Wohnen ist ein Bereich der Sozialpolitik, in dem die verheerende Wirkung der neoliberalen Austeritätspolitik besonders augenscheinlich wird. Die Regierung beschließt die weitere Deregulierung der Mietpreise.

 

Schritt für Schritt bereitet die Regierung die in ihrem Programm angekündigten Geschenke an die Immobilienwirtschaft vor: Mit April 2019 wurde die Richtsatzgrenze der Mieten im Altbau erhöht. Ein weiterer zum selben Datum eingebrachter Gesetzesentwurf sieht die Deregulierung und Marktöffnung des gemeinnützigen Wohungssegments vor und eine weitere Beschränkung des Zugangs zu Sozialwohnungen. Vor allem neu Zugezogene sollen keine Möglichkeit zur Anmietung von Sozialwohnungen erhalten.

Beide Maßnahmen tragen vor allem zur Steigerung der Profite der Immobilienwirtschaft bei oder – wie die Regierung schreibt – dazu Mietpreise den Gesetzen des „Marktes“ zu unterwerfen. Beispiele anderer Großstädte, von Berlin bis London, zeigen, dass das Prinzip der Marktpreisbildung im Bereich des Wohnens vor allem einen Effekt hat: Die Verknappung leistbaren Wohnraums und den weiteren Anstieg der Mieten.

Von der Gemeinnützigkeit zum Spekulationsobjekt

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass geförderte Wohnungen mit Kaufoption nunmehr bereits nach fünf Jahren in Privatbesitz übergehen können. Ehemals gemeinnützige Wohnungen werden damit verstärkt zum Spekulationsobjekt und leistbarer Wohnraum zur Mangelware. Als Privateigentum können die ehemals gemeinnützigen Wohnungen zu überteuerten Preisen privat weitervermietet werden, da Neubauten von der Mietpreisbindung nicht erfasst sind. In Neubauten steigen daher die Mietpreise seit Jahren massiv an.

Die Beschränkung des Zugangs zu leistbarem Wohnraum erhöht zusätzlich den Kostendruck im privaten Wohnungssegment. Das führt auch zum Anstieg der Wohnungslosigkeit. Betroffene sind vor allem Menschen aus dem EU-Ausland und Drittstaatenangehörige, die nunmehr erst nach 5 Jahren Zugang zum geförderten Wohnungssegment erhalten sollen.

Auch die Erhöhung der Richtsatzmieten im Altbau bewirkt einen weiteren Anstieg der Mieten im privaten Wohnungssegment. Diese wurden mit April 2019 um im Schnitt 4% erhöht. Von der Erhöhung sind über 300.000 Mieter_innen betroffen. Sie werden in Zukunft rund 250 Euro jährlich mehr für das Wohnen zahlen müssen, ohne dass sich ihre Wohnqualität erhöht.

Damoklesschwert über den MieterInnen

Eine ähnliche Wirkung haben die weiteren im Regierungsprogramm angekündigten Verschlechterungen im Bereich des Wohnraums, wie etwa die Abschaffung des Lagezuschlagverbots in so genannten Gründerzeitvierteln und die Abschaffung des Eintrittsrechts in bestehende günstige Mietverträge. Auch der Plan den Befristungsabschlag abzuschaffen und Befristungen über einen geringen Zeitraum zuzulassen, verspricht Wohnen für Mieter_innen in Zukunft prekärer und teurer zu machen. Mit der Abschaffung des Befristungsabschlags wird prekäres Wohnen um bis zu 25% teurer, denn so hoch ist derzeit der rechtlich vorgesehene Befristungsabschlag. Zugleich droht mit jeder Vertragsverlängerung ein teurer Umzug oder die Erhöhung der Miete. Der Immobilienwirtschaft wird damit die Möglichkeit gegeben kurzfristig höhere Gewinne zu generieren. Diese weiteren Deregulierung des Mietrechts, die im Regierungsprogramm angekündigt sind, schweben wie ein Damoklesschwert über den Mieter_innen.

Wohnpolitik ist ein wesentlicher Teil der Sozialpolitik. Die Schaffung leistbaren Wohnraums ist die einige Möglichkeit, die Preise im privaten Sektor, der von der Wohungsknappheit (bzw. der künstlichen Verknappung des Wohnraums durch nicht bewohnte Spekulationsobjekte) profitiert, einzudämmen. Doch seit Jahren werden nicht mehr genügend Wohnungen gebaut. Nicht weil kein Geld vorhanden ist – sondern weil es den Interessen der Regierenden, dem von diesen getragenen neoliberalen EU-Regime und den „freien Wettbewerbsprinzipien“ dieses Regimes widerspricht.

Initiativen für soziale Wohnungspolitik

Zahlreiche Initiativen – in Wien, Berlin, Spanien,…. – haben dieses Problem erkannt. Die Berliner Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“  fordert zur Schaffung leistbaren Wohnraums die Enteignung großer Immobilienkonzerne. Die europaweite Initiative „Housing for All“ fordert dass der Zugang zu leistbarem und sozialem Wohnbau erleichtert wird, indem die Anwendung der „Maastricht-Kriterien auf öffentliche Investitionen in leistbaren Wohnbau“ – sprich, das Austeritäts-Diktat der Europäischen Union ausgesetzt wird. Bereits letztes Jahr hat sich in Wien die Initiative #mietenrunter gegründet die für den Bau von Gemeindewohnungen und eine Regulierung des Mietpreises im Privatsektor eintritt.

Wohnen ist ein Bereich der Sozialpolitik, in dem die verehrende Wirkung der neoliberalen Austeritätspolitik besonders augenscheinlich wird. Die Verpflichtung auf das Nulldefizit im Rahmen des EU-Fiskalpakts, bedeutet die freiwillige Aufgabe gerechter Verteilungspolitik – nicht nur im Bereich des Wohnens. Sie führt – ganz im Sinne der türkis-blauen Regierung und ihrem Wunsch zur Umverteilung zu den Besitzenden – zur sozialen Segregation der Städte, zur Verdrängung ganzen Bevölkerungsschichten aus diesen und wie die Zahlen der letzten Jahre bereits zeigen, zu einem Anstieg der Wohnungslosigkeit.

Irina Vana         
(April 2019)                   

Hinkommen, mitmachen:
KUNDGEBUNG
Stoppt den Mieten- Wahnsinn!
am Freitag, 10. Mai 2019, 16 Uhr, Viktor-Adler-Markt, 1100 Wien.
Veranstalter: Initiative „Mieten runter!“ Nähere Infos: https://mietenrunter.at