Die israelische Politik driftet immer mehr in Richtung Rechtsextremismus und offener Apartheid. Wie reagiert die "wertebasierte Außenpolitik" des Westens? Während die USA und Deutschland Israel mit Waffen überschütten, will Österreich mit einem „umfassenden strategischen Partnerschaftsabkommen“ vom militärischen „Wissensvorsprung“ profitieren, den sich Israel in jahrzehntelanger Besatzungspolitik erworben hat.


Mit der Floskel von der „Zwei-Staaten-Lösung“ versuchten die israelischen Machteliten lange Zeit die Okkupation palästinensischen Gebiets und die offene Unterdrückung der palästinensischen Bevölkerung als Zwischenstadium zu relativieren. Nun steuert die israelische Politik kaum mehr verhüllt in Richtung des Übergangs von der Okkupation zur Annexion. Immer öfter eskaliert die Gewalt fanatischer Siedler, die sich auf die Unterstützung durch die israelische Armee verlassen können. Das Ziel der Regierung Netanyahu ist die offene Annexion der 1967 besetzten Gebiete. Die PalästinenserInnen können sich entscheiden zwischen Apartheit, Vertreibung oder Vernichtung.

Milliarden Waffenlieferungen von USA und Deutschland

Wie reagiert der „wertegeleitete Westen“ auf diesen Bruch von Menschen- und Völkerrecht durch die israelische Politik? Er überschüttet Israel mit Waffenlieferungen. Im letzten Jahrzehnt waren das schwere Waffen im Wert von 5,2 Milliarden US-Dollar (leichte Waffen werden vom schwedischen Friedensforschungsinstitut SIPRI nicht erfasst). Rund zwei Drittel davon stammen aus den USA, ein Drittel aus der EU, zum überwiegenden Teil aus Deutschland. Vor allem in den letzten Jahren stieg die westliche Unterstützung für die israelische Kriegsmaschinerie wieder deutlich an (sh. Grafik). Auffallend: Insbesondere deutschen Waffenexporte an Israel sind 2022 nach oben geschnellt und lagen in diesem Jahr nahezu gleichauf mit denen der USA.

Grafik Waffen an Israel

Und Österreich? Von Kern…

Österreich bemüht sich seit Jahren, die militärische, rüstungs- und sicherheitstechnologische Kollaboration mit Israel zu intensivieren. 2016 - während der Kanzlerschaft von Christian Kern - wurde eine intensive militärische Zusammenarbeit zwischen dem österreichischen Bundesheer und den Israelischen Streitkräften vereinbart. Der damalige Verteidigungsminister Doskozil zeigte sich erfreut, dass damit Österreich das „Tor zum Wissensvorsprung Israels geöffnet“ werden, insbesondere „bei Anti-Terrorkampf und der Technik des Grenzzauns.“ (zit. nach Krone, 15.11.2016). Ein durch jahrzehntelange Okkupation palästinensischen Gebiets hart erkämpfter „Wissensvorsprung“. Ab 2016 kam es auch zum ersten Mal im relevanten Ausmaß zu österreichischen Rüstungsexporte nach Israel.

Für Christian Kern war der Ausbau der militärischen Kooperation offensichtlich auch persönlich kein Nachteil. Als er wenig später die Kanzlerschaft verlor und zum smarten Businessman mutierte, konnte die Firma von ihm und seiner Frau lukrative Geschäfte mit staatlichen israelischen Rüstungsunternehmen an Land ziehen.

… über Kurz…

Besonders freundlich gegenüber der israelischen Politik erwies sich die türkis-blaue Regierung unter Kanzler Sebastian Kurz. Gab es zuvor zumindest rhetorisch noch hin und wieder Kritik an der israelischen Besatzungs- und Apartheidspolitik, so verstummte diese unter türkis-blau fast völlig. HC Strache fand besonderen Gefallen an der rassistischen Siedlermentalität im besetzten Westjordanland. Kurz und Netanyahu fädelten ein „umfassendes strategisches Partnerschaftsabkommen“ ein.

Wie zuvor für Kern machte sich auch für Kurz diese Politik privat bezahlt. 2022 gründete der gefallene Sunnyboy der österreichischen Politik in Israel das Unternehmen „Dream-Security“. Mastermind des Kurz-Unternehmens, zuständig für Cyber-Security, ist Sahlev Hulio. Damit wurde freilich der Bock zum Gärtner gemacht. Hulio war davor CEO bei der „NSO Group“. Diese entwickelte die Spionagesoftware „Pegasus“, die unter anderem diktatorischen Regimes wie Saudia-Arabien dazu diente, MenschenrechtsaktivistInnen zu bespitzeln und manchmal hinterher unter die Erde zu bringen, wie z.B. den saudischen Journalisten Jamal Kashoggi, der im Auftrag des saudischen Herrscherhauses bei lebendigem Leib zerstückelt wurde, nachdem dessen Gespräche mit „Pegasus“ ausgelauscht worden waren.

… zu Nehammer

Unter Kanzler Nehammer wurde im Vorjahr das unter Kurz vorbereitete Abkommen mit Israel für eine „umfassende strategischen Partnerschaft“ unterschrieben. Ob Nehammer – wie seine beiden Vorgänger - dabei auch schon für seine Nach-Kanzler-Zeit privat vorarbeitet, wissen wir nicht. Wir wissen aber, worum es bei dieser „strategischen Partnerschaft“ geht. So berichten die Salzburger Nachrichten anlässlich der Unterzeichnung am 12.6.2022: „Gegenüber Journalisten erinnerte Nehammer daran, dass Israel eine hohe militärische Kompetenz und eine sehr effiziente Rüstungsindustrie besitze… Österreich habe in Sachen militärischer Rüstung einen Nachholbedarf, daher solle das Verteidigungsbudget erhöht werden. Schon jetzt gebe es eine Kooperation mit Israel auf dem Rüstungssektor. Besonderes Interesse zeigte Nehammer für Drohnen und die Abwehr von Raketen und anderen Geschossen.“ Mit dem Beitritt zum Raketenabwehrsystem „Sky Shield“ wird das konkret. So sollen unter anderem israelische Arrow-Raketen an Österreich geliefert werden. Gekoppelt werden sollen die Rüstungsgeschäfte – so Nehammer - auch mit israelischen Gaslieferungen, um russisches Gas zu substituieren.

Gas aus dem völker- und menschenrechtsbrechenden Russland sollen durch Gas und Waffen aus dem völker- und menschenrechtsbrechenden Israel ersetzt werden. Die Fortsetzung einer konsequent „wertebasierte“ Außenpolitik eben.

(Juli 2023)