Javier Milei ist im Vorjahr zum Präsidenten Argentiniens gewählt worden. Der selbst ernannte „Anarcho-Kapitalist“ und identitäre Klimaleugner verbindet geradezu idealtypisch Neoliberalismus und Rechtsextremismus. Und er ist „für den zügigen Abschluss des EU-Mercosur Freihandelsabkommen." Da kann die „wertegeleitete Außenpolitik“ der EU kann wieder einmal Pause machen.


Milei rühmt sich, „das stärkste Strukturanpassung der Geschichte nicht nur Argentiniens, sondern der Menschheitsgeschichte“ durchzuführen. Tatsächlich betreibt er eine beispiellose staatliche Kürzungs- und Sparpolitik, die die sozialen Unterschichten und die Mittelschicht trifft. Die Streichung der Volksküchen für die Armen und Kindern und viele andere Maßnahmen haben innerhalb kurzer Zeit die ohnedies hohe Armutsrate von 44,7 Prozent 2023 im ersten Trimester 2024 auf 55,5 Prozent hinausgetrieben. Im Juni 2024 wurde eine Gesetzespaket mit radikale Lohn- und Rentenkürzungen, Privatisierung staatlicher Unternehmen, Förderung von ausländischen Investoren und extreme Steuererleichterungen für die Unternehmen und Wohlhabende nach heftigen Auseinandersetzungen mit knapper Mehrheit durch das Parlament gebracht. Proteste ließ er gewaltsam niederschlagen; Gewerkschaften, Menschenrechts-, Frauen- und Umweltgruppen bezeichnet er als „Terroristen“, Ende 2023 wurde das Versammlungs- und Demonstrationsrecht eingeschränkt.

Stargast der Rechtsextreme

Milei ist ganz nach dem Geschmack der extremen Rechten, auch in Europa. Bereits am 19. Mai war Milei in Madrid als Stargast einer Wahlkampfveranstaltung der rechtsextremen spanischen Partei VOX aufgetreten, gemeinsam mit Giorgia Meloni, Marine Le Pen und Viktor Orbán. Bei seinem Besuch im Juni in Deutschland verlieh ihm die Hayek-Gesellschaft die „Hayek-Medaille“, und würdigte ihn als „leuchtendes Beispiel für die Kraft liberaler Ideen in einem demokratischen Gemeinwesen“. Die Gesellschaft hält die Ideen von Friedrich August von Hayek (1899-1992) hoch, der den chilenischen Diktator Pinochet für die autoritäre Durchsetzung des Marktradikalismus lobte und ihn dabei unterstützte. Die Hayek-Gesellschaft gilt nicht nur als Vorfeldorganisation und Think-Tank-Organisation der FDP, sondern in wachsenden Maß auch der AFD. Führenden AFD-Politiker wie Beatrix von Storch und Peter Boehringer sind Mitglied der Hayek-Gesellschaft.

Empfang im deutschen Kanzleramt

Doch nicht nur rechtsaußen ist der autoritäre Ultra-Neoliberale Milei wohlgelitten. Auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz ließ sich nicht nehmen, Milei zu einem Treffen im Kanzleramt in Berlin zu empfangen. Der deutsche Regierungssprecher machte im Anschluss an die Gespräche, was Scholz und Milei verbindet: „Beide machten sich für den zügigen Abschluss der seit 25 Jahren andauernden Gespräche über eine Freihandelszone zwischen der Europäischen Union und dem südamerikanischen Staatenverbund Mercosur stark, dem neben Argentinien auch Brasilien, Uruguay und Paraguay angehören.“

Das EU-Mercosur-Freihandelsabkommen ist insbesondere im Interesse der deutschen Automobilkonzerne, um zollvergünstigt Verbrennerautos nach Lateinamerika exportieren zu können. Und der Chemiekonzerne wie z.B. Bayer, die zu niedrigeren Zollsätzen Pestizide nach Südamerika exportieren, die zum Schutz von Umwelt und Gesundheit in der EU zum Teil nicht zugelassen sind. Zugleich würde es den europäischen Zugang zu Rohstoffen wie Eisenerz, Bauxit, Kupfer und Lithium absichern, deren Abbau in ökologisch sensiblen Regionen immer wieder zu Umweltkatastrophen führt und Lebensgrundlagen lokaler Gemeinschaften zerstört. Während argentinische Präsident Alberto Fernández noch die Notbremse beim Freihandelsabkommen mit der EU zog, ist es nach dem Gusto seines Nachfolgers Milei. Da kann die „wertegeleitete Außenpolitik“ der EU kann wieder einmal Pause machen.

(August 2024)