Rede von Boris Lechthaler, Solidarwerkstatt Österreich, bei der Palästina-Demo am 12.10.2025 in Linz.

Sumud ist ein arabisches Wort. Es bedeutet Standhaftigkeit, bedeutet Ausdauer, Widerstandsfähigkeit. Sumud ist eine politische Strategie, Widerstand über Jahrzehnte aufrechtzuerhalten. Sumud bedeutet trotz aller Widrigkeiten, trotz Hunger, Zerstörung und Unterdrückung,  die eigene Würde zu verteidigen und das Leben fortzuführen.

Sumud hatten die Zionisten nicht auf ihrer Rechnung, als sie vor fast 80 Jahren begannen, Palästina gezielt ethnisch zu säubern. Sie dachten dieses Verbrechen werde rasch dem geschichtlichen Vergessen anheimfallen. Sumud hat das verhindert.

Dieses Sumud hatten sie auch nicht auf dem Plan, als sie vor zwei Jahren begannen, Gaza, Khan Younis, Rafah dem Erdboden gleich zu machen. Auch nicht, als sie begannen,  die palästinensische Bevölkerung auszuhungern, als sie ankündigten, dieses Territorium vollständig zu besetzen.

Endlich gibt es jetzt einen Waffenstillstand. Mit allen Menschen, nicht nur in Palästina, sondern auf der ganzen Welt hoffen wir, dass der Waffenstillstand hält und es zu einem dauerhaften Frieden kommt. Es ist der US-amerikanische Präsident, Donald Trump, der sich dafür den Lorbeerkranz aufsetzen will. Richtig ist, dass die USA in den letzten Tagen enormen Druck auf das zionistische Regime in Israel ausgeübt haben, einer Vereinbarung zuzustimmen. Woher kam dieser Meinungsumschwung der US-Regierung? Einer Regierung, die noch vor wenigen Wochen von der Umsiedlung der Palästinenser und Palästinenserinnen fabulierte, um im Gazastreifen, eine „Rivera des Nahen Ostens“ zu etablieren. Es war die Angst des Big Business. Es war die Angst die lukrativen Geschäfte mit den arabischen Regimes zu verlieren, wenn sie an der bedingungslosen Unterstützung des Völkermords im Gazastreifen festhalten, die ein Umdenken bewirkte.

Meines Erachtens ist es nicht der US-Präsident, der sich einen Lorbeerkranz verdient. Meines Erachtens sind es die Palästinenserinnen und Palästinenser im Gazastreifen, im Westjordanland, in Israel,  deren Häupter einen Lorbeerkranz verdient. Es ist ihr Sumud, ihr Widerstand, der den Weg zum Frieden öffnet.

Bedenken wir eines: Die Sache der Palästinenserinnen und Palästinenser ist nicht nur ihre Sache. Mit ihrem Kampf für ein Leben in Würde, für Freiheit und gleiche Rechte für alle Menschen, kämpfen sie für eine Welt, in der Unrecht nicht zu Recht werden darf. Sie kämpfen auch unseren Kampf. Deshalb stehen wir hier in Linz Seite an Seite mit Ihnen.

Der palästinensische Widerstand und auch unsere Solidarität mit diesem Kampf wird immer wieder als antisemitisch denunziert. Heute jedoch gehen bekennende rechstextreme, rassistische Schläger bei der israelischen Regierung ein und aus. Manche von diesen Figuren haben ihren Antisemitismus nur notdürftig verdeckt, manche haben ihn einfach durch einen atavistischen Antiislamismus ersetzt.

Die Solidarwerkstatt Österreich steht fest in der Tradition des Kampfes gegen den Antisemitismus. Im § 2 unseres Status heißt es: „Wir achten den durch Verbotsgesetz und Staatsvertrag festgeschriebenen antifaschistischen Verfassungsauftrag und fühlen uns jenen ÖsterreicherInnen verpflichtet, die für ihr Eintreten gegen die nationalsozialistische Willkürherrschaft ermordet wurden.“ 

Heute möchte ich ergänzen: Wir fühlen uns auch dem palästinensischen Volk verpflichtet, das mit seinem Kampf für Freiheit und Würde für alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, unabhängig von ihrem Geschlecht, unabhängig von ihrer Religion, auch unseren Kampf führt. Wir fühlen uns auch besonders jenen jüdischen Menschen verpflichtet, die mutig gegen ihre Instrumentalisierung durch den Zionismus auftreten.

Dieser Kampf ist noch lange nicht zu Ende. Wir hoffen inständig, dass die Gewalt endet.

Wir wissen aber auch, dass es bis zu einem Palästina für alle Menschen noch ein langer Weg ist. Wir wissen, dass unser Kampf für ein Österreich, das nicht mit Rassisten und Unterdrückern kungelt, das solidarisch, friedensstiftend und neutral ist, noch ein langer Weg ist.

Und so bleibt mir nur noch eines zu sagen:

Sumud!