ImageGerald Oberansmayr, Aktivist der Solidarwerkstatt und Teilnehmer der Gaza-Flottille II, führt ein Tagebuch über seine Eindrücke als Teilnehmer der diesjährigen Gaza-Flottille, deren Ziel es ist, Hilfsgüter nach Gaza zu bringen und die Weltöffentlichkeit auf die menschen- und völkerrechtswidrige Blockade des Gaza-Streifens zu machen.


6. Juli 2011

Am Vormittag unterhalte ich mich mit einigen Flottille-Teilnehmern aus den USA, die ebenfalls im Hotel Exarchion nächtigen. Jimbo Simmons ist Vertreter von AIM, dem American Indian Movement. Sein Beweggrund, sich an der Gaza-Flottille zu beteiligen: „Das Schicksal der Palästinenser erinnert mich daran, wie die US-Regierung mit der indianischen Bevölkerung umgegangen ist und umgeht.“ Gaza scheint ihm "wie ein Reservat, nur dass man bei uns noch ein und ausgehen kann.“ Ein anderer Amerikaner erzählt mir von der wachsenden Opposition unter US-Juden und Jüdinnen gegen die Nahostpolitik der USA und der Regierung Netanjahu in Israel. So hat die Organisation „Jewish Voice for Peace“, die auch die free-Gaza-Bewegung und das US-Boot nach Gaza mitträgt, bereits 100.000 Mitglieder in den USA.

Auch aus Israel erreicht uns eine erfreuliche Nachricht: Zehn israelische Friedensorganisationen haben einen Aufruf veröffentlicht, dass sie „aus vollem Herzen die Gaza-Flottille unterstützen“. (siehe hier) Sie verurteilen die fortgesetzte Greuelpropaganda in Israelischen Medien gegen diese gewaltfreie Aktion und fordern die israelische und griechische Regierung auf, die Schiffe endlich segeln zu lassen.

Am Nachmittag wird es nochmals hektisch, denn einem weiteren Schiff, der „Juliano“ gelingt es, aus dem Hafen in Athen auszulaufen. Sie war vor einer Woche bei einem Sabotageakt beschädigt, aber mittlerweile wieder repariert worden. Die Auseinandersetzung mit den griechischen Behörden und der Küstenwache gleicht einem Katz-und-Maus-Spiel, das mir einen wunderbaren Einblick in die Vorstädte Athens und die Finessen griechischer Organisationskunst gewährt, hier aber im Detail schwerlich wiedergegeben werden kann. Leo Gabriel von der österreichischen Delegation schafft noch den Sprung auf das Schiff, ehe die „Juliano“ Richtung Süden entschwindet, um vor Kreta mit der französischen „Dignite al Kamar“ zusammenzutreffen.

Doch nicht nur zur See soll der Protest gegen die Blockade- und Besatzungspolitik gegenüber Palästina weitergehen. Am Freitag wollen hunderte Menschen von verschiedenen Menschenrechts- und Palästina-Solidaritäts-Gruppen über den Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv nach Palästina einreisen. Ihre schlichte Form des Protests besteht in einer einzigen Aussagen: Sie geben gegenüber den israelischen Behörden „Palästina“ als Reiseziel an, da sie in das besetzte Westjordanland einreisen wollen. Israels Sicherheitsminister Yitzhak Aharonowitz schäumt vor Wut und stellt diese Einreisenden als „Gesetze brechende Hooligans“ an den Pranger, denen er mit einen Großaufgebot von Polizei zu Leibe rücken werde. Unwillkürlich fällt mir das Zitat von Paul Watzlawick ein: „Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel.“

Morgen in der Früh werde ich gemeinsam mit Fernando die Rückreise nach Österreich antreten. Geld- und Zeitmangel setzen individuelle Grenzen, viele reisen in diesen Tagen in ihre Heimatländer zurück. Nach all den vielen hektischen Tagen mit viel Ungewissheit und Spannungen beginne ich damit Resümee zu ziehen: Auch wenn wir unser unmittelbares Ziel – das physische Durchbrechen der Blockade – nicht geschafft haben, ein sehr viel wichtigeres Ziel haben wir erreicht: Die Augen der Weltöffentlichkeit haben sich auf das Unrecht gerichtet, das jenen 1,5 Millionen Menschen widerfährt, die im größten Freiluftgefängnis der Welt leben. Wir haben die Blockade des Schweigens gebrochen, die gerade in den westlichen Ländern über diese permanente Unterdrückung und Demütigung der Menschen in Palästina verhängt worden ist. Immer wieder erreichen uns in diesen Tagen Stimmen aus Gaza, die betonen, wie sehr ihnen unsere Aktion Mut macht. Sie spüren, dass sie nicht vergessen sind und viel Unterstützung auch in den Bevölkerungen jener Länder haben, deren Machthaber mit der israelischen Besatzungspolitik kollaborieren. Ein paar hundert Menschen, die bereit sind, auf völlig gewaltfreie Weise einer waffenstarrenden Militärmacht zu begegnen, getragen von tausenden AktivistInnen und der Sympathie von Millionen, haben die Großmächte in Aufregung versetzt. Der EU-Befehl an Griechenland hat uns zwar die Ausreise aus den griechischen Häfen weitgehend verwehrt, aber uns ungemeine Zuneigung und großes Ansehen in der griechischen Bevölkerung verschafft. Die Stimmung unter den AktivistInnen ist klar: Wenn die Blockade bleibt, wird die nächste Flottille kommen. Und solange die „Juliano“ und die „Dignite al Kamar“ in See sind, ist auch diese noch nicht beendet.

Wer sich weiterhin täglich über die Ereignisse rund um die Gaza-Flottille informieren will, sie www.jungewelt.de empfohlen.




5. Juli 2011

Wir haben uns fuer heute 15 Uhr eine Deadline gesetzt, um eine Ausfahrtgenehmigung zu erhalten. Auch unser Schiff wird mit allen moeglichen buerokratischen Schikanen hingehalten und von zwei Schiffen der Kuestenwache, die gerade einmal 10 Meter von uns entfernt ankern, am Auslaufen gehindert. Zuletzt hat der Druck Israels und der Grossmaechte sogar das ferne Togo erreicht, denn unser Schiff segelt unter der Fahne Togos. Fuer die Ausfahrt benoetigen wir daher die Zustimmung Togos. Urspruenglichen schien das vollkommen unproblematisch, jetzt wird sogar von dort unsere Ausreise in Frage gestellt. Um 15 Uhr versammeln sich die AktivistInnen und rund hundert Inselbewohner bei der "Stefano Chiarini" - noch immer werden die Papiere fuer die Ausfahrt verweigert. Zorn ueber die "vollkommen korrupte griechische Regierung" - wie sich der aus Heidelberg kommende Aktivist Friedbert Boxberger empoert - brandet ebenso auf, wie auch der Beifall, als ein Redner betonen: "Auch wenn wir jetzt nicht auslaufen koennen, wir werden zurueckkommen." Anschliessend laden wir unsere vielen griechischen FreundInnen zu Besuch am Schiff ein, um sich auf die Such nach unseren graesslichen Waffenarsenalen zu machen, die die israelische Regierung uns angedichtet hat. Ein italienischer Arzt tritt an Bord der "Stefano Chiarini" in Hungerstreik, um gegen die Ausweitung der Gaza-Blockade in den Hafen von Korfu zu protestieren.

Einige bleiben noch in Korfu am Bord, darunter auch Fernando von der oesterreichischen Delegation, Leo und ich fliegen am Abend nach Athen zurueck. Dort empfaengt uns eine wundervolle Stimmung am Exarchia-Platz, wo sich viele der AktivistInnen derzeit einquartiert haben und laufend Besprechungen unter und zwischen der verschiedenen nationalen Delegationen stattfinden. Die US-AmerikanerInnen feiern gerade, dass ihr Kapitaen freigelassen wurde. Der staendige Druck vor der US-Botschaft hat offensichtlich gewirkt. "Die Gaza-Flottille II ist ein riesiger Erfolg", freut sich eine Sprecherin des US-Schiffs: "Unglaublich wie es uns gelungen ist, das Augenmerk der Weltoeffentlichkeit auf diese illegale und schaendliche Blockade von Gaza zu richten." Die vielen Tage des ungewissen Wartens haben ermuedet, manchmal auch etwas zermuerbt, jetzt spuere ich wieder, was uns in diesen Tagen gemeinsam gelungen ist.

Als sicher stellt sich nun heraus, dass ein kleines franzoesisches Boot, die "Dignité al Karama", den griechischen Gefaengniswaertern durchgeschluepft ist und sich in internationalen Gewaessern auf dem Weg nach Gaza befindet.

Die Stimmung hier im Exarchia-Platz ist friedlich, froehlich und kaempferisch. Ein Amerikaner erzaehlt mir launig, wie sich die spanische und US-amerikanische Delegation bei der Botschaft im friedlichen Sangesduellen geuebt haben. Spanische AktivistInnen berichten, dass ueber 20 SpanierInnen derzeit die spanische Botschaft in Athen besetzt halten. Sie werden das solange tun, bis sie ihre von den Behoerden besetzten Schiff, die "Gernika", zurueckbekommen. Bis spaet in die Nacht in hinein wird ueber den Verlauf der bisherigen und die Konturen einer naechsten Flottille diskutiert - die kommen wird, da sind sich alle sicher.

Kurz vor dem Schlafengehen erfahre ich noch, dass die kanadischen AktivistInnen eine pfiffige Loesung gefunden haben, um ihren Kapitaen vor der strafrechtlichen Verfolgung zu schuetzen. Sie haben ihm noch vor der Ausfahrt gekuendigt und die 35 Besatzungsmitglieder haben sich kollektiv zum Kapitaen gemacht. Die griechische Polizei steht dieser Solidaritaet ratlos gegenueber.




4. Juli 2011

ImageHeute haben sich die Ereignisse wieder überstürzt: zunächst wurden jene US BürgerInnen freigelassen die gestern beim Hungerstreik vor der US Botschaft in Athen festgenommen worden waren. Heute haben einige AmerikanerInnen den Hungerstreik sofort wieder aufgenommen - und wurden wiederum von der griechischen Polizei verhaftet. Eine andere dramatische Entwicklung gab es im Hafen von Agios Nikolaos, wo das kanadische Schiff Tahrir ihren Bewachern entkommen konnte. Teilnehmer der Flottille hatten mit ihren Kajaks die Schiffe der Küstenwache so blockiert, dass die Tahrir den Hafen von Agios Nikolaos verlassen konnte. Ein Sonderkommande der griechischen Marine nahm daraufhin die Verfolgung auf und enterte das Schiff unter Einsatz von Wasserkanonen. Erste Berichte sprechen von "schweren Schäden" am kandadischen Boot. Nun liegt das Schiff wieder im Hafen von Agios Nikolaos, und der Bootsbesatzung ist es untersagt das Schiff zu verlassen. Die Tahrir ist zum Gefängnis geworden. Als das Schiff in den Hafen hinein geschleppt wurde, ist es von einer Menge Einheimischer empfangen worden, die den Aktivistinnen applaudierten.

ImageAuch wir hier in Korfu merken überall, dass die Sympathie der Menschen in Griechenland auf unserer Seite ist und dass sie das Vorgehen "ihrer" Regierung gegen die Gaza Flottille zutiefst verachten. So wurden wir heute zu einer Versammlung auf einem zentralen Platz in Korfu eingeladen. Aktivistinnen aus Österreich Italien, Deutschland, Malaysia und Belgien berichteten unter dem Beifall und Jubel vieler GriechInnen über das Anliegen unserer Flottille. Sobald der Name "Papandreou" erwähnt wurde, hallten laute Buhrufe über den Platz. Hier, wie in so vielen Ländern derzeit, ist spürbar, dass die Regierung, die nach der Pfeife von EU und IWF tanzt, nicht mehr die Bevölkerung repräsentiert. Besonders großer Jubel kam auf, als berichtet wurde, dass es 3 Schiffen bereits gelungen sein dürfte internationale Gewässer zu erreichen.

Morgen wir für uns ein entscheidender Tag werden. Wir werden erfahren, ob wir die Genehmigung zum Auslaufen erhalten oder die Blockade von Gaza auch den Hafen von Korfu erreicht hat. 


3. Juli 2011

ImageGross ist auch die Empoerung unter den Bordmitgliedern des US-amerikanisches Schiffes darueber, dass sie am Auslaufen gewaltsam gehindert wurden und ihr Kapitaen nun im griechischen Gefaengnis sitzt. An Bord der "Audacity of Hope" ist auch die 86-jaehrige juedische Holocaust-Ueberlebende Heidi Epstein. "Es tut mir leid, ich bin veraergert, dass wir nicht auslaufen koennen", erklaert sie gegenueber den Medien: "Wenn ich ueberall auf der Welt hingehen kann, warum nicht nach Gaza? Weil die Israeli nicht wollen, dass ich das tue? Das ist kein guter Grund fuer mich." US Amerikanische Teilnehmer der Flottille traten heute vor der amerikanischen Botschaft in Athen in einen Hungerstreik um für die Freilassung des Käptens und die erlaubnis der Schiffe zu demonstrieren. Heute wurde auch das Spanische Schiff Gernika, als sie aus dem Hafen von Hania, auf Kreta, Richtung Gaza aufbrechen wollte von der Küstenwache gewaltsam daran gehindert.

Mittlerweile wird unser Anliegen, die Blockade zu durchbrechen, auch von der Bewegung am Syntagma-Platz gegen das EU-Paket aufgegriffen. Heute abend fand dort eine Demonstration tausender Menschen zur Unterstuetzung der free-Gaza-Bewegung und unserer Flottille statt. Der griechische Sprecher der Flottille Vangelis Pissias, hat die Regierung in Athen davor gewarnt, Griechenland "in ein zweites Gaza zu verwandeln."

Auch auf einem zweiten Platz auf dem in letzten Monaten Geschichte geschrieben wurde, dem Tharirplatz in Kairo finden in den letzten Tagen immer wieder Kundgebungen und Demonstrationen statt, um die Gaza Flottille zu unterstützen.

ImageWir haben jetzt am Abend gleich wieder das naechste Treffen, um darueber zu beraten, wie wir darauf reagieren wollen, dass die griechische Regierung nun die Gaza-Gefaengniswaerterrolle uebernommen hat und uns im Hafen faktisch einsperrt. Tagsueber kommen nun immer oefter Einheimische und TouristInnen beim Schiff vorbei, um uns ihre Anerkennung fuer unsere Mission auszudruecken und alles gute für die Mission zu wünschen. Wir spueren hier sehr viel internationale Solidaritaet.

 

Image1:30h: Ich bin gerade bei meiner Wachschicht auf der Stefano Chiarini, und erfahre soeben, dass die 8 Amerikaner die vor der US Botschaft in Hungerstreik getreten sind, nun ebenfalls inhaftiert wurden: Es wird immer unfassbarer wie demokratische Rechte mit Füßen getreten werden, um unsere Flottille aufzuhalten.

 

 

 


2. Juli 2011

ImageDie Empörung unter den AktivistInnen über die griechische Regierung ist groß. Sie hat für die israelische Armee die Rolle des Gefängniswärters von Gaza übernommen und verhindert das Auslaufen der Schiffe der Flottille - gegen internationales Recht, gegen das Recht auf Bewegungsfreiheit. "Eine Schande", urteilt der schwedische Krimiautor und Flottille-Teilnehmer Hening Mankell. Damit sei es Israel gelungen, die illegale Blockade des Gaza-Streifens "outzusourcen." Der Kapitaen des US-amerikanischen Schiffs "Audacity of Hope", das gewaltsam gestoppt wurde, sitzt einstweilen in Piraues im Arrest, wo ihn nächste Woche ein Schnellverfahren erwartet. Vorgeworfen wird ihm unter anderem der Transport "verbotener Güter". Als solche gelten für Israel - und nun auch offensichtlich für Griechenland - so höchst gefährlich Güter wie Zement, Medikamente und Düngemittel. Griechenland hat aufgehört ein souveräner Staat zu sein: Nicht nur die Wirtschaftspolitik, auch die Außenpolitik wird mittlerweile von der EU diktiert. Dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung sowohl der unsozialen Sparpakete als auch die Gaza-Blockade, spielt für das EU-hörige Establishment keine Rolle.

Leo Gabriel, Filmemacher und Teilnehmer der oesterreichischen Delegation, schlägt einen Text für eine Protestdeklaration an die griechische Regierung vor, die von den Teilnehmern unseres Schiffes unter grossem Applaus angenommen wird und nun auch auf den anderen Schiffen diskutiert wird. In vielen Staaten finden mittlerweile Protestaktionen vor den griechischen Botschaften statt. Die oesterreichischen Teilnehmer der "Stefano Chiarini" rufen auch die Menschen in Österreich auf, Mails an die griechische Botschaft in Wien zu schicken, um gegen die skandaloese Vorgehensweise der griechischen Regierung zu protestieren und die Erlaubnis fuer das Auslaufen der Schiffe zu fordern. Hier ein Textvorschlag von uns fuer ein solches Protestmail:

LASST DIE GAZA-SCHIFFE ZIEHEN!

Sehr geehrter Herr Botschafter,

Israels Blockade des Gaza-Streifens verstößt gegen Menschenrecht und Völkerrecht. Diese Blockade ist damit genauso illegal wie der Versuch, die Gaza/Flottille an der Überwindung dieser Blockade zu hindern. Wir sind empört, dass die griechische Regierung nun die Schiffe der Flottille gewaltsam daran hindert, die griechischen Häfen Richtung Gaza zu verlassen. Die Entscheidung der griechischen Regierung widerspricht nicht nur dem Völkerrecht, sondern macht die Regierung Papandreou zu einem Komplizen der Unterdrückung Palästinas durch die israelische Armee. Wir fordern die griechische Regierung daher auf, die Schiffe der Gaza-Flottille sofort ausfahren zu lassen.

Mit freundlichen Grüßen

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 1. Juli 2011

ImageDie Ereignisse haben sich in den letzten 24 Stunden überstürzt. Gestern beim Besuch des israelischen Außenministers Lieberman in Österreich verlor Spindelegger kein Wort der Kritik über die illegale Blockade Gazas. Vielmehr versicherte er Lieberman, man habe die österreichischen AktivistInnen der Free-Gaza Flottille aufgefordert "davon Abstand zu nehmen". Man habe sie aber "letztlich nicht verhindern können".


ImageUnd heute kam es in Griechenland zum Knalleffekt: Als das amerikanische Schiff aus Athen auslaufen wollte, wurde es von den griechischen Behörden mit Waffengewalt daran gehindert. Das griechische Außenministerium liess verlautbaren, das keines der Schiffe nach Gaza auslaufen dürfe. Die illegale Blockade Gazas wird damit auf Griechenland ausgedehnt.
Sowohl die klägliche Haltung von Außenminister Spindelegger als auch die Exekutierung der Gaza-Blockade durch die griechische Regierung sind zwei Seiten einer Medaille. Diese Medaille heißt EU Außenpolitik und trägt eine deutliche deutsche Handschrift. Denn Deutschland ist mittlerweile nach den USA  zum zweitgrößten Waffenlieferanten Israels aufgestiegen. Und keine Regierung in der EU unterstützt die Israelische Politik so bedingungslos wie Merkel und Co. Das österreichische Außenministerium ist seit dem EU Beitritt ohnehin mehr und mehr zum Postboten des deutschen Außenamtes verkommen, und Griechenland steht spätestens seit der tiefen Finanzkrise weitgehend unter deutscher und EU-Vormundschaft. Man kann mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass der Zuruf zur Durchsetzung der Gaza Blockade in den griechischen Häfen aus Brüssel und Berlin erfolgte. Mit der Annahme der EU Finanzhilfe und den dadurch einzuhaltenden Auflagen zur Kreditrückzahlung, hat Griechenland auch seine Fähigkeit souverän Entscheidungen zu treffen verlohren.

Bei aller Kritik an der israelischen Politik sollte wir sehen, dass der Schwanz nicht mit dem Hund wedelt. Die agressive israelische Politk ist nur möglich, weil sie von den westlichen Großmächten mitgetragen und angetrieben wird. Israel dient den USA und der EU als westlicher Vorposten in einer strategisch entscheidenden Region (Erdöl, Schifffahrtsrouten). Der ständige Spannungszustand und die offene Feindseligkeit mit den arabischen Nachbarn ist dabei durchaus gewollt. Denn das hält Isreal in Abhängigkeit von westlicher Wirtschafts- und Militärhilfe. Deshalb druecken die westlichen Grossmaechte bereitwillig alle Augen zu, wenn Israel Voelkerrecht und UNO-Resolutionen mit Fuessen tritt. Besatzung und Blockade von Palästina schüren diese permanente Spannung und Feindseligkeit. Unser Flottille zur Überwindung der Blockade von Gaza ist daher nicht nur eine Mission für die notleidenden Menschen in Gaza, sondern auch eine Mission um einen riesigen Stolperstein für Frieden und Versöhnung in der Region aus dem Weg zu räumen. Diese Flottillie ist - wie es der berühmte schwedische Autor Henning Mankell bei der Auftaktpressekonferenz der Fottille in Athen betont hat - "eine Friedenserklärung" an die Menschen in Israel . Denn nichts gefährdet Israel und die dort lebenden Menschen mehr als diese fortgesetzte Unterdrueckungspolitik durch Blockade, Besatzung und Krieg. 

ImageIn der Nacht gabe es offensichtlich einen Versuch, auch unser Schiff, die "Stefano Chiarini", zu sabotieren. Ein Schnellboot naeherte sich nach 4 Uhr in der Frueh, verdaechtige Wasserblasen stiegen in der Naehe des Schiffs auf, eigenartige Geraeusche am Schiffsrumpf. Unsere erhoehte Wachsamkeit nach den Sabotageangriffen auf zwei Schiffe zuvor duerfte sich bezahlt gemacht haben. Nicht zuletzt der oesterreichische Fottille-Teilnehmer Fernando Romero Forsthuber hatte Augen und Ohren offen gehabt und rechtzeitig die Kuestenwache verstaendigt. Ein Tauchgang in der Frueh ergab, dass es zu keine Schaeden gekommen ist.


30.6.2011

Die israelische Regierung hat angekündigt „alles zu tun, um die Free Gaza Flottille aufzuhalten“. Das scheint sich zu bewahrheiten, noch bevor die Schiffe in See stechen. Heute Vormittag hat Paul Murphy (EU-Parlamentsabgeordneter und Mitglied der irischen Delegation) berichtet, dass das irische Schiff ebenfalls durch einen Sabotageanschlag außer Gefecht gesetzt wurde. Das besonders heimtückische daran: Wäre der Schaden nicht bei einer Probefahrt entdeckt worden, sondern bei hoher Geschwindigkeit auf See aufgetreten, wäre das Schiff gesunken, da die Schiffschraube ins Innere des Schiffes gerast wäre. Paul Murphy spricht angesichts der Umstände – auch auf dem anderen Schiff wurde eine aehnliche Art von Sabotage verursacht - von „überwältigender Wahrscheinlichkeit“, dass es sich um einen israelischen Anschlag handelt. Ein Sinken des Schiffes auf hoher See hätte „das Leben aller Bordmitglieder gefährdet“, betonte Paul Murphy. Die irische Delegation bezeichnet diese Sabotage daher auch als „einen Akt des internationalen Terrorismus.“

Wie sehr müssen sich die israelischen Machthaber vor uns fürchten, wenn sie zu solchen kriminellen Methoden greifen.


29.6.2011

ImageDie israelische Öffentlichkeit wird derzeit offensichtlich auf einen gewaltsamen Einsatz auf gegen die Free Gaza-Flottille eingestimmt. So berichten israelische Medien, dass Geheimdienstquellen behaupten die FlottilleaktivistInnen wollten "das Blut israelischer Soldaten" vergießen. An Bord der Schiffe würden sich außerdem entflammbare Chemikalien befinden, mit denen die Soldaten bekämpft werden sollen. Man kann sich kaum eine dreistere und zynischere Verdrehung der Wirklichkeit vorstellen:

Jener waffenstarrende Militärapperat der von US und EU-Staaten Jahr für Jahr um viele Milliarden Waffen geliefert bekommt, der 2008/09 bei der Aktion "Gegossenes Blei" 1400 BewohnerInnen des Gazastreifens (davon die Mehrzahl ZivilistInnen) regelrecht massakriert hat, der seit 5 Jahren im wahrsten Sinne des Wortes eine mörderische Blockade aufrecht hält (hunderte von Bewohnern des Gazastreifens starben bereits, weil sie aufgrund der Blockade keine rechtzeitige medizinische Versorgung erhielten), der seit 44 Jahren das Westjordanland rücksichtslos besetzt hält, der im vergangenen Jahr neun AktivistInnen der Free Gaza Flottille getötet hat, dieser Gewaltapperat beschuldigt Menschen der Gewaltätigkeit, die mit humanitären Gütern den Gazastreifen erreichen wollen und mit absolut friedlichen Mitteln ein Ende der Blockade fordern. Die OrganisatorInnen der Flottille haben die UNO eingeladen, die Gueter ueberpruefen zu lassen.

Warum wird von der israelischen Regierung eine solche Gräuelpropaganda lanciert? Um sich selbst wieder einen Freibrief für äußerste Brutalität beim Stoppen der Flottille auszustellen?

Morgen wird der israelische Außenminister Lieberman bei Außenminister Spindelegger zu Gast sein. Spindelegger hat sich im April dieses Jahres für ein Ende der Blockade ausgesprochen, gleichzeitig bedroht aber sein Ministerium die österreichischen Teilnehmer der Gaza Flotte mit konsularischen Gebühren bis zu 50.000 Euro. Morgen muss sich der österreichische Außenminister entscheiden, ob seine Aussagen für ein Ende der Blockade von Gaza reine Lippenbekenntnisse sind oder nicht. Er muss klare Worte gegenüber dem rassistischen Scharfmacher Lieberman finden. Viele Augen sind auf ihn gerichtet. 


28.6.2011 

ImageIn Griechenland hat der Generalstreik begonnen und auch die Auseinandersetzung um die Free Gaza- Flottille hat sich hier zugespitzt. Die panischen Reaktionen der israelischen Regierung zeigen, wie sehr diese gewaltfreie Aktion zur Überwindung der Blockade von Gaza diese mächtige Militärmaschinerie beunruhigt. Mit allen Mitteln wird versucht, das Insee-Stechen der Flottille zu verhindern:

  • Versicherungsgesellschaften werden unter Druck gesetzt die Schiffe nicht zu versichern
  • über die EU wird Griechenland erpresst, das Auslaufen der Schiffe zu verhindern
  • die US-Regierung droht den US-Bürgern, die sich an der Flottille beteiligen wollen Strafen an. Bei Verletzungen wollen US-Krankenversicherungsgesellschaften nicht fuer die Behandlungskosten aufkommen
  • letzter Akt: Gestern wurde ein Schiff der Flottille durch einen Sabotageakt schwer  beschädigt.

Das alles bestärkt uns umso mehr nicht aufzugeben. Die Flottille und ihr Ziel - das friedliche Durchbrechen der völkerrechtswidrigen und unmenschlichen Blockade - werden sich nicht aufhalten lassen!


27.6.2011

In den letzten beiden Tagen in Athen haben wir uns intensiv darauf vorbereitet, was passieren kann, wenn das israelische Militär die Schiffe wieder gewaltsam stürmt. Unser oberstes Prinzip: Gewaltfreiheit. Genau diese Gewaltfreiheit macht den israelischen Machthabern aber offensichtlich am meisten zu schaffen. Das zeigen die hysterischen Reaktionen der israelischen Regierung, die die Teilnehmer der Flottille in ein terroristisches Eck rücken will und wieder mit Gewalt gegen jene Menschen droht, die mit gewaltfreien Methoden diese völkerrechts- und menschenrechtswidrige Blockade überwinden wollen. Im vergangenen Jahr erschossen israelische Soldaten neun Flottillen-Teilnehmer, als sie die Schiffe in internationalen Gewaessern enterten. Leute, die im vergangenen Jahr dabei waren, haben beim gestrigen Meeting von regelrechten Exekutionen berichtet. So wurde ein Kamera-Mann per Kopfschuss getötet, da er weiterfilmte. Die Flottille in diesem Jahr ist auch ein Zeichen, dass diese Politik der Einschüchterung nicht funktionieren darf.

Heute Abend sind wir von der großen US Amerikanischen Delegation zu einem sehr anregenden und freundschaftlichen Beisammensein eingeladen worden. Viele TeilnehmerInnen der amerikanische Delegation sind Juden und Jüdinnen, darunter auch eine über 80jährige Holocaust-Überlebende.