Mit der „Deckelung“ der Gesundheitsausgaben, hat zunehmend „Düsterkeit“ im Gesundheitsbereich Einkehr gehalten. Im Coronajahr 2022 sollen die Gesundheitsausgaben real um 2,6% gesenkt werden.

Anfang des vergangenen Jahrzehnts befand sich Österreich im sog „EU-Defizitverfahren“. Durch eine Reihe neuer Verordnungen bzw. durch den EU-Fiskalpakt (2012) hatte zu dieser Zeit die EU-Kommission neue Möglichkeiten erhalten, die EU-Mitgliedsstaaten auf einen strikten Austeritätskurs zu verpflichten. Austerität kommt vom Lateinischen „austeritas“ und kann mit „Düsterkeit“ und „Strenge“ übersetzt werden. Und genau darum geht es: Mit entsprechender Strenge soll Düsterkeit in die öffentlichen Budgets, insbesondere im Gesundheits- und Sozialbereich, Einkehr halten. Die EU-Kommission entließ Österreich 2012 erst dann aus dem EU-Defizitverfahren, als Österreich bereit war, eine Reihe von Austeritätsmaßnahmen zu beschließen. Ein davon: Österreich musste in Hinkunft einen „Gesundheitsdeckel“, d.h. eine Kostenobergrenze bei den Gesundheitsausgaben einführen. Konkret bedeutet das: Die Gesundheitsausgaben dürfen seither nur mehr im Ausmaß des durchschnittlichen Wachstums des Bruttoinlandsproduktes steigen. Völlig unberücksichtigt bleibt dabei, dass der Anteil der älteren Menschen, die mehr Bedarf an Gesundheits- und Pflegedienstleistungen haben, in Österreich überproportional wächst. Unter dem Strich führte diese „Deckelung“ daher zu einer zunehmend „Düsterkeit“ im österreichischen Gesundheitsbereich. Einige Zahlen zeigen das:

  • Die Zahl der Spitalsbetten sank zwischen 2011 und 2020 um über 5.400 Betten, mehr als jedes zehnte Bett in den öffentlichen Krankenanstalten verschwand. Viele Spitalsabteilungen, ja ganze Krankenhäuser wurden geschlossen und die regionale Versorgung ausgedünnt.
  • Die Zahl der Ärztinnen und Ärzte mit Kassenvertrag ist im letzten Jahrzehnt um 300 gesunken, obwohl die Bevölkerung seither deutlich gestiegen ist.

Die Folgen spüren viele: lange Wartezeiten auf Operationen (es sei denn, man hat das notwendige Kleingeld, um in ein Privatspital auszuweichen), völlig überlastetes Spitalspersonal, Fließbandmedizin oder teure WahlärztInnen, die sich nicht jede/r leisten kann. So frisst sich die Zweiklassen-Medizin schleichend in das grundsätzlich immer noch gute österreichische Gesundheitssystem hinein.

„Es ist 5 nach 12!“

Die Corona-Pandemie hat die ganze Absurdität der „Deckelung“ der Gesundheitsausgaben mit dem BIP-Wachstum vor Augen geführt. Denn die Coronakrise ließ einerseits die Anforderungen an unsere Gesundheitssystem in die Höhe schnellen, zugleich aber senkte der Wirtschaftseinbruch das BIP. Die fatale Logik: Trotz veritabler Gesundheitskrise muss im Gesundheitsbereich gekürzt werden. Und tatsächlich: Selbst im Corona-Jahr 2020 wurden noch über 1.000 Spitalsbetten abgebaut. Für die Jahre 2022 und 2023 wurde ein Gesundheitsdeckel von 3,2 Prozent beschlossen. D.h. in diesen Jahren dürfen die Gesundheitsausgaben nominell maximal um 3,2% wachsen. Bei einer Inflation von 5,8% (Prognose WIFO) im Jahr 2022 bedeutet das reale Kürzungen von 2,6%.

Dabei ist eine AK-Studie schon vor der Pandemie zum Ergebnis gekommen, dass die öffentlichen Spitäler zumindest 20 Prozent mehr Personal brauchen, weil sonst die Beschäftigten ausbrennen. Helmut Freudenthaler, Betriebsausschussvorsitzender des Med-Campus/Universitätsklinikum in Linz warnt: „Wir brauchen Entlastungsmaßnahmen und keinen Gesundheitsdeckel. Es ist 5 nach 12!“ Denn: „Mehr von uns ist besser für alle!“

HINWEIS

>> Petition:
WEG MIT DEM DECKEL!
Gesundheit für alle statt Zwei-Klassen-Medizin!
Diese Petition kann hier online unterstützt werden. Gerne schicken wir auch Unterschriftslisten zu. Bestellung: Solidarwerkstatt Österreich, Waltherstraße 15, 4020 Linz, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!