Türkis-blau beschließt Sonderklasse-Behandlung für Privatversicherte in den Ambulanzen. Das ist ein Vorbote dafür, was mit der sog. „Reform“ der Sozialversicherung droht, die die Regierung am 12. Dezember beschließen will.

Im sperrigen Beamtendeutsch heißt es in der Novelle zum Krankenanstaltengesetz folgendermaßen:

„Zur Unterstützung der Umsetzung des spitalsambulanten Abrechnungsmodels haben die Länder die Möglichkeit, die Einhebung von Sonderklassegebühren für jene Leistungen vorzusehen, die bisher stationär erbracht und für die die Verrechnung von Sonderklassegebühren möglich war, die nunmehr auf Grund des spitalsambulanten Abrechnungsmodells ambulant zu erbringen sein werden. Der Einhebung solcher Sondergebühren haben adäquate Leistungen gegenüber zu stehen.“

Die Übersetzung könnte folgendermaßen lauten: Wer mehr Geld springen lässt – sprich sich eine private Sonderversicherung leisten kann – bekommt eine VIP-Behandlung in der Spitalsambulanz: freie Arztwahl, kürzere Wartezeiten, bessere Behandlung.

„Noch längere Wartezeiten für die allgemeine Gebührenklasse“

Das sieh auch der NÖ-Patientenwalt Gerald Bachinger so: „Hier wird sehr wahrscheinlich die Tür zu einer neuen Form der Zwei-Klassen-Medizin im ambulanten Bereich sehr weit aufgemacht wird.“ Bachinger weiter: „Wir haben derzeit bereits in den Ambulanzen unzumutbare Wartezeiten für alle Patienten. Wenn ich diese Ressource jetzt noch einmal verknappe und jetzt dann Privilegien für bestimmte Gruppen von Patienten gibt, die besondere Zuzahlungen leisten, dann werden die Ressourcen für die allgemeine Gebührenklasse noch weniger, das heißt die Wartezeiten noch länger.“ (ZiB 2, 5.12.2018)

Betroffen davon sind fast alle: 17,5 Millionen Ambulanzbesuche gibt es im Jahr. Die Vorlage für diese Gesetzesnovelle stammt direkt aus der privaten Versicherungswirtschaft. Diese hat in der Stellungnahme zum Gesetz die Zwei-Klassen-Behandlung in den Ambulanzen bereits näher ausgeführt: Privatpatienten in Ambulanzen sollen baulich getrennte A-Klasse Bereiche zur Verfügung gestellt bekommen, “ vergleichbar mit Erste-Klasse- oder Businessabteilen im Zug“, eigene Sonderklasse-Schalter soll es ebenso geben wie kostenlose Parkmöglichkeiten und Erfrischungen. Sonderklasse-Patienten sollen sich im Unterschied zu den restlichen Patienten ihren Arzt frei wählen können.

Vorbote dafür, was mit der „Reform“ der Sozialversicherung droht

Der Beschluss, eine Sonderklasse für Privatversicherte im ambulanten Bereich einzuführen, ist ein Vorbote dafür, was mit der sog. „Reform“ der Sozialversicherung, die die Regierung am 12.12. im Parlament beschließen will, droht: ein Turbo in Richtung Zwei-Klassen-Medizin. Die türkis-blaue Strategie ist offensichtlich: Die Arbeitgeber übernehmen das Kommando in der Sozialversicherung der ArbeiterInnen und Angestellten, die dezentralen GKKs werden zerschlagen, die Regierung bekommt zentralisierten Durchgriff auf das Budget der Sozialversicherten - und zugleich werden große Löcher in diesen Budgets geschaffen, sodass bald Selbstbehalte und Leistungskürzungen auf die Tagesordnung kommen. Für private Versicherungs- und Gesundheitskonzerne öffnet sich ein Milliardenmarkt, jene Menschen dagegen, die sich entsprechende „Sonderklassen“ nicht leisten können, müssen in der medizinischen Unterklasse Platz nehmen.

(17.12.2018)