Als „Verrat an der Zukunft“ bezeichnet ein Strafrechtsprofessor an der Universität in Linz die finanzielle Aushungerung des Hochschulbereichs.

Zwei Dinge beschäftigen einen dieser Tage mit Blick auf die österreichischen Universitäten. Einerseits das Budgetloch, das den Betrieb wie bisher gefährdet. Andererseits die Hörsaalbesetzungen der Klimaschutzaktivist:innen von „Erde brennt“. Letztere unterstützen die Forderungen nach einer Erhöhung des Uni-Budgets um 1,2 Milliarden Euro, um den Betrieb wie bisher fortführen zu können. Dies ist folgerichtig, denn gerade Bildung und Forschung kommt eine wichtige Rolle für den Klimaschutz zu.

Gestiegene Kosten aufgrund der Inflation und gestiegener Gehälter

Die österreichischen Universitäten gehen für das kommende Jahr von deutlich gestiegenen Kosten aus, welche im aktuellen Budget nicht berücksichtigt sind. Bei dessen Erstellung im Oktober 2020 wurde die Inflation noch mit 2 Prozent angenommen. Im kommenden Jahr steigen aber klarerweise sowohl Energiekosten, Mieten wie auch Gehälter. (1) Neben den Unis sind auch die Fachhochschule von einem eklatanten Budgetmangel betroffen. Nach Verhandlungen hat Finanzminister Brunner 500 Millionen Euro zusätzlich zugesagt hat, also weniger als die Hälfte vorhergesagten Kosten. Daher wird bereits überlegt, Stellen nicht nachzubesetzen oder auf Onlinelehre auszuweichen, um Heizkosten zu sparen. Die TU Wien sieht sich gar gezwungen, einen Monat vorübergehend zu schließen. Dies geht zulasten von Studierenden wie auch Nachwuchswissenschaftler:innen. Wenn Lehrveranstaltungen seltener angeboten werden, verzögert sich die Studiendauer und Studiengebühren werden fällig. Außerdem werden Tutoren- und Assistenzstellen, welche eine Chance für Studierende bieten, erwartbar als Erstes gestrichen. Und die Unigewerkschaft äußert Kritik, dass Finanzminister Brunner die erwartbaren Gehaltserhöhungen des Uni-Personal bei seinem Vorschlag gleich gar nicht berücksichtigt haben kann.

„Verrat an der Zukunft“

Die Universitäten leisten für viele gesellschaftlichen Bereichen Essentielles: Klimaforschung, Gesundheit, Wirtschaft. Auch bemerkenswert ist, dass etwa in Wien der Betrieb der Krankenhäuser zur Gänze von der medizinischen Uni finanziert wird. (ebd.) Die Investitionen insgesamt rechnen sich jedoch sogar rein monetär betrachtet, denn die Unis sind für 10 % des BIP-Wachstums unmittelbar verantwortlich. (2) An alldem lässt sich erahnen, welche Auswirkungen das Budgetloch in Folge haben wird. Als „Verrat an der Zukunft“ bezeichnet ein Strafrechtsprofessor an der JKU in Linz dieses. (ebd.) Gleichzeitig wird von der Bundesregierung und dem Land OÖ am Bau der Technischen Uni in Linz festgehalten, welche aus der „Ministerreserve“, einem Notfalltopf, finanziert wird. Dieser Topf sollte gerade für Fälle wie die aktuelle Unterfinanzierung der bestehenden Unis bereitstehen. (ebd.)

Auch Sabine Seidler, Rektorin der TU Wien, spricht davon, dass überhaupt der Wissenschaftsstandort gefährdet sei und ein Wiederaufbau des entstehenden Schadens schwer sei und wesentlich teurer komme. (3)

Wie kann man sich diese Unvernunft in der Budgetpolitik erklären? Soll man angesichts der offensichtlichen Diskrepanz zwischen Ausgaben und Einnahmen befürchten, dass die Diskussion um Studiengebühren womöglich wieder eröffnet wird? In jedem Fall wird organisierter Protest wichtig bleiben. Auch unlängst fanden mehrere Aktionen statt.

Mehrere Protestaktionen

Gegen die bildungsfeindliche Budgetpolitik gab es mehrere Protestaktionen, von der ÖH und den Universitäten selbst organisiert. Anfang November demonstrierten 9000 Personen in Wien. Die TU Wien hielt in diesem Rahmen eine Vorlesung vor dem Stephansdom ab, um auf die prekäre Situation hinzuweisen. Mitte November wurden von den fünf steirischen Unis unter dem Motto „Uni auf Sparflamme heißt Zukunft auf Sparflamme“ eine Demo organisiert, für die Studierende von Lehrveranstaltungen freigestellt wurden. Und am 30. November ging die ÖH für leistbares Studium auf die Straße. Auch Erde brennt hat gemeinsam mit Studierendenvertretungen und Lehrenden zu einer Demo aufgerufen. Hier werden sicher noch weitere Aktionen stattfinden.

Was jetzt wichtig wäre

  • Ausreichend Finanzmittel in Höhe von mind. 1,2 Milliarden Euro für die Unis zur Finanzierung des Personals, zur Sicherstellung der Qualität der Lehre und Forschung, und zur Aufrechterhaltung des Präsenzunterrichts. Sicherstellung der Finanzierung auch für die Fachhochschulen.
  • Stopp des Prestigeprojekts einer „Sebastian-Kurz-TU“ in Linz und Umschichtung des vorgesehenen Budgets für bestehende Hochschulen.
  • Angemessene Gehaltserhöhungen als Ergebnis der KV-Verhandlungen für Mitarbeitende der österreichischen Hochschulen, vor allem bei geringen Einkommen und im Mittelbau.
  • Gerade die Grünen sind gefordert, sich gegenüber dem Koalitionspartner durchzusetzen und dies einzufordern.

Andreas Schütz

Referenzen:

  1. https://www.moment.at/story/budget-uni-friert
  2. https://www.tuwien.at/tu-wien/aktuelles/news/bildung-ist-immer-ein-gewinn

https://kontrast.at/sabine-seidler-uni-budget/