ImageWährend die herrschende Politik über heranrollende "Flüchtlingsströme" und die damit verbundenen Finanzierungsfragen klagt, werden Unsumme für neues Kriegsgerät und neue Grenzzäune ausgegeben. Täglich sterben 25.000 Menschen den Hungertod. "Wer jetzt keinen Widerstand leistet macht sich an dieser Schande mitschuldig." Ein Beitrag von Rainer Klien (SOS-Mitmensch, Burgenland).

Beschäftigt sich die öffentliche Diskussion mit Flüchtlingen, so betonen die zuständigen PolitikerInnen die drohende Überforderung der heimischen Politik mit den heran rollenden „Flüchtlingsströmen“ und vor allem die damit verbundenen Finanzierungsfragen. Allein schon die Forderung nach einer halbwegs solidarischen Aufteilung der AsylwerberInnen auf die gesamte EU – und somit eine Entlastung der südlichen EU Staaten – produziert Abwehrkämpfe. Hauptsächlich Österreich und Deutschland wehren sich dagegen und sträuben sich eine gemeinsame Verantwortung zur Einhaltung des Menschenrechtes auf Asyl zu übernehmen. So leben z.B. in Bulgarien Ende November 2013 bereits über 10.000 syrische Flüchtlinge, während Österreich gerade einmal 500 (!) aufnehmen will. Zur Erinnerung: die halbe syrische Bevölkerung ist auf der Flucht und die zuständigen PolitikerInnen in der EU halten die Augen und Ohren zu um ja keine Hilfsprogramme finanzieren zu müssen. Inzwischen wächst das Elend der Flüchtlinge in unvorstellbar grausame Dimensionen.

Geld für den Krieg

Laut EU- Flüchtlingshochkommissar vom September 2013 wären ca. € 4,5 Milliarden notwendig um das Schlimmste verhindern zu können. Ca. die Hälfte davon sagten die Geberländer bisher zu. Weniger zurückhaltend sind die reichen Länder wenn es um die Finanzierung ihrer Verteidigungshaushalte geht: für das Jahr 2007 hatten beispielsweise die USA 562 Milliarden Dollar zur Verfügung, Russland 189 Milliarden Dollar und Deutschland immerhin noch 39 Milliarden. Dazu kommt noch das Geld, das diese Staaten durch Waffenexporte einnehmen. Bekanntlich wird meistens an  alle beteiligten Kriegsparteien und fast in jedes Bürgerkriegsland diese Erde geliefert. Das war so in Libyen und auch aktuell in Syrien.

Rüstung tötet

Grundsätzlich gilt, dass die „westlichen zivilisierten Länder“ praktisch in alle Diktaturen exportieren, wenn es dort Öl oder andere strategisch wichtige Rohstoffe gibt. Die Finanzmittel, die für Rüstungsproduktion bzw. für Rüstungskäufe gebunden werden töten zweifach: einerseits weil sie für Gesundheit, Bildung und Soziales fehlen und anderseits weil ihr Einsatz jedenfalls tödlich ist. Panzer sind bekanntlich nicht für die Kartoffelernte geeignet und Kanonen nicht für medizinische Operationen. Zudem wird die Rüstungsindustrie mit öffentlichen Mitteln gefördert (Arbeitsplatzbeschaffung).

Blanker Hohn

Schwer im Trend ist wieder die Errichtung von Grenzzäunen: sowohl in der altmodischen Art in Form von Mauern und Stacheldraht als auch in der elektronischen Ausführung. Zu besichtigen sind diese „Maßnahmen zur Grenzsicherung“ zwischen den USA und Mexiko, zwischen  Griechenland, Bulgarien und der Türkei, Israel und Palästina, Marokko etc. Zusätzlich werden diese Grenzen noch mit Satelliten und Drohnen und anderem Kriegsmaterial gesichert.

Diese Kosten werden in der Regel nicht in den Militärausgaben budgetiert sondern zusätzlich im Budget für die Polizei und Sicherheitsapparate. Es sind dies gewaltige Summen, die einen riesigen Wirtschaftsboom für diesen Industriezweig bedeuten. Allein seit dem 11. September 2001 bis heute haben die USA für den Bereich „homeland security“ 791 Milliarden Dollar ausgegeben (Quelle: Le Monde diplomatique, Okt. 2013).Mit diesem astronomisch hohen Betrag könnten Obdachlosigkeit, medizinische Versorgung und andere notwendige soziale Dienstleistungen für die Bevölkerung mit einem Schlag gelöst werden. Allein die Prioritäten werden anders gesetzt.

Das im Oktober 2013 beschlossene Programm EUROSUR zur Flüchtlingsabwehr an den EU- Außengrenzen vor allem mit Satelliten und Drohnen ist auch nicht bescheiden: die Heinrich-Böll- Stiftung schätzt diese Kosten bis zum Jahr 2020 auf € 874 Millionen.

Alle 5 Sekunden verhungert ein Kind

Die volle dramatische Bedeutung erlangen diese Zahlen erst, wenn sie den Zahlen bezüglich Armut gegenübergestellt werden. Laut Sonderberichterstatter der UNO für das Recht auf Nahrung (Jean Ziegler) stirbt alle 5 Sekunden ein Kind unter 10 Jahren an Hunger. Mit einem winzigen Bruchteil des Rüstungsbudgets könnte dies auf Dauer verhindert werden.

Laut FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen 2003) sterben täglich 25.000 Menschen den Hungertod. Verantwortlich dafür ist die mörderisch ungleiche Verteilung der Einkommen.

Das oberste 1% verdient 40% der weltweiten Einkommen.

Die höchsten 2% verdienen 50% der weltweiten Einkommen.

Die untersten 50% verdienen 1% der weltweiten Einkommen.

(Quelle: UN Statistik)

Naiv wäre es zu glauben, dass Frau Merkel, Herr Hollande oder Herr Faymann etwas dagegen tun werden. Sie wurden gewählt, weil sie die Profite der Konzernchefs sichern sollen und mit Sicherheit nicht, um den Hunger zu bekämpfen oder die Menschenrechte einzufordern.

Das Töten geht weiter

Also wird die Festung Europa weiter ausgebaut werden. Und es ist bisher noch kein Sanitätsschiff zur Rettung der Flüchtlinge aufs Meer geschickt worden. Der Krieg gegen die Armen und Flüchtlingen geht in die nächste Runde.

Wenn demnächst wieder einmal vor Lampedusa oder anderswo Hunderte Flüchtlinge ertrinken, werden die dafür Verantwortlichen wieder „tief betroffen“ sein und „das schreckliche Bild nie vergessen“.

Mit Garantie kann jetzt schon behauptet werden, dass spätestens 3 Tage nachher das Zurückschieben der Flüchtlinge und das Töten durch unterlassene Hilfeleistungen weitergehen wird.

Wer jetzt keinen Widerstand leistet macht sich an dieser Schande mitschuldig.

Es sind unsere Brüder und Schwestern die an den Grenzen sterben. Wir müssen sie retten und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen.

Rainer Klien

Siehe dazu auch den Aufruf zur Kundgebung am Tag der Menschenrechte, der von der Solidarwerkstatt unterstützt wird.
Gegen das Sterben an den Grenzen
Für einen neuen Kurs!