Es ist grotesk: Während den Gemeinden in der Covid 19-Pandemie die Einnahmen wegbrechen, steigt die Landesumlage, die das Land OÖ von den Gemeinden eintreibt.

Ich bin Gemeinderat in Ottensheim, einer oberösterreichischen Gemeinde. 2020 konnte seit Menschengedenken erstmalig der Gemeindehaushalt für 2020 nicht mehr ausgeglichen bilanziert werden. Die Covid 19 Pandemie macht dem Budget, einen dicken Strich durch unsere Rechnung. Bisher immer ausgeglichen und somit vorbildlich im Sinne der mehr als fragwürdigen EU-Maastricht Kriterien und des EU-Fiskalpakts, der ja sogar die Erwirtschaftung von Überschüssen von den Gemeinden verlangt.

Der Gemeindehaushalt meiner Heimatgemeinde Ottensheim beläuft sich auf jeweils ca. 10 Mill. Euro für Einnahmen und Ausgaben. Der Verlust verringerter Bundesertragsanteile im heurigen Jahr von über 512.000 Euro aber, ca. 5% aller Einnahmen, stellt eine unüberwindbare Hürde für unser Gemeindebudget dar.

Statt zu helfen, wird genommen!

Wie reagiert die Landespolitik, in unserem Fall Oberösterreich, auf diese Notsituation vieler Gemeinden? Man hält es nicht für möglich: Statt zu helfen, wird genommen! Statt die anachronistische Landesumlage zu senken oder auszusetzen wird diese für 2021 erhöht! Zu den für meine Gemeinde heuer fehlenden 512.000 Euro aus den Bundesertragsanteilen müssen trotz dieses Einnahmenausfalls noch rund 200.000 Euro „Landesumlage“ an die OÖ Landesregierung abgeliefert werden!

Eine Landesumlage, sofern Sie davon schon einmal gehört haben, wurde nach der Zerstörungsorgie der Nazidiktatur eingeführt. Dem Geiste nach, um die Schäden des Faschismus vor allem in den Ballungszentren und den Aufbau neuer Infrastruktur zu finanzieren. Wie definiert sich diese Landesumlage?

„Das Land Oberösterreich hebt von den Gemeinden einschließlich der Statutarstädte eine Landesumlage ein, welche 6,93 Prozent der ungekürzten rechnungsmäßigen Ertragsanteile der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben zuzüglich eines jährlichen Betrags in Höhe von 3 Mio. Euro bis zum Jahr 2043 beträgt.“ (1)

Betteln, um einen Teil des eigenen Geldes zurückzubekommen

In Summe bedeutet das für unsere 438 OÖ Gemeinden ein Abführen (Landesumlage) von Ertragsanteilen des Bundes an die OÖ Landesregierung in Höhe von kumuliert rund 581 Millionen Euro. In diesem Karussell, zu welchem die Gemeinden die gesamte Arbeit der Daseinsfürsorge vor Ort leisten, die Landespolitik von selbigen kaum etwas bringen, kommen an die 480 Millionen Euro wieder in die Gemeindekassen zurück. Das ergibt für die Gemeinden einen Nettoabgang von rund 100 Millionen Euro, allein in OÖ. Das ist absurd, aber machtpolitisch bedeutsam: Denn um einen Teil des eigenen Geldes zurückzubekommen, müssen die Gemeinden bei den Landesaltvordern untertänig betteln gehen.

Was heißt das für Gemeinden wie Ottensheim mit einer Einwohnerzahl bis 5000? Zwischen 2014 und 2018 sind die gesamten Gemeindeabgaben an das Land OÖ um 12% gestiegen. Die Transferleistungen des Landes OÖ an diese Gemeinden sind im selben Zeitraum jedoch um 7% gesunken.

Ein ausgeglichenes Budget ist für meine Gemeinde und 2020 nur mehr durch sogenannte innere Kredite, das bedeutet durch massive Entnahmen aus den bisher gebildeten, gesetzlich bestimmten, eigentlich unantastbaren Rücklagen zu schaffen. In unserem Fall über eine Rücklagenauflösung von einer halben Million Euro. Im Grunde genommen sind wir damit eine Abgangsgemeinde, nur die Landesvorderen betreiben hier Realitätsverweigerung. Die Entnahme aus den Rücklagen reduzieren die eigene Finanzkraft und gefährden damit notwendige Investitionen, zum Beispiel bei Wasser und Kanal. Diese Entnahmen sind auf Sicht niemals auszugleichen und somit als Verlust zu bezeichnen. Nicht einmal durch ein gutes Fernglas sehen wir Gemeindemandatare in Zukunft die Möglichkeiten, diese Rücklagenauflösungen nur ansatzweise wieder auffüllen zu können. Zu eng bis gleich Null sind die Gebarungsspielräume für die Mehrheit von Gemeinden. Auch der meinigen.

Landesumlage weg – sofort!

Als wäre das alles nicht genug, wird für 2021, entgegen allen Hoffnungen von Wirtschaftsaufschwung, ein noch höherer Verlust von Bundesertragsanteilen für unsere Gemeinde von annähernd 600.000 Euro prognostiziert. Die Landesumlage soll dafür im Gegenzug noch steigen - auf 206.000 Euro.

Die an sich verfassungsrechtlich autonomen Gemeinden werden durch die real existierende Politik auf Landesebene vorsätzlich ruiniert. Es braucht grundsätzliche Änderungen, um eine Umkehr zu erreichen – z.B. eine bessere finanzielle Ausstattung, mehr politische Mitbestimmung im Form eines Bundesgemeinderats anstelle des zahnlosen Bundesrates. Das wird nicht von heute auf morgen gehen, eines kann und muss aber sofort gemacht werden: Die völlig überholte Landesumlage muss weg!

Rudolf Schober, Gemeinderat Ottensheim

Anmerkungen:
(1) Oö. Landesumlagegesetz 2008, LGBl.Nr. 4/2008 idF. LGBl.Nr. 86/2016; §1.