Unternehmen drängen auf noch dichtere Abmessung der Stromverbrauchsdaten mit Hilfe von Smart Metern, um flexible Stromtarife anbieten zu können. Für viele könnte es dadurch teurer werden.

Daten über ihr Stromverbrauchsverhalten, Daten aus dem Smart Meter und diese wenn es geht fast in Echtzeit, scheinen so manchen Stromanbieter die Grundbedingung für flexible, angeblich günstige, vielleicht jedoch versteckt teurere Stromtarife zu werden. Dass die Regulierungsbehörde E-Control einen Zuruf der Stromindustrie nach noch mehr Datengrabbing, Infospeed und dafür weniger Schutz der StromkundInnen umsetzen wird, darf aus den bisherigen Erfahrungen angenommen werden.

Die Zwangseinführung des elektronischen Überwachungszähler Smart Meter stellt bis dato ein Lehrstück für das Ignorieren von Konsumentenrechten dar. Der damit verursachte Bruch der Verfassung und Grundrechte, wird von der Solidarwerkstatt seit Jahren öffentlich angeprangert. Damit sind wir seit geraumer Zeit nicht mehr alleine (1). Behörden und Politik offensichtlich, scheint das nicht weiter zu stören.

Billiger Strom gegen rasche Daten

Ein neuer Stromlieferant fordert die Stromregulierungsbehörde E-Control auf, doch endlich die individuellen Stromverbrauchdaten aus dem Smart Meter, rasch, vielleicht nicht nur einmal am Tag der Stromindustrie zu Verfügung zu stellen. Der Stromlieferant behauptet, durch ein neues Geschäftsmodell, billigen Strom direkt von der Leipziger Strombörse an die Stromkunden verkaufen zu wollen. Dazu braucht dieser die anfallenden Stromverbrauchsdaten seiner Kunden in bedeutend kürzeren Intervallen, als derzeit gehandhabt.

Das alles entgegen allen Grundsätzen von Datensparsamkeit und Schutz von persönlichen Daten.

Durch Smart Meter kann der Wunsch auf rasche Datenbereitstellung jederzeit erfüllt werden, da dieser ja permanent den Stromverbrauch und die Stromlast messen muss, und natürlich abspeichert. Diese Daten werden laut E-Control nur einmal pro Tag an die Stromnetzbetreiber übertragen. Der Stromanbieter Spotty Smart Energie Partner GmbH entgegnet und meint: „Die Kunden wollten möglichst zeitnah wissen, wie viel Strom sie zu welchem Zeitpunkt zu welchen Kosten verbraucht haben“. Geschäftsführer von Spotty Smart Energie, Harri Mikk, untermauert seine Sichtweise damit: „In der Regel hat der Netzbetreiber die Daten vom Vortag schon früh morgens zu Verfügung und stellt sie meist gegen Mittag auf die eigene Website. Wir hingegen bekommen die Daten erst gegen 23 Uhr, oft erst gegen zwei Uhr in der Folgenacht übermittelt, jedenfalls viel zu spät.“ (2)

Nun stellt die Verfügbarkeit von gemessenen und aufgezeichneten Daten aus dem Smart Meter schon einen unverfroren großen Eingriff in die Privatsphäre aller Stromkundinnen dar. (3) Ein persönliches Profil jedes Stromanschlusses daraus auszulesen, ist mit diesen Daten leicht möglich. An wem die Daten weitergeleitet werden und wie sicher diese gehandhabt werden, baucht in Zeiten von Datenklau und Hacking nicht weiter ausgeführt zu werden. Allein die Stromkunde hat bis Dato keinerlei nachvollziehbare, geschweige denn kontrollierbare Information über ihre persönlichen, teils intimen Daten.

Die persönlichen Stromverbrauchsdaten mit dem Strompreis der Strombörse korrelieren zu lassen und der Kunde punktgenau und vielleicht minutengenau durch Algorithmen berechnet einen vermeintlich billigen Stromtarif anbieten zu können, kann schon als dystopisch bezeichnet werden. Welche Kunde kontrolliert ihren Stromverbrauch und Tarif permanent per App auf dem Smartphone? Vielleicht Menschen ohne Arbeit, da viel Freizeit? Vielleicht Mindestsicherungsbezieher, da geringes Einkommen? Vielleicht Technikfreaks, da neues Spielzeug? Vielleicht Stromsparmeister, mit Hang zur Perfektion?

Kaum. Die geweckten Begehrlichkeiten beziehen sich doch eher auf zeitnahe Daten für profitorientierte Dienstleister, welche vielleicht sehr viel Geld wert sein können?

Flexible Tarife bedeuten für viele höhere Preise

Ob es an der Leipziger Strombörse einzig billigen Strom, vielleicht aus zweifelhafter Quelle, gibt und ob dieser Strompreis sich nur nach unten bewegt, muss angezweifelt werden. An allen Börsen weltweit, auch der Strombörse in Leipzig sind die Kurse volatil, das heißt schwankend. Und wenn die einen nur den billigen oder gar billigsten Strom ihren Kunden anbieten und verkaufen wollen, wer bietet dann den nicht billigen, oder gar teureren Strom, wem an? So wie an allen marktorientierten Börsen gibt es einzelne Gewinner und daraus resultierend oftmals viele Verlierer, permanent.

Zu den Gewinnern zählen Technik- und Stromindustrie, welche durch Smart Meter und dessen Daten höher Profite herausschlagen können.

Zu den Verlierern gehört die Vielzahl von Stromkundinnen, welche erzwungenermaßen gratis ihre persönlichen Daten, generiert durch Smart Meter, an die Stromlobby herschenken müssen. Für viele von ihnen bedeuten flexiblere Stromtarife nicht niedrigere, sondern höhere Strompreise. Denn nicht alle Menschen, ich behaupte nur wenige, können ihr Leben nach diesen flexiblen Stromtarifen ausrichten. Und sollten billige Stromtarife direkt von der Strombörse so manchen Stromkunden erfreuen, so werden viele, deren Lebensrythmus nicht dem der Leipziger Strombörse entspricht, die teureren Strompreise bezahlen müssen, vermutlich ohne davon zu erfahren.

Die Verlierer steh`n im Dunklen, die Gewinner steh`n im Licht.
Die Gewinner sieht man, alle Verlierer nicht!

Rudolf Schober
(Dezember 2019)

Quellen:

  1. https://www.wienerzeitung.at/themen/recht/recht/2022925-Verstoss-gegen-das-Recht-auf-Privat-und-Familienleben.html
  2. Der Standard, 06.November 2019 S.17
  3. https://www.solidarwerkstatt.at/digital/konsumentenschutz-sieht-anders-aus