In vielen Teilen der Welt sind die wuchernden Wohnkosten zum Gegenstand von Massenprotesten geworden. In vielen Ländern gibt es keine Mietwohnungen mehr, geschweige denn kommunale Mietwohnungen, sondern nur noch Wohnungseigentum, wodurch sich Menschen zu Beginn ihrer potentiellen Unabhängigkeit massiv verschulden. Noch ist die Situation in Österreich vergleichsweise erträglicher; dennoch fragt sich, warum hier nicht endlich eine Bewegung der Betroffenen ins Rollen kommt
· gegen die derzeit wachsende Wohnungsnot, Wohnungslosigkeit und die Preistreiberei auf dem Wohnungsmarkt in Wien, gegen befristete Mietverträge
· gegen beschleunigte Gentrifizierungsprozesse und die Spaltung der Stadt in Premiumlagen und vernachlässigte Stadtvierteln
· für die Wiederaufnahme des kommunalen Wohnbaus, gegen den Verkauf von Gemeindewohnungen
· gegen die Unterordnung der Baubehörden und der Stadtplanung unter Investoreninteressen
· für das Recht auf selbstbestimmte, alternative Wohnformen und die Neugründung einer demokratischen Genossenschaftsbewegung
· für radikal verbesserte Mitbestimmungsrechte der BewohnerInnen in allen Stadterweiterungsprojekten
· für ein ausreichendes Angebot an temporären Wohnraum für wohnungslose Menschen, für Notquartiere, die die Würde und Integrität der BenutzerInnen respektieren...
Der Augustin steckt mitten drin in dem Experiment, die «traditionellen» Mieter_innen-Interessensvertretungen (die bisher eher Servicestellen als politisch intervenierende Kräfte waren) mit der jungen Wohnraumbewegung, u.a. der Hausbesetzer_innenszene, zusammenzubringen. Und zwar zunächst mit dem Ziel, am 7. Dezember 2012 anlässlich des 90. Jahrestags des Mietengesetzes vom 7.12.1922, und damit des durch viele Kämpfe durchgesetzten Mieter_innenschutzes, eine große Manifestation durchzuführen. Drei Vorbereitungstreffen gab es bisher. Beim vorletzten wurde zum Beispiel heiß debattiert, ob die Zeit reif ist, um die Forderung «Die Wohnung darf keine Ware sein» in das Zentrum der Begierden «von unten» zu stellen. Ist im Kapitalismus nicht alles eine Ware? Ist die Losung nicht abgehoben? Kann sie populär werden?
Die deutsche «Zeit», eine eher nicht für die Publikation revolutionärer Manifeste angelegte Wochenzeitung, hat kürzlich über das Phänomen berichtet, dass paradoxerweise gerade in Zeiten der Krise die Wohnpreise explodieren «Für Menschen mit geringem Einkommen wird es jetzt schon immer schwerer, in den Ballungszentren bezahlbare Wohnungen zu finden. Ein Grund für die Entwicklung ist die Finanz- und Wirtschaftskrise. Die Investoren suchen Sicherheit; viele stecken ihr Geld in Immobilien. Gewaltige Summen fließen in den Wohnungsmarkt, der als besonders wertbeständig gilt. Wegen der hohen Nachfrage steigen die Preise für den Neukauf einer Immobilie momentan rasant. Wollen die Käufer, dass sich ihre hohe Investition lohnt, müssen sie auch die Mietpreise anheben.»
«Die Zeit» meint: Die Politik brauche sich diese Marktregulierung der Wohnungspreise nicht bieten lassen und könne den Mietwucher durch Gesetze stoppen. Indem sie wiederholt, was in Wien vor 90 Jahren beschlossen wurde und heute noch in abgeschwächter Form wirkt, fügen wir hinzu. Je konsequenter solche Gesetze, umso mehr wird die Warenförmigkeit der Wohnung in Frage gestellt. Man muss dafür nicht auf den Sturz des Kapitalismus warten.
Das nächste wohnpolitische Vernetzungstreffen findet am DONNERSTAG 11. NOVEMBER, 18 UHR im Augustin-Haus (Wien 5, Reinprechtsdorfer Straße 31) statt.