Vor 24 Jahren setze die NATO gegen die Bundesrepublik Jugoslawien Munition mit abgereichertem Uran (Depleted Uranium DU) ein. Die langfristigen Folgen sind verheerend und noch nicht endgültig absehbar- auf Wiedergutmachung warten die Menschen noch immer. Ein mutiger serbischer Anwalt kämpft nun für Gerechtigkeit und verklagt die NATO-Staaten.
Als die NATO am 24.März 1999 die damalige Bundesrepublik (Serbien&Montenegro) völkerrechtswidrig überfiel und 78 Tage lang bombardierte, setzte sie auch, wie bereits vorher in kleinerem Umfang 1995 in Bosnien und Herzegowina und 2003 im Irak, DU-gehärtete Geschosse ein. Ungefähr 10-15 Tonnen DU-Munition wurden seitens der NATO, besonders seitens der US-Luftwaffe, gegen jugoslawische Ziele eingesetzt. Die DU-Munition ist ein Nebenprodukt der Atomindustrie und wird in erster Linie als panzerbrechende Waffe eingesetzt, da sie durch die DU-Härtung besonders leicht Panzer und gepanzerte Fahrzeuge durchdringt. Beim Eindringen in die Panzerung wird durch die extreme Reibung radioaktiver Staub freigesetzt, der in den Boden und ins Grundwasser sickert. Damit werden die Einsatzgebiete auf lange Zeit radioaktiv verseucht, was sich direkt auf die Nahrungsmittel und die Gesundheit der Bevölkerung, auf Generationen, auswirkt.
Man nimmt an, dass aufgrund mangelnder militärischer Ziele (die jugoslawischen Streitkräfte versteckten Panzer und Fahrzeuge in unterirdischen Kavernen und täuschten die Angreifer oft mit aufblasbaren Gummiattrappen), diese Munition auch gegen infrastrukturelle Ziele eingesetzt wurde.
„Balkan-Syndrom“
Das Thema poppte in den letzten 20 Jahren auch mehrmals in internationalen Medien auf. Immer dann nämlich, wenn Soldaten der NATO-Kfor-Truppe nach Ihrer Dienstzeit im Kosovo an Symptomen des sogenannten „Balkan-Syndroms“ litten. Einige sind lebenslang geschädigt, etliche sind auch an Krebs gestorben. Besonders auffällig war das „Balkan-Syndrom“ bei italienischen Veteranen. Eine Anfrage der Solidarwerkstatt Österreich beim Bundesministerium für Landesverteidigung im Jahr 2011 brachte nur eine lapidare Antwort, dass über Details zu Auslandseinsätzen des österreichischen Bundesheeres keine Auskünfte gegeben werden können. Gibt es auch Österreicher, die vom „Balkan-Syndrom“ betroffen sind und soll das verheimlicht werden?
Mehr noch als die Kfor-Truppe im Kosovo ist die dauernd vor Ort lebende Zivilbevölkerung, sowohl im Kosovo, als auch in anderen Gebieten Serbiens betroffen. Besonders in Südserbien stieg die Krebsrate in den letzten 20 Jahren stark an und es kam zu einer sichtbaren Zunahme von Missbildungen bei Neugeborenen.
Recht auf Leben durchsetzen
Anlässlich des 24. Jahrestags der NATO-Aggression meldete sich die serbische Gesundheitsministerin, Dr. Danica Grujičić in mehreren serbischen Medien zu Wort: „Wir dürfen die Auswirkungen der chemischen Verschmutzung (durch die NATO-Angriffe, Anm.) nicht vergessen, ganz zu schweigen von abgereichertem Uran“. Grujičić wies darauf hin, dass „die Tumore immer aggressiver“ werden würden.
Im Büro von Dr. Srdjan Aleksić stapeln sich Dossiers, die von den Opfern der DU-Munition erzählen. Hunderte Fälle sind schon durch seine Hände gegangen. Aleksić ist Anwalt in der südserbischen Stadt Niš und beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit diesen Folgen der NATO-Aggression. Dr. Aleksić war auch bei der alljährlichen Gedenkkundgebung am 24.März 2023 in Wien zu Gast und unterstrich dort: „Es geht darum, das Recht auf Leben gegen die Verursacher dieses Sterbens, gegen die NATO-Länder, durchzusetzen.“
Darum bereitet er gerade Sammelklagen gegen die NATO-Länder vor, um für die Opfer späte Gerechtigkeit zu erstreiten. Dass nun im aktuellen Ukraine-Krieg Großbritannien die Ukraine mit DU-Munition unterstützen könnte, hält Dr. Aleksić für einen „unvorstellbaren Vorgang“.
Die bisherige Arbeit von Dr. Aleksić wird im Doku-Film „Uran 238- moja priča“ (Uran 238 - Meine Geschichte) dargestellt. Der Film ist auf youtube auch in englischer Fassung abrufbar.
Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) bezeichnet abgereichertes Uran als „chemisch und radiologisch toxisches Schwermetall“. Wir werden über den weiteren mutigen Kampf von Dr. Aleksić für Gerechtigkeit und Sühne berichten.