Mit dem Überwachungspaket, das die schwarz-blaue Regierung noch im Frühjahr durchs Parlament bringen will, droht die „größte Ausweitung staatlicher Überwachungsmöglichkeiten in der 2. Republik“ (epicenter works). Wehren wir uns dagegen! Kommt zu den Demonstrationen am 4. April in Linz (17h, Schillerpark) bzw. Graz (17h, Mariahilfer Platz).


Wer überwacht die Bewacher?

Der ehem. Präsident des Verfassungsgerichtshofs Gerhart Holzinger warnte bereits 2017 angesichts der Überwachungspläne der letzten Bundesregierung: „Wollen wir in einer Welt leben, die den Einzelnen auf Schritt und Tritt bis ins Wohn- und Schlafzimmer überwacht?“ (Standard, 17.2.2017). Nun hat die schwarz-blaue Bundesregierung das Überwachungspaket der Vorgängerregierung neu aufgelegt und die FPÖ macht ihren nächsten Umfaller. Bezeichnete sie in Opposition das Überwachungspaket noch als „gefährliche Drohung“ und lehnt den Bundestrojaner ab, kommt sie nun selbst auf dem Bundestrojaner angaloppiert.

Laufende Proteste und heftige Kritik löst auch dieses Überwachungspaket aus. Nicht nur von NGOs. So kritisiert der Österreichische Rechtsanwaltskammertag in seiner Stellungnahme, dass die Gesetzesentwürfe „... tiefgreifende, nicht rechtfertigbare Einschnitte in die Grundrechte der Bevölkerung in Österreich darstellen. Als besonders besorgniserregend zu bezeichnen sind die flächendeckende, verdachtsunabhängige und maßlose Videoüberwachung und Vorratsdatenspeicherung, wenn auch in Form von Quick Freeze, sowie die Verwendung des Bundestrojaners, mit dem weitreichend in die Privatsphäre der Bürger eingegriffen werden soll.“

Überwachungspaket = Umsetzung der EU-Anti-Terror-Richtlinie

Wie schon das letzte Überwachungspaket, ist auch das neue großteils die Umsetzung der 2017 beschlossenen sog. EU-Anti-Terror-Richtlinie. Durch die darin weit gefasste Definition von „Terrorismus“ können Regierungen auch Gewerkschafts-, Klima-, Umwelt-, Tierrechts- oder Bürgerrechtsbewegungen mit der Begründung „Terrorismus“ kriminalisieren. Aktionen wie einst die Besetzung der Hainburger Au, könnten heute als „terroristischer Akt“ gelten.

Mit dem Überwachungspaket sollen auch verschlüsselte Nachrichten (WhasApp, Facebook ...) überwacht werden. Beunruhigend in diesem Zusammenhang ist das in Vorbereitung befindliche EU-US-Abkommen zur Cloud-Überwachung. EU-Strafverfolger sollen grenzüberschreitenden Zugriff auf Telekomdaten und Internetkommunikation (Facebook, WhatsApp ...) und im Gegenzug US-Behörden Zugriff auf europäische Kommunikationsdaten bekommen. Das beträfe wohl auch jene Daten, die nach Beschluss des Überwachungspakets, staatliche Spionagesoftware (Bundestrojaner) Ermittlern liefert. Ein derartig umfangreicher Datenaustausch wirft beunruhigende Fragen auf wie: Was passiert mit den Datenströmen? Datenschutz? Wer überwacht die Überwacher?

Überwachungsstaat zementiert Politik der Unsicherheit ein

Der Ausbau des Überwachungsstaates dient nicht - wie vorgegeben - unserer Sicherheit, er dient vielmehr der Einzementierung einer Politik, die immer mehr soziale und politische Unsicherheit und Ohnmacht für die große Mehrheit der Bevölkerung schafft: Sozialabbau, neoliberaler Freihandel, Militarisierung, Demokratieabbau. Über EU-Vorgaben - EU-Fiskalpakt, EU-Freihandelsabkommen (CETA, JEFTA, TiSA & Co) oder EU-SSZ/Pesco – wird diese Politik von oben durchgesetzt. Die gewählten Parlamente werden immer mehr entmündigt. Als „post-demokratisch“ bzw. „prä-diktatorisch“ bezeichnen Sozialwissenschaftler mittlerweile diese Politik. Der Ausbau von Überwachung und Bespitzelung dient letztlich der Einschüchterung und Kriminalisierung von Widerstand gegen diese undemokratische Politik, soll uns apathisch machen, Misstrauen schüren und uns auseinanderdividieren.

Wichtiger denn je ist jetzt, sich nicht einschüchtern und mundtot machen zu lassen. Engagieren wir uns gemeinsam gegen diese Eingriffe in unsere Privatsphäre, gegen die Kriminalisierung von politischem Engagement und für Meinungsfreiheit.
Sagen wir: NEIN zu Repression und Spitzelstaat! JA zur Verteidigung unserer Grund- und Freiheitsrechte! JA zu faktenbasierter Sicherheitspolitik - statt Panikmache! Nein zum Überwachungspaket - keine Umsetzung der EU-Anti-Terrorrichtlinie!

Was steckt im Überwachungspaket der Regierung?

  • Gefährdung des Briefgeheimnisses. „Das Briefgeheimnis ist unverletzlich“ wurde vor 170 Jahren im Kampf gegen den Metternischen Spitzelstaat festgestellt und 1867 im Art 10 des Staatsgrundgesetzes verankert. Mit der nun geplanten Erleichterung des Öffnen und Beschlagnahmen von Briefen und Paketen wir dieses gefährdet.
  • Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür. Mittels „Quick freeze“ können Telekommunikationsanbieter verpflichtet werden, im Anlassfall Verkehrs-, Zugangs- und Standortdaten bis 12 Monate zu speichern.
  • „Bundestrojaner“ Überwachung verschlüsselter Internetkommunikation (WhatsApp, Skype ...) ermöglicht Sicherheitsbehörden die Installation staatlicher Spionagesoftware auf Computersystemen - auch bei Personen, Firmen oder Vereinen, von denen angenommen wird, dass sie mit Verdächtigen kommunizieren. Lt. Justizminister Moser „... werde natürlich auch derjenige überwacht, mit dem der eigentlich Überwachte Kontakt aufnimmt.“
  • Lückenlose Videobespitzelung in Echtzeit. Vernetzung und Zugriff auf Video- und Tonüberwachung aller öffentlichen und privaten Einrichtungen, denen ein öffentlicher Versorgungsauftrag zukommt (Verkehrsbetriebe, Flughafen, Bahnhof...). Freiwillig von Privaten überlassene Bild- und Videodaten sollen ebenfalls für alle sicherheitspolizeilichen Zwecke verwendet werden dürfen.
  • Verdachtsunabhängige Vollüberwachung österreichischer Straßen (Erfassung und Speicherung von Lenker, Automarke, Farbe, Typ, Kennzeichen). Die Daten sollen dem BMI bei Fahndungsabfragen dienen. Aufgrund dieser personenbezogenen Verkehrsdaten können auch Bewegungsprofile der Verkehrsteilnehmer erstellt werden.
  • Bespitzelung und Vernaderung. Mittels „Sicherheitsforen“ sollen Präventionsmaßnahmen auf sicherheitspolizeilichem Gebiet auf Private (!) ausgelagert werden. Eine „Privatisierung von staatlichen Aufgaben, die zu blockwartähnlichen Aktivitäten führen können“ (NR-Abg. Schieder).
  • Verbot anonymer Handy-Sim-Karten (Prepaid-Karten). Anlasslose Erfassungs- und Registrierungspflicht -auch für bereits ausgegebene Prepaid-Karten - stellt ca. 5,1 Mio NutzerInnen unter Generalverdacht.
  • Lokalisieren, belauschen von Handys. Mit IMSI-Catcher BürgerInnen können bei Versammlungen durch Sicherheitsbehörden identifiziert, und Mobilfunktelefonate abgehört werden. IMSI-Catcher identifizieren aber auch Handys von nicht in Verdacht geratenen Menschen in der Nähe.

(März 2018)


Wehren wir uns gegen dieses Überwachungspaket, gegen diesen Demokratieabbau! Kommt zu den Demos in Linz und Graz! Informiert andere, bringt Freunde mit!


http://fm4.orf.at/stories/2901699/
https://überwachungspaket.at/