Die Studie des Oakland Institute „War and Theft. The Takeover of Ukraine´s Argricultural Land“ beschäftigt sich mit Ausverkauf der fruchtbaren Böden in der Ukraine in Zeiten des Krieges.


Mit 33 Million Hektar agrarisch nutzbarer Fläche, drei Viertel davon fruchtbarer Schwarzerdeböden, verfügt die Ukraine über einen weltweit einzigartigen Schatz. Dieser löste schon bald nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in der Phase wilder Privatisierung heftige Begehrlichkeiten. Um dem Ausverkauf des Landes eigenen Riegel vorzuschieben, beschloss das ukrainische Parlament 2001 ein Moratorium für den Verkauf von Grund und Boden. Doch die Begehrlichkeiten blieben. Die Studie des Oakland Institute „War and Theft. The Takeover of Ukraine´s Argricultural Land“ (1) beschäftigt sich mit Ausverkauf der fruchtbaren Böden in Zeiten des Krieges. Das Oakland-Institut führt aus: „Seit der Einsetzung einer EU-freundlichen Regierung nach der Maidan-Revolution im Jahr 2014 haben die Weltbank, der IWF und die ‚Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung‘ (EBRD) den Grundstein für eine groß angelegte Privatisierung in der Ukraine durch ein massives Strukturanpassungsprogramm gelegt.“

EU bringt Privatisierung

Im Jahr 2014 musste sich die Ukraine zu einer Reihe von Sparmaßnahmen verpflichten im Gegenzug für ein Rettungspaket des IWF in Höhe von 17 Milliarden US-Dollar und 3,5-Milliarden-US-Dollar-Hilfspaket der Welt Bank. Das Oakland-Institut: „Zu diesen Maßnahmen gehörte die Kürzung der öffentlichen Renten und Löhne, die Reform der öffentlichen Wasser- und Energieversorgung, die Privatisierung von Banken und die Änderung der Mehrwertsteuer des Landes System. Als Voraussetzung für die europäische Integration erlegte die EU außerdem rechtsverbindliche politische und wirtschaftliche Reformen zur Privatisierung der Wirtschaft der Wirtschaft“, die 2017 in Kraft traten.

28 Prozent in der Hand von Oligarchen und ausländischen Investoren

Doch der Widerstand gegen die Landprivatisierung war stark. Erst in der Präsidentschaft von Wolodymyr Selenskyj hob das ukrainische Parlament 2020 das Verbot des Handels mit Grund und Boden auf. Dafür gab der IWF einen weiteren, acht Milliarden US-Dollar schweren Kredit. Das Oakland Institute schätzt, dass bereits zwei Jahre nach der Landreform neun Millionen Hektar Ackerland, das wären 28 Prozent des bewirtschaftbaren Bodens, von Oligarchen und privaten Konzernen kontrolliert werden. „Die größten Grundbesitzer sind eine Mischung aus Oligarchen und einer Vielzahl ausländischer Investoren – meistens Europäer und Nordamerikaner.“

Zu den größte Grundbesitzern zählt die „Kernel Holding“ im Besitz des Oligarchen Andriy Verevskyi, des größten Produzent und Exporteur von Sonnenblumenöl. Zweitgrößter Grundbesitzer ist die UkrLandFarming, gegründet von Oligarchen Oleg Badhmatyuk, die auf Weizen, Ei, Milch und Fleischprodukte spezialisiert ist. Diese Agrar-Oligarchen fungieren als Strohmänner großer Kapitalgruppen Westeuropas, der USA und Saudi-Arabiens, bei denen sie hoch verschuldet sind. So etwa sichern sich als Gläubiger der „Kernel Holding“ dänische Bankengruppe ING Bank, die Landesbank Baden-Württemberg und die österreichische Raiffeisen Einfluss auf die Ernteerträge.

Widerstandsbewegung

Die Agrarriesen bedienen die Exportmärkte während die acht Millionen ukrainischen Bauern mit ihren kleinen und mittelgroßen Feldern die Grundversorgung der Bevölkerung sichern. Viele von ihnen kämpfen als Soldaten gegen die russische Armee. Im Dezember 2022 rief eine Koalition von Bauern, Akademikern und NGO die ukrainische Regierung auf, die Landreform von 2020 aufzuheben, „um die nationale Sicherheit und die Bewahrung der territorialen Integrität des Landes in Kriegs- und in der Nachkriegs-Rekonstruktionszeit zu bewahren.“ Olena Borodina, Professorin an der Akademie der Wissenschaften in Kiew, fasst zusammen: „Heute kämpfen und sterben Tausende von Bauernjungen im Krieg. Sie haben alles verloren. Gleichzeitig schreitet der freie Landverkauf zügig voran. Er bedroht das Recht der Ukrainer auf ihr Land, für das sie gerade ihr Leben geben.“ (1)

(Mai 2024)

Anmerkungen: