ImageUdo Martin plädiert für die Einführung eines CO2- Punktesystem, das jedem Bürger jährlich ein Kontingent für den Kauf von fossilen Treibstoffen zuteilt, äquivalent zu seinem erlaubten Anteil in Hinblick auf die Kyoto- Klimaschutzziele.

Trotz beginnendem Klimawandel und pessimistischen Prognosen über eine sich ankündigende Klimakatastrophe herrscht in der österreichischen Politik bezüglich der klimarelevanten Luftverschmutzung durch den Verkehr eine „laissez- faire“ Haltung. Man sieht Tag für Tag mehr Flugzeuge über unseren Himmel kreuzen, die LKW- Karawane auf den Autobahnen wird immer länger und Pendler stauen sich mehr und mehr auf den Ausfallsstraßen der großen Städte im Morgen- und Abendverkehr. So wurde der Verkehr in Österreich mittlerweile zum Hauptverursacher des wichtigsten Treibhausgases, Kohlendioxid (CO2). Der dementsprechende Ausstoß verzeichnete seit dem Jahr 1990 einen Anstieg um 83 Prozent (!) auf 22,73 Millionen Tonnen pro Jahr, gefolgt von Industrie 22,31 Millionen Tonnen (plus 9%), Energie 16,26 (plus 19%) und Kleinverbraucher 14,70 (plus 2%). In Summe emittierte Österreich damit im Jahr 2009 76,21 Millionen Tonnen CO2 (plus 24%) in die Luft.   Setzt man diese Zahlen in Relation zu den bei der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) der Uno 1997 in Kyoto vereinbarten Zielen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen, so wäre derzeit eine Reduktion von 23,1 Mio. t CO2 / a oder etwa 30% bezogen auf das Jahr 1990 notwendig. Der Hauptanteil am Nichterreichen der Kyoto- Ziele in Österreich ist dabei auf Emissionen aus dem Verkehr zurückzuführen (siehe Abb.1): 3,7 Mio. Tonnen CO2- Äquivalente übertrifft der Ausstoß momentan die Zielvorgabe aus dem Abkommen für Österreich. 

Es herrscht also offensichtlich Handlungsbedarf, die klimarelevante Luftverschmutzung aus dem Verkehr drastisch zu reduzieren, wenn wir unseren Beitrag zur Vermeidung einer kommenden Klimakatastrophe leisten wollen. 

Doch die Politik drückt sich im Bereich Verkehr völlig vor ihrer genuin- gesellschaftlichen Aufgabe. Offenbar werden aus finanziellen Gründen Einschränkungen im Verkehrsverhalten politisch nicht gewollt: Die Mineralölsteuer ist in Österreich immer noch niedriger als in einigen Nachbarländern, wodurch wir deren und unsere Autofahrer und Frächter mit billigem Benzin versorgen, der Flughafen Wien bekommt den „skylink“ zur Belebung und gleichzeitig werden zig Nebenbahnen von den ÖBB stillgelegt.

Indem sich die Politik in der klimarelevanten Verkehrspolitik Untätigkeit verschrieben hat, schiebt sie gleichzeitig die Verantwortung auf jeden Einzelnen ab. Damit spaltet sie die Bevölkerung in verschiedene Lager, je nachdem wie ernst der Klimaschutz für das unmittelbare, persönliche Leben genommen wird. Die jeweiligen Gruppen verwickeln sich gelegentlich in kleinere oder größere „Scharmützel“, während sich im gesellschaftlichen Ganzen nichts ändert bzw. die Situation sich weiter verschlechtert. Es bleibt dabei, dass der, der es sich leisten kann, ungehindert Kohlendioxid in die Luft blasen kann, soviel er will, und für umweltbewusste Verkehrsteilnehmer ist es schmerzhaft mitzuverfolgen, wie andere vom bevorstehenden Kauf eines Hauses im Grünen oder ihrer letzten Urlaubsreise nach Bali schwärmen.

Die Folgen der beschriebenen Klientelpolitik oder der jeweiligen, individuellen Verantwortungslosigkeit müssen letztlich aber alle auf dieser Erde tragen. Es ist daher dringend notwendig, mehr Verbindlichkeit und Gerechtigkeit in den Klimaschutz zu bringen. Geld kann dafür keineswegs das einzige Steuerungsmittel sein, weil so wieder nur die Ärmeren zugunsten der Reicheren in ihren Handlungsspielräumen eingeschränkt werden.

Eine gute Lösung wäre meiner Meinung nach vielmehr ein CO2- Punktesystem, das jedem Bürger jährlich ein Kontingent für den Kauf von fossilen Treibstoffen zuteilt, äquivalent zu seinem erlaubten Anteil in Hinblick auf die Kyoto- Klimaschutzziele. Bei jedem Tankvorgang bzw. jeder Transportdienstleistung sollte dieses Punktekonto per Bankomatsystem reduziert werden. Möchte ein Bürger über sein persönliches Kontingent hinaus fossile Treibstoffe verbrauchen, so müsste er Punkte von jemand anderem zukaufen, weil das Gesamtvolumen für Österreich ja auf die „Kyoto- Vorgaben“ begrenzt bleibt. Anders gesagt sollte also das System der CO2- Verschmutzungsrechte aus der Industrie im Verkehrsbereich auch seine Anwendung finden, mit dem Unterschied, dass jeder Bürger aus Gerechtigkeitsgründen gleich viel CO2- Punkte zugeteilt bekommt. Damit würde man ein weit effektiveres Lenkungssystem erhalten, den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu fördern. Bisher hat sich ja gezeigt, dass die wenigsten freiwillig von ihrem „fahrenden Wohnzimmer“ auf öffentliche Verkehrsmittel mit deren Gebundenheit an Abfahrtszeiten und Stationen umsteigen. Als Umwegrentabilität könnte man auch noch der zunehmenden Zersiedelung „Marke USA“ Einhalt gebieten.

Udo Martin, Salzburg