Seit dem EU-Beitritt Österreichs hat im Pensionsbereich massiver Sozialabbau stattgefunden. Zwar hat es erste Verschlechterungen bereits im Vorfeld des Beitritts gegeben, ab 1995 jagt jedoch eine „Pensionsreform“ die nächste. Fast jede brachte weitere Einschränkungen und Kürzungen. Mehr dazu ...
Der Forschungsbericht 12/2003 der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt benennt die Ursachen für den Kahlschlag: „Ab Mitte der 90er Jahre zeichnete sich - als Vorbereitung auf bzw. als direkte Folge des Beitritts Österreichs zur EU - eine völlige Unterordnung der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik unter eine restriktive Budgetpolitik ab, die die Erreichung der Maastricht-Kriterien zum Ziel hatte.“ (1)
Massive Einschnitte brachten die „Pensionsreformen“ der schwarz-blauen Regierungskoalition 2003 und 2004. Die langfristigen Folgen werden gravierend sein: Für jene, die neu ins Berufsleben einsteigen, drohen Pensionseinbußen bis zu 40%, durchschnittlich jedenfalls 25%. Mit einem deutlichen Anstieg der Altersarbeitslosigkeit ist zu rechnen. Dabei leben schon jetzt PensionistInnen, denen die Inflation seit 2000 immer mehr an Einkommen weggefressen hat (sh. Grafik), karg. Im Jahr 2014 betrug die durchschnittliche Alterspension von Arbeiterinnen und Arbeitern 924 Euro (Männer 1186; Frauen 685) monatlich. Zum Vergleich: Die Armutsgefährdungsschwelle liegt bei 1.161 Euro. Die neoliberalen Pensionsreformen der Schüssel-Ära waren unmittelbares Ergebnis der sog. „EU-Lissabon-Agenda 2010“, auf die sich die Regierungen der EU-Staaten Anfang 2000 verständigt hatten. Die EU-Kommission würdigte den Raubzug an den Pensionen daher als „beträchtlichen Fortschritt“ bei der Umsetzung der EU-Lissabon-Ziele (Salzburg 24, 11.12.2007), freilich nicht ohne anzumerken, dass man sich in Brüssel kräftigere Abschläge bei der Frühpension wünsche. Diese kamen dann auch wenige Jahre später - unter einem „roten“ Kanzler. (sh. Chronologie)
Mit 72 in Pension?
Die „Pensionsreformen“ ab 2010 tragen bereits deutlich die Handschrift der „Radikalisierung des Neoliberalismus“, die seit 2009/10 in der EU einsetzt. Eine Reihe von EU-Verordnungen und Verträgen (Sixpack, Twopack, Fiskalpakt) geben seither der EU-Kommission neue Möglichkeiten in die Hand, Sozialabbau in den EU-Staaten zu erzwingen. Die EU-Kommission nutzt nahezu jede wirtschaftspolitische „Empfehlung“ dazu, um von Österreich die weitere Anhebung des Pensionsantrittsalters zu fordern. EU-„Sozial“-Kommissar Sandor mahnte sogar eine Anhebung um „5 bis 7 Jahre“ ein, also auf 70 bis 72 Jahre (Der Standard, 19.9.2012). Dass durch die EU-Sparpolitik die Arbeitslosigkeit insbesondere von älteren ArbeitnehmerInnen auf Rekordhöhen steigt, ficht die EU-Technokratie nicht an. Arbeitslose sind schließlich billiger als PensionistInnen und machen außerdem Druck auf die Löhne. Und darum geht es ja: Sozialabbau und Lohndumping, um die Profite der Konzerne in der globalen Konkurrenz zu stärken.
Die jüngsten Vorstöße von Finanzminister Schelling, die Aufwertungszahlen des Pensionskontos abzusenken, zeigen, dass bald die nächste Runde beim Pensionsraub eröffnet sein könnte.
Quelle:
(1) Pensionsreform in Österreich: Akteure und Inhalte (1980-2003), Ingrid Mairhuber, FORBA Forschungsbericht 12/2003
Zum Überblick was sich seit Mitte der 1990er Jahre durch die "Pensionsreformen" verändert hat:
http://www.werkstatt.or.at/index.php?option=com_content&view=article&id=1487&Itemid=90