Die Lage in den oberösterreichischen Kindergärten und Krabbelstuben ist dramatisch. Eine neue Studie der Arbeiterkammer OÖ (AK), für die 1.430 Beschäftigte in Kinderbetreuungseinrichtungen befragt wurden, schlägt Alarm. Am 29. März gibt es eine Gewerkschaftskundgebung unter dem Motto "unszreißts!". 

84% der ElementarpädagogInnen halten die Gruppengrößen für zu groß. „Oft bin ich mit 23 Kindern alleine in der Gruppe“, wird eine Beschäftigte zitiert. Nicht einmal zwei von zehn Beschäftigten haben laut AK-Studie genug Zeit, um mit den Kindern Bildungsaufgaben umzusetzen. Auch Hortpädagoge Markus Niederhauser schlägt Alarm: „Wir reden in Oberösterreich nur noch von Kinderbetreuung, Bildung ist unter diesen Bedingungen nicht mehr möglich“ (1).

Kindergarten-Gruppen werden seit 10 Jahren größer

Tatsächlich steigt die Gruppengröße in Oberösterreichs Kindergärten seit zehn Jahren ständig an. Im Kindergartenjahr 2011/12 besuchten durchschnittlich noch 16,27 Kinder eine Gruppe. Im letzten Jahr waren es schon fast 18 Kinder. Internationale Richtlinien empfehlen dagegen maximal 10 Kinder pro BetreuerIn. Der Betreuungsbedarf steigt, aber das Land kommt mit dem Ausbau der Einrichtungen und dem Aufstocken des Personals nicht nach.
Fast die Hälfte der Befragten sagt in der AK-Umfrage sogar, dass es mittlerweile schwierig ist, die Aufsichtspflicht über die Kinder einzuhalten. Mehr als ein Drittel der Beschäftigten fühlt sich emotional erschöpft und in etwa genauso viele können es sich nicht vorstellen, ihren Beruf bis zur Pension auszuüben. Weil sich die Personalsituation durch Corona-Ausfälle noch einmal verschärft hat, berichtet Silvana Miljkovic, Leiterin eines Linzer Kindergartens: „Wenn die Politik nicht sofort handelt, können wir nur noch einen Notbetrieb aufrechterhalten.“ (1)

Kinder pro Gruppe

Maximal 10 Kinder pro BetreuerIn

Hintergrund für diese Unterausstattung ist das Dogma der Austeritätspolitik, wie sie von der schwarz-blauen Landesregierung in Oberösterreich besonders leidenschaftlich propagiert wird. Nach Corona soll rasch wieder die „schwarze Null“ erreicht werden. Dabei hat gerade die Corona-Krise gezeigt, wie schädlich die Sparpolitik in Bereichen wie Bildung, Gesundheit und Pflege ist. Sparpolitik auf dem Rücken der Bildung und Betreuung unserer Jüngsten ist eine haarsträubende Verschwendung von humanen Entwicklungsmöglichkeiten. Erforderlich ist daher, die Zahl der Kinder pro Gruppe auf maximal 10 Kinder pro BetreuerIn zu reduzieren. Davon profitieren die Kinder ebenso wie die Arbeitsqualität der PädagogInnen. Das ist ein wichtiger Schlüssel, damit sich wieder mehr AbsolventInnen dafür entscheiden, diesen Beruf nach ihrer Ausbildung auch tatsächlich auszuüben. Denn immer weniger wollen das. Unzumutbare Arbeitsbedingungen schrecken viele ab. Wenn man nachfolgende Schilderung aus dem Arbeitsalltag hört, kann man das verstehen.
Quelle: (1) https://neuezeit.at/kindergarten-gruppen-ooe/


„An solchen Tagen denke ich daran, den Job hinzuschmeißen“

Eine Kindergartenpädagogin, die anonym bleiben möchte, beschreibt den Alltag, den sie mitunter erlebt hat: “Einmal habe ich drei Kindern zur Sprachförderung ein Buch vorgelesen, sie waren hoch konzentriert, alles war also in Ordnung. Da zupft mich plötzlich ein Bub am Arm - er musste dringend aufs Klo und bekam die Hose nicht auf.” Die Lesestunde wurde natürlich sofort unterbrochen, während sie mit dem Kind auf die Toilette gehen will, bemerkt sie eine Rangelei am anderen Ende des Raumes. Dort sollte eine kleine Gruppe von Kindern mit Bauklötzen spielen, schlägt sich aber stattdessen damit. Gleichzeitig betritt eine Mutter den Raum, die dringend mit der “Tante” den Menüplan besprechen will, der ihrer Meinung nach alles nur nicht kindgerecht ist. “Und dann kam auch noch eine Kollegin dazu, die mir Vorwürfe machte, weil ich mit meiner bürokratischen Arbeit im Verzug war und irgendeine Liste von mir wollte,” so die Pädagogin. An solchen Tagen denkt sie daran, den Job hinzuschmeißen.
(Quelle: https://www.moment.at/story/kindergartenpaedagogin-dringend-gesucht-dabei-gaebe-es-genug)

Hinweis:
unszreißts!
Kundgebung für bessere Arbeitsbedingungen in den Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen
29. März 2022, 14 Uhr
vor dem Linzer Landhaus

unszreissts