„Fiskalunion. Der Vorstoß von Merkel geht weiter als der bereits beschlossene Fiskalpakt. In Berlin kursieren Modelle einer ständigen gemeinsamen Kontrolle der Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten – also nicht nur in Zeiten, in denen ein Land wegen überhöhten Defizits besonders überprüft wird. Es geht, wie dies die deutsche Regierung schon einmal gefordert hat, um Einflussnahme auf die Pensionssysteme, auf Gehälter im öffentlichen Dienst und vieles mehr.“ (Die Presse, 8.6.2012)
Die Eliten treten also die Flucht nach vorne an. Wir stehen nun endgültig und real vor einer Diktatur der finanzkapitalistischen Machteliten, die systemimmanent den Charakter der EU ausmachen und immer ausgemacht haben. Und damit sind auch die wenigen bisher noch gebliebenen politisch-ökomomischen Spielräume für die Arbeiterklasse und die einfachen Menschen innerhalb des EU-Rahmens passé. Es zeigt umso mehr, dass sich die „Linke“ auf keine „EU-Veränderungsillusionen“ einlassen darf, sondern dass eine weitreichendere und tiefgreifendere sozial-ökonomisch fortschrittliche Politik (vom Aufbau des Sozialismus ganz zu schweigen!) nur jenseits dieses EU-Zwangskorsetts möglich ist.
Daher ist ein eigenständiger Entwicklungsweg nötige Voraussetzung für Fortschritt, einen neuen Solidarstaat und im besten Fall für den Aufbau des Sozialismus. Die EU ist kein europäisches Einigungsprojekt im Sinne der Völker im Allgemeinen und der Arbeiterklasse im Besonderen, sondern von Anfang ein Zweck(ver)bündnis der Eliten um die kapitalistischen Verwertbarkeitsbedingungen am Kontinent zu optimieren und nach außen (v.a. nach dem Verschwinden der realsozialistischen Staaten in Osteuropa) organisiert expansiv im Kampf um (Absatz-)Märkte, Ressourcen und Direktinvestitionen- auch militärisch- auftreten zu können. Die EU ist aufgrund ihres Charakters, der sich durch den Inhalt ihrer Vertäge und der damit verbundenen Realpolitik ausdrückt, ein Projekt, das neue tiefe Bruchlinien zwischen den Völkern verursacht und ist damit in Wahrheit ein anti-europäisches Projekt. Eine positiv-besetzte Propagierung der „Verteidigung des Nationalstaates“ und die Rückerlangung der Souveränitat für einen „neuen fortschrittlichen Nationalstaat“ müssen daher für Sozialisten, Kommunisten, Gewerkschafter, ehrliche bürgerliche Demokraten, Friedensbewegte und an konkreter sozialer Gerechtigkeit interessierte Religiöse oberste Priorität haben. Das bedingt natürlich auch eine konsequente Auseinandersetzung mit den nationalen Eliten, die ja auch durch das EU-Konstrukt profitieren und es vorantreiben. Mit ihnen ist weder ein neuer „fortschrittlicher Nationalstaat“ mit einer volks- und sozial-orientierten Politik, noch eine danach notwendige neue Kooperation bzw. selbstbestimmte Einigung im Sinne und zum Nutzen der arbeitenden Menschen und Völker zu machen. Und dies gilt in Griechenland, Spanien, Portugal etc. wie auch hier bei uns in Österreich! Sozialistischer Internationalismus verpflichtet nicht zum Kampf um den Erhalt des EU- und Eurokonstrukts, sondern zur Solidarität mit den massiv unter Druck stehenden, kämpfenden Völkern im Allgemeinen und der Arbeiterklasse der jeweiligen Länder im Besonderen, sozialistischer Internationalismus verpflichtet zum Ringen gegen die EU-Politik!
Oder um es mit dem guten alten Lenin auf den Punkt zu bringen: „Die Vereinigten Staaten von Europa sind unter kapitalistischen Verhältnissen entweder unmöglich oder reaktionär.“
David Stockinger, SPÖ-Funktionär und Solidar-Werkstatt-Aktivist, Schwechat