Auch wenn vorläufig wieder eine brüchige Waffenruhe herrscht: Die Angriffe Israels und der USA auf den Iran haben zur weiteren Eskalation der Konflikte im Nahen Osten beigetragen und das Völkerrecht schwer beschädigt. Der Drang, in den Besitz von Atomwaffen zu gelangen, um nicht zur Zielscheibe westlicher Kriegsschläge zu werden, wird zunehmen. Eine massenvernichtungswaffenfreie Zone im Nahen Osten, ein Ziel, das bislang von Israel verhindert wurde, ist dringender denn je.


Tagelang griff Israel den Iran an. Im „Einsatz Mitternachtshammer“ warfen die USA in der Nacht von Samstag und Sonntag schließlich bunkerbrechende Bomben auf die Atomanlagen in Fordo, Natans und Isfahan ab. Diese Angriffe sind völkerrechtswidrige Kriege, die das Gewaltverbot in den internationalen Beziehungen – eine Fundamentalnorm des Völkerrechts - verletzen. Zudem haben sie die Diplomatie unglaubwürdig gemacht: Iran hatte zunächst Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten geführt, bis sie durch Israels Angriff gegenstandslos wurden, dann Verhandlungen mit den drei größten Staaten Westeuropas, bis der US-Überfall am gestrigen Sonntag ihnen ebenfalls die Grundlage entzog.

US-Geheimdienste: „Iran baut keine Atomwaffen.“

Als Begründung für diese Angriffe wird angegeben, dass der Iran unmittelbar vor der Entwicklung von Atomwaffen gestanden hätte. Selbst die US-Geheimdienste widersprechen dem. In der Gefahrenanalyse der Direktorin der National Intelligence der Vereinigten Staaten, Tulsi Gabbard, vom 26. März 2025, heißt es zum Beispiel: „Der IC (Intelligence Community, US-Geheimdienste) geht weiterhin davon aus, dass der Iran keine Atomwaffen baut und der Oberste Führer Khomeini ein Atomwaffenprogramm nicht genehmigt hat, das 2003 ausgesetzt wurde.“ (1) US-Senator Chris Murphy teilte am Sonntag mit, er sei in der vergangenen Woche über die Kenntnisse der US-Dienste informiert worden; demnach sei Iran der Herstellung einsatzfähiger Atomwaffen „nicht nahe“ gewesen (2). Vielmehr habe in den Verhandlungen zwischen den USA und Iran „Aussicht auf Erfolg“ bestanden. Das deckt sich auch mit den Einschätzungen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), die zwar Verstöße des Irans gegen Auflagen des Atomwaffensperrvertrags jüngst rügte, aber weiter kein Atomwaffenprogramm im Land feststellen konnte.

Israel verhindert massenvernichtungswaffenfreie Zone im Nahen Osten

Der einzige Staat, der im Nahen Osten über Atomwaffen verfügt ist Israel. Der Iran und arabische Staaten machen sich im Rahmen der UNO immer wieder für eine massenvernichtungswaffenfreie Zone im Nahen Osten stark. Diese scheitert immer wieder an Israel, das sich weigert, dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten und die Atomwaffenfreiheit im Nahen Osten torpediert.

Die USA, die größte Atomwaffenmacht der Welt (jährliches Militärbudget 997 Milliarden US-Dollar), und Israel, die einzige Atommacht im Nahen Osten (jährliches Militärbudget 46,5 Milliarden US-Dollar) fallen über den Iran (jährliches Militärbudget 7,9 Milliarden US-Dollar) her, weil sie sich von seiner - vermeintlichen - Absicht bedroht fühlen, er könnte Atomwaffen bauen. Die EU stimmte diesem völkerrechtswidrigen Krieg zu. Der deutschen Kanzler Friedrich Merz applaudiert dem Krieg und lobt Israel dafür, „die Drecksarbeit für uns zu machen“. Tatsächlich ist dieser Krieg eine Machtdemonstration: gegenüber einem Staat, der sich nicht dem Westen unterordnet, und gegenüber der Staatengemeinschaft, dass für die Starken das Faustrecht und nicht das Völkerrecht gilt.

Der Iran und andere Länder werden wohl die Lehre ziehen: Ins Fadenkreuz der westlichen Militärmacht gerät, wer nicht über atomare Bewaffnung verfügt. Der Drang, in den Besitz der Bombe zu gelangen, wird durch diesen Krieg enorm angeheizt. Ellie Geranmayeh vom European Council on Foreign Relations: „Obwohl Trump die nukleare Bedrohung durch Iran hat ausschalten wollen, hat er es nun viel wahrscheinlicher gemacht, dass Iran eine Atommacht wird“. Um dem entgegenzutreten, ist die UN-Ziel einer massenvernichtungswaffenfreien Zone im Nahen Osten heute dringender denn je.

Wut auch bei Opposition im Iran

Auch für die Opposition im Iran, die gegen das autoritäre Regime kämpft, ist dieser Angriffskrieg fatal, dem hunderte ZivilistInnen zum Opfer gefallen sind. Berichte deuten darauf hin, dass auch bei der iranischen Opposition, die zuletzt immer wieder energisch gegen die Regierung in Teheran protestierte, enorme Wut über die israelischen und amerikanischen Angriffe herrscht. Solmaz Khorsand, österreichische Buchautorin mit iranischen Wurzeln: „Jene, die beständig für die Freiheit und Demokratie im Iran kämpfen, haben immer davor gewarnt:  Ein Krieg wird jede Demokratiebewegung im Keim ersticken. Nichts lässt sich in einem derartigen Klima organisieren“ (2).

Unsere Losungen müssen daher sein: Hände weg von Iran! Schluss mit völkerrechtswidrigen Kriegen! Massenvernichtungswaffenfreie Zone im Nahen Osten! Stopp den Genozid in Gaza - sofortiger und dauerhafter Waffenstillstand in Gaza! Gleiche Rechte für alle Menschen im historischen Palästina! Keine Rüstungsgeschäften und Militärkooperationen mit Israel! Dafür muss sich die österreichische Regierung einsetzen - statt weiterhin Kumpanei bei Genozid und Bruch des Völkerrechts zu leisten. Gehen wir dafür auf die Straße!

Demonstrationen der Palästina Solidarität Österreich:

  • Freitag, 27. Juni: Graz, 17 Uhr, Lendplatz
  • Freitag, 27. Juni: Linz, 16 Uhr, Volksgarten/Musiktheater
  • Samstag, 28. Juni: Wien, 15 Uhr, Christian-Broda-Platz (Westbahnhof)
  • Sonntag, 29. Juni: Salzburg, 14 Uhr, Hauptbahnhof

Anmerkungen:

  1. Zit. nach Telepolis, 20.6.2025
  2. Newsticker, nytimes.com 22.06.2025
  3. Standard, 18.6.2025