ImageBeiliegend ein Diskussionsbeitrag zur Bildungsdebatte von DI Adolf Staufer. Er stellt darin Überlegungen zur Frage des lebenslangen Lernens vor. Dieser Beitrag stammt aus dem Jahr 1985 (!) und scheint doch - angesichts der derzeitigen Bildungsmisere - aktueller und anregender denn je.




Ein Weiterbildungsmodell für Arbeitnehmer


(Gekürzte Fassung des Beitrags ”Schulpflicht für Erwachsene?” in EB Erwachsenenbildung in Österreich, Zeitschrift des BMUK, Heft 1/1985) 


1. Lebenslanges Lernen. 

Schon immer war das Leben des Menschen auch ein lebenslanges Lernen, ein Sammeln von Kenntnissen und Erfahrungen mit dem Ziel, sie zur Lebenserhaltung und Verbesserung der Lebensumstände nutzbringend einzusetzen. Lernunfähigkeit oder Lernunwilligkeit hätten die Existenz gefährdet, sodass stets auch ein starker Lernzwang vorlag. Die Zunahme des Wissens und seine Speicherung in Schriftdokumenten erforderte eine Systematisierung der Bildung über die bloße Lebenserfahrung hinaus. Kernstück der entstehenden Bildungssysteme wurden die Schulen, in denen man sich, losgelöst von der Erwerbsarbeit, unter Anleitung entsprechend ausgebildeter Lehrer "auf das Leben" vorbereiten konnte. Der Schulabschluß war stets mit der Zuerkennung von Privilegien bzw. Berechtigungen verbunden, die als vordergründige Bildungsziele das Lernen um des Wissens willen zurückdrängten. Die geistige Öffnung zur Zeit der Aufklärung zwang die entwickelten Staaten, durch Einführung einer allgemeinen Schulpflicht ihre Bürger zu einem Minimum an systematischem Lernen zu zwingen. Dabei wurde es als ausreichend angesehen, diese Schulpflicht auf das Kindesalter zu beschränken. Auch die Bereitstellung des über die Schulpflicht hinausgehenden Schul- bzw. Bildungswesens wurde weitgehend dem Staat übertragen. 

Die Umwälzungen seit dem 18. Jahrhundert haben an diesem eher statischen System des planmäßigen Lernens nur wenig geändert. Die Schule dominiert unser Bewußtsein so sehr, daß der Begriff "Lernen" fast immer mit ihr oder einem zumindest schulähnlichen Betrieb assoziiert wird. Geänderten oder gestiegenen Anforderungen sucht man durch Maßnahmen im Schulbereich zu begegnen, wie Lehrplanänderungen oder Schulzeitverlängerungen. Die Schulzeit beansprucht auf Kosten der Erwerbsarbeitszeit einen steigenden Anteil der Lebensdauer. Nach dem historischen Vorbild ist über den Rahmen der Pflichtschule hinausgehendes Lernen zumeist mit der Erwartung eines entsprechenden sozialen Aufstieges verbunden.  

Diese Grundeinstellung zur Bildung und den Bildungseinrichtungen steht zunehmend in Widerspruch zu den aktuellen Erfordernissen der Gesellschaft und Wirtschaft. Neben der Bewältigung des durch Spezialisierung ungeheuer angestiegenen Wissensumfanges wäre auf allen Qualifikationsebenen eine laufende Aktualisierung des persönlich verfügbaren Wissensvorrates notwendig, um nicht von der Dynamik der Entwicklung überrollt zu werden. Es ist unumstritten, daß dies ohne lebenslanges Lernen nicht zu bewältigen ist. Woran es aber fehlt, ist ein wirkungsvolles Weiterbildungssystem, das ähnlich wie das Schulwesen für die Erstausbildung die gesellschaftlichen Erfordernisse bezüglich der lebenslangen Wissensanpassung auch wirklich durchsetzt.   


2. Bildungsinhalte und Bildungssystem. 

Die Einhelligkeit, mit der das lebenslange Lernen grundsätzlich bejaht wird, schwindet zumeist schon bei der Frage nach sinnvollen Bildungsinhalten. Je nach gesellschaftlicher Position reicht die Palette der Forderungen von der rein humanistischen Bildung über politische Inhalte bis hin zur spezialisierten Berufsausbildung. In dem breiten Spektrum der Möglichkeiten und  ihrer Gewichtung verliert sich die Diskussion allzu oft ohne konkretes Ergebnis.  

Sollte man nicht zuerst einmal fragen, ob sich das Ziel der Dynamisierung und Aktualisierung des Wissenserwerbes mit einer starren Festschreibung der Bildungsinhalte und Lernziele überhaupt verträgt? Das wichtigste Ziel müßte unabhängig von Sachgebiet, Qualifikationsstufen und Lebensalter die Steigerung der geistigen Beweglichkeit sein, die Bereitschaft, Ziele zu suchen und zu hinterfragen, Probleme aufzugreifen und zu lösen. Unser Schulsystem mit seiner Orientierung am festgeschriebenen Lehrplan, am Schulabschluß und den damit verbundenen Berechtigungen, fördert eine statische Art des Denkens. Qualifikation und Position eines Menschen werden eher von einer vor langer Zeit abgelegten Prüfung abgeleitet, als von seinem Bemühen, die ihn umgebenden Probleme zu verstehen und zu lösen. Auch die bestehenden Weiterbildungseinrichtungen räumen dem Nachholen von Berechtigungen und Abschlüssen eine hohe Priorität vor der Dynamisierung der Köpfe auf breiter Front ein. Aber selbst wenn die Bildungsinhalte zweckmäßig und zukunftsorientiert sind, was nützt das beste Paket, wenn es mangels eines geeigneten Transportsystems nicht an sein Ziel gebracht werden kann? Die Frage nach den Bildungsinhalten scheint heute gegenüber jener nach einem geeigneten Weiterbildungssystem stark überbewertet zu werden. Weil die klassische Schule eine Systematisierung des lebenslangen Lernens kaum unterstützt, wurden schon vor der Jahrhundertwende Erwachsenenbildungseinrichtungen geschaffen und dem Bedarf entsprechend laufend ausgebaut. Allerdings boten sie in vielen Fällen auch wieder nur die Möglichkeit, einen im Kindes- oder Jugendalter aus irgendwelchen Gründen versäumten, klassischen Schulabschluß nachzuholen. Weitaus überwiegend handelte es sich um privatrechtlich organisierte Institutionen, woran sich bis heute praktisch nichts geändert hat. In Österreich sieht die Verfassung nicht einmal eine Bundeskompetenz für die Erwachsenenbildung vor, außer einer bescheidenen Bundesförderung ist sie Landessache und somit auch nicht einheitlich geregelt. Neben den erforderlichen Einrichtungen benötigt ein Bildungssystem auch Regelungen für deren Inanspruchnahme durch die Bürger. Schon aufgrund der privatrechtlichen Struktur kann derzeit nur das Prinzip der Freiwilligkeit gelten. Wer nicht lernen will, darf nach der 9. Schulstufe damit aufhören, selbst wenn er durch dieses Verhalten der Allgemeinheit zur Last fällt. Ein weiteres Problem ist die Abdeckung der Kosten für die Weiterbildung. Weiterführende Schulen bis hin zur Universität finanziert der Staat aus dem Budget, Erwachsenenbildungseinrichtungen müssen sich selbst tragen und können höchstens auf finanzielle Zuwendungen aufgrund verschiedener Förderungsgesetze hoffen. Als freiwillige Aktivität des einzelnen Bürgers wird die Weiterbildung grundsätzlich der Freizeitgestaltung zugeordnet. Nur in Teilbereichen der beruflichen Aus- und Weiterbildung erhalten Dienstnehmer die Möglichkeit, für die Aktualisierung ihrer beruflichen Qualifikation Teile ihrer gesetzlichen Arbeitszeit und das damit verbundene Entgelt in Anspruch zu nehmen. Verständlicherweise steht dabei der Nutzen für den Betrieb im Vordergrund und nicht gesellschaftspolitische oder volkswirtschaftliche Überlegungen. Die Hauptnutznießer dieser Form der Weiterbildung sind im mittleren bis höheren Management zu finden. 

Auch jüngere Weiterbildungskonzepte gehen häufig vom Ist-Zustand der Bildungseinrichtungen aus, sie stellen beispielsweise nie das Prinzip der freiwilligen Inanspruchnahme in Frage. Neben der Diskussion um Bildungsinhalte spielen fast immer auch die Art und Möglichkeit der Finanzierung eine wichtige Rolle, wobei nicht selten die Frage nach der Verteilung der Belastungen in ein unwürdiges Gezänk der Interessengruppen ausartet. Über marginale Prozentsätze ist man auf diese Art in der Lösung des Weiterbildungsproblems bisher nicht hinausgekommen, auch wenn die Lösungsvorschläge meist eindrucksvoll klingende Namen tragen. Logisch wäre es, zuerst einmal die wichtigsten Merkmale eines umfassenden Erstausbildungs- und Weiterbildungssystems von den Anforderungen her zu definieren und aufeinander abzustimmen. Erst dann ist es sinnvoll, sich mit Fragen der Realisierung auseinanderzusetzen.  


3. Merkmale eines wirkungsvollen Weiterbildungssystems. 

ausreichende Wirksamkeit kann ein zukunftsorientiertes Weiterbildungssystem nur mit folgenden Grundmerkmalen entfalten: 3.1  Flexibilität: Eine Anpassung an den Fortschritt in einzelnen Wissensgebieten, oder auch das Verschieben von Schwerpunkten muß möglichst rasch und unproblematisch erfolgen können. Ein hohes Maß an Flexibilität erfordert schon die Einführung eines neuen Systems, weil ohne einschlägige Erfahrung die Inhalte geeignet aufbereitet, und die Lehrkräfte ebenfalls erst herangebildet werden müssen. Dezentralisierung und Pluralismus könnten dafür zweckmäßige Organisationsgrundsätze sein. 

3.2  Breitenwirkung: 

Mittel- und langfristig ist der gesellschaftliche Nutzen untrennbar mit einer ausreichenden Breitenwirkung der Bildungsarbeit gekoppelt, woraus sich sehr vielschichtige Anforderungen ergeben.  

a) Bildungspflicht:

Primär stellt sich die Frage, ob das Prinzip der Freiwilligkeit aufrechterhalten werden kann. Immerhin sichert es den weiterführenden Schulen eine so hohe Frequenz, daß vielfach schon von einer Fehl- oder Überqualifikation gesprochen wird. Es darf aber nicht übersehen werden, daß hier die historisch bedingte Erwartung des sozialen Aufstieges, die mit dem jeweiligen Schulabschluß verbunden wird, sehr stark motiviert. Lebenslanges Lernen kann aber nicht allen lebenslangen Aufstieg bringen, weil beispielsweise in jeder Abteilung eines Betriebes eben nicht mehr als ein einziger Abteilungsleiter benötigt wird. Lernen auf freiwilliger Basis setzt daher ein Maß an Einsicht voraus, das nach den derzeitigen Praxiserfahrungen nicht vorhanden ist. Wer sich von einer freiwilligen Weiterbildung eine ausreichende Breitenwirkung erwartet, scheint zu übersehen, daß Einsicht eher das Ergebnis eines Lernprozesses darstellt als eine Voraussetzung dafür. Für den Bereich der Grundbildung wurde dies schon im 18. Jahrhundert erkannt und mit der allgemeinen Schulpflicht auch die entsprechende Konsequenz gezogen. Bei der derzeitigen Grundeinstellung der Bürger ist eine ausreichend breit gestreute Weiterbildung mit hoher Wahrscheinlichkeit nur durch eine Verpflichtung in irgendeiner Form durchsetzbar. Gerade dort, wo der größte Bedarf herrscht, ist die Einsicht am geringsten. Konkret könnte dies bedeuten, daß dem einzelnen Bürger vorgeschrieben wird, einen bestimmten Anteil seiner verfügbaren Zeit zur Erfüllung der gesellschaftspolitisch notwendigen Minimalweiterbildung zu verwenden. Ohne staatliche Kompetenz, ausschließlich auf privatrechtlicher Grundlage ist das nicht vorstellbar. Für die Gesellschaft lebensnotwendige Leistungen der Bürger müssen vom Staat auch eingefordert werden können. Wie viele Bürger würden beispielsweise ihre Steuern freiwillig zahlen? 

b) Vertikale und laterale Gliederung

Entsprechend den unterschiedlichen Qualifikationsstufen und Sachgebieten muß das Bildungsangebot einerseits den gesamten Bereich von der Grundschule bis zur Universität und andererseits von der Allgemeinbildung bis zur speziellen Berufsausbildung abdecken. Die Installation eines derartigen Rasters ist organisatorisch durchaus lösbar, stellt aber hohe Anforderungen und erfordert vermutlich einen längeren Wachstums- und Reifeprozeß. 

c) Dezentralisierung.

In den verschiedenen Qualifikationsstufen müssen flächendeckend und bedarfsgerecht Einrichtungen und Lehrpersonal bereitgestellt werden. Auch dieses Problem ist grundsätzlich lösbar, wenn ein entsprechender Zeitplan für Einführung und Reifung berücksichtigt wird. 

d) Finanzierung.

Mit der Breitenwirkung steigen die Kosten proportional. Es ist damit zu rechnen, daß sie ähnliche Größenordnungen erreichen wie für das konventionelle Schulsystem. Die Finanzierung erfordert neue Wege der Mittelbeschaffung.  

3.3 Rückwirkung auf das Erstausbildungs-Schulsystem. 

Die Installation eines Weiterbildungssystems ändert das Umfeld der konventionellen Schule als Erstausbildungseinrichtung grundlegend. Es sind daher auch in diesem Bereich Anpassungen erforderlich, wie eine Entlastung der Lehrpläne von Inhalten, die besser dem Weiterbildungssystem überlassen werden. Die Praxisnähe der Schule kann durch eine Aufteilung der Lehrverpflichtung der Lehrer auf Schule und Weiterbildung wahrscheinlich sehr gefördert werden.  


4. Realisierungsvorschlag. 

4.1 Weiterbildung ist Arbeit. 

Für die große Gruppe der unselbständig Erwerbstätigen kann eine Weiterbildungspflicht verhältnismäßig einfach dadurch realisiert werden, daß die Weiterbildung in die Arbeitszeit integriert wird. Muß der Staat zur Zukunftssicherung lebenslanges, planmäßiges Lernen fordern, dann ist es keine Freizeitangelegenheit des Bürgers mehr, sondern eine mit der ebenfalls obligaten Erwerbsarbeit vergleichbare Leistung. Praktisch wird das bedeuten, daß ein Teil der Erwerbsarbeit in irgendeiner Form durch ein entsprechendes Ausmaß an Bildungsarbeit ersetzt werden muß. Geht man von der zu erwartenden Gesellschaftsentwicklung aus, die man oft als Übergang von einer industriellen Produktionsgesellschaft zu einer postindustriellen Informationsgesellschaft charakterisiert, ist ein derartiger Lösungsansatz naheliegend. Verschiebt sich der Humanbeitrag an der Wertschöpfung von der Güterproduktion zur Informationsverarbeitung, so müssen sich auch die Arbeitsinhalte entsprechend ändern. Im Gegensatz zum Konzept einer Bildungsfreistellung gilt hier nicht das Prinzip der Freiwilligkeit, sondern für ein festgelegtes Mindestausmaß die gleiche Verpflichtung wie für die Erwerbsarbeit. Daher kann äquivalent zum Arbeitserfolg auch ein entsprechender Lernerfolg eingefordert und gegebenenfalls auch honoriert werden. Im Gegensatz zu allen bisher bekannten Bildungsfreistellungsmodellen, die ohne Ausnahme höchstens einige wenige Prozent der Arbeitnehmer wirklich erreichen, ist eine hundertprozentige Breitenwirkung gegeben. Ein derartiges Weiterbildungsmodell würde daher sinngemäß auf einer Erweiterung bzw. Änderung des Begriffsinhaltes von "Erwerbsarbeit" aufbauen und nicht so sehr auf einer Ausdehnung des traditionellen Schulsystems.    

4.2 Weiterbildung statt Arbeitszeitverkürzung. 

Die Realisierung eines derartigen Konzeptes kann als Alternative zu einer Arbeitszeitverkürzung mit vollem oder teilweisem Lohnausgleich gesehen werden. Das wohl wichtigste Argument für eine Arbeitszeitverkürzung, die Kompensation der Arbeitsplatzverluste infolge von Produktivitätssteigerungen, gilt in noch viel höherem Ausmaß für die Integration der Weiterbildung in die Arbeit. Weiterbildungszeit ist nicht produktionswirksam, erhöht die Qualifikation und somit die Zukunftschancen der Wirtschaft und benötigt darüber hinaus hochqualifizierte neue Arbeitsplätze. Sozialrechtliche Bedenken gegen Rationalisierungs- und Automatisierungsmaßnahmen der Wirtschaft können daher nicht unwesentlich abgebaut werden.

Das Ausmaß der derzeit diskutierten Arbeitszeitverkürzung von bis zu 5 Wochenstunden entspricht in etwa dem Erfordernis einer wirksamen Weiterbildung. Auch eine weitere Kernfrage des Weiterbildungsproblems kann relativ leicht gelöst werden, nämlich die Finanzierung. Die Kosten eines alle Altersgruppen umfassenden Systems im Ausmaß einiger Wochenstunden liegen in etwa im Kostenrahmen des Schulbudgets. Aus dem Budget heraus könnten sie ohne Erschließung zusätzlicher Einnahmequellen unmöglich abgedeckt werden. Andererseits entspricht der Aufwand auch dem gesamten Arbeitsentgelt für etwa eine Arbeitsstunde. Es dürfte wesentlich einfacher sein, die Kosten direkt aus dem Lohnausgleich heraus abzudecken, was im wesentlichen bedeuten würde, daß ein Teil des Lohnausgleiches als Bildungsangebot konsumiert wird. Unabhängig davon, in welcher Form die Finanzierung letztlich erfolgt, muß sie durch entsprechende Wertschöpfung abgedeckt sein. Da dies aber auch für Arbeitszeitverkürzung mit vollem oder teilweisem Lohnausgleich gilt, muß nur mehr abgeklärt werden, ob eine bloße Arbeitszeitverkürzung oder eine äquivalente Weiterbildung der Gesellschaft mehr nützt.  

4.3 Bildungsinhalte. 

Es wird nur ein Rahmen abgesteckt, der eine ständige Anpassung an die aktuellen Erfordernisse ermöglicht.  
*  Berufsbezogene Aus- und Weiterbildung:   ca. 50%.
Es ist darunter die Aktualisierung des Wissens im ausgeübten Beruf zu verstehen, aber auch die Vorbereitung auf erforderliche Berufswechsel. Langfristig sollte jeder Dienstnehmer auch die Grundqualifikation für einen Zweitberuf besitzen. 
*  Staatsbürgerbildung:     ca. 20%Schwerpunkt muß die Hebung des Verständnisses für Systemzusammenhänge etwa in den Bereichen Gesundheit, Umwelt, Volks- und Betriebswirtschaft, Recht, Innen- und Außenpolitik sein. Mangelndes Verständnis erschwert dem Staat zunehmend die Erfüllung seiner Aufgaben, beispielsweise im Problemkreis Energieeinsatz - Wertschöpfung - Konsum - Umwelt. 
*  Allgemeinbildung:       ca. 30%
Neben einer ausreichenden Vielfalt zur Befriedigung individueller Neigungen können Schwerpunkte gesetzt werden, wie beispielsweise Nachbarsprachen in Grenzgebieten.  

4.4 Bildungseinrichtungen. 

Vorteilhaft ist eine möglichst dezentrale Organisation, weil so am besten die notwendige Anpassungsfähigkeit in der Anlaufphase und im laufenden Betrieb gewährleistet ist. Zentrale Aufgaben können sowohl von staatlichen Einrichtungen als auch von den Sozialpartnern wahrgenommen werden. Das Angebot an Bildungsveranstaltungen ist möglichst pluralistisch. Alle etablierten Bildungseinrichtungen (VHS, WIFI, BFI, Bildungswerke usw.), aber auch neue Institutionen und alle Schulen haben die Möglichkeit, Bildungsveranstaltungen anzubieten.

Die berufsorientierte Weiterbildung bleibt weitgehend den Betrieben und den Interessenvertretungen überlassen. Die Durchführung  wird verantwortlich auf der Ebene der politischen Bezirke koordiniert. Dazu wird in jedem Bezirk ein Bildungsbeirat eingerichtet, dem neben den zuständigen Behörden die Veranstalter und die Bürgervertretungen angehören. Grundsätzlich werden auch die Veranstaltungen weitestgehend dezentralisiert. Nur wenn dies nicht zweckmäßig ist, etwa bei hohem Investitionsaufwand oder in den oberen Qualifikationsstufen, werden überregionale Veranstaltungen durchgeführt. In dem vorgegebenen Rahmen kann jeder Teilnehmer aus dem durch den Bildungsbeirat approbierten Veranstaltungskatalog frei auswählen, was für die Veranstalter einen Wettbewerb schafft. Der Besuchs- und Erfolgsnachweis erfolgt durch Eintragung in einen Bildungspaß. Zu den wichtigsten Gruppen von Bildungsinhalten werden Mindesterfordernisse bezüglich der Teilnahmezeit und des Bildungserfolges festgelegt und auch überprüft. Leistungsanreize (z.B. Steuer-Bonus/Malus oder Prämien) erhöhen den Wirkungsgrad des Weiterbildungssystems.  

4.5 Zentrale Aufgaben: 

a) Einführung:

*  Schaffung eines Bildungspasses für alle Dienstnehmer
*  Festlegung von Qualifikationsstufen
*  Schaffung von Leistungsanreizen (z.B. Steuer-Bonus/Malus)
*  Schaffung der organisatorischen Grundstruktur
*  Finanzierungsregelung 

b) Durchführung:

*  Koordination und Aufsicht  

4.6 Dezentrale Aufgaben: 

a) Einführung:

*  Bedarfserhebung
*  Erfassung der vorhandenen Einrichtungen
*  Erstellung eines Veranstaltungsangebotes
*  Koordination und Anpassung  

b) Durchführung:

*  Aktualisierung und Approbierung des Veranstaltungsangebotes
*  Abwicklung der Veranstaltungen
*  Kostenabrechnung mit den Veranstaltern
*  Koordination   


5. Einführungsstrategien. 

5.1 Hindernisse: 

Nach der traditionellen Bildungsauffassung wird zwar die Schulpflicht im Kindesalter akzeptiert, eine Weiterbildungspflicht für Erwachsene aber abgelehnt, selbst wenn sie nur einen Mindestumfang festlegt. Vielfach wird behauptet, daß Lernen nur auf freiwilliger Basis erfolgversprechend sei, obwohl der Alltag an jeder Schule dies eindeutig widerlegt. Die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens wird allgemein anerkannt, aber die absehbaren Konsequenzen einer unzureichenden Realisierung in qualitativer und quantitativer Hinsicht für Staat und Gesellschaft werden nicht aufgezeigt und bewirken keine systematischen Abhilfemaßnahmen. Die vorhandenen Weiterbildungseinrichtungen spiegeln eher die historische Entwicklung als die zukünftigen Notwendigkeiten. Neue Lösungsvorschläge werden häufig schon in den Anfängen durch hunderterlei Wenn und Aber abgewehrt, anstatt daß man sie ernsthaft und sachlich mit bekannten Alternativen vergleicht. Ohne grundlegenden Bewußtseinswandel ist auch die vorgeschlagene Integration der Weiterbildung in die Arbeitszeit nicht realisierbar.   

5.2 Maßnahmen: 

a) Bewußtseinsbildung:

Vordringlich ist es, das Problem in der Öffentlichkeit überhaupt erst bewußt zu machen. Die Konsequenzen eines unzureichenden Bildungs- und Ausbildungsstandes müssen vorbehaltlos aufgezeigt und die möglichen Lösungsansätze unter Berücksichtigung ausländischer Modelle sachlich verglichen werden. Die laufende Diskussion über die Arbeitszeitverkürzung bietet dafür eine Chance, die vermutlich in dieser Generation nicht mehr wiederkommen wird. Wie sollte man beispielsweise die grundsätzliche Frage der Bildungspflicht und das organisatorische Problem der Finanzierung derart einfach auf anderen Wegen lösen können? 

b) Organisation:

Die zweifellos schwierige organisatorische Einführung eines grundlegend neuen Bildungssystems könnte am ehesten mit geeigneten Stufenplänen zu bewältigen sein. Am günstigsten dürfte die stufenweise Einführung für verschiedene Altersgruppen sein, die man im weitesten Sinne auch als Ausweitung des dualen Systems der Berufsausbildung sehen könnte. Regionale und branchenspezifische Lösungen sind ebenfalls denkbar. Insgesamt müßte ein Zeitraum von 10 Jahren für die vollständige Installation ausreichen.    

Dipl.Ing. Adolf Staufer
A 4591 Molln, Zinken 26
Tel. 07584/2256,  0664/73547105
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