskonvention und das Chancengleichheitsgesetz nicht gilt, weil man die Kosten den Steuerzahler nicht zumuten möchte? Nachdem man täglich aus den Nachrichten hört, welche spektakulären Beträge aufgebracht werden können, wenn es als „notwendig“ erachtet wird und der politische Wille da ist, wird man die wahren Motive den Betroffenen nicht ins Gesicht sagen, vor der Wahl schon gar nicht. Man wird vermutlich nicht einmal versuchen auf sie zuzugehen um sie zu vertrösten. Das ist eine völlig inakzeptable Situation. So lange sich die Politik mit überproportionalen Budgeterhöhungen brüstet und gleichzeitig negiert, dass das Grundbudget mit dem realen Bedarf längst nichts mehr zu tun hat, kommen wir keinen Schritt weiter. Der Ausweg ist klar und heißt bedarfsorientierte Budgetierung des Oö. CHG.

DSA Günther Breitfuß, MAS
Geschäftsführer Persönliche Assistenz GmbH