Kunst in Zeiten des Terrorismus. BISO 2019, die internationale Skulpturenbiennale von Ouagadougou.
Günther Lanier, Ouagadougou, 13.11.2019.
Burkina durchlebt schwere Zeiten. Die Clique des Ende 2014 vertriebenen Langzeitdiktators und “islamistische“ Terroristen tun alles, um das Land zu destabilisieren. Insbesondere im Landesnorden lebt es sich überaus gefährlich: Nach hunderten terroristischen Angriffen und hunderten Toten – SoldatInnen und ZivilistInnen – gibt es mittlerweile nach offizieller Zählung eine halbe Million intern Vertriebener. Viele konnten heuer nicht anbauen oder mussten ihre bestellten Felder zurücklassen, können jetzt nicht ernten. In vielen noch nicht aufgegebenen Dörfern oder Kleinstädten haben die Schulen geschlossen, in manchen auch die Gesundheitszentren.
Ouagadougou war zwar drei Mal das Ziel massiver Terrorangriffe, doch hier in der Hauptstadt, in Bobo-Dioulasso, der zweitgrößten Stadt im Landeswesten, und in der südlichen und südwestlichen Landeshälfte geht der Alltag nahezu unverändert weiter.
So wurde am 8. Oktober auch die internationale Skulpturenbiennale von Ouagadougou (Biennale Internationale de la Sculpture de Ouagadougou/BISO) wie geplant eröffnet und hat an ihren mehreren Standorten noch bis übermorgen, den 15. November, offen. Es handelt sich um die allererste BISO-Ausgabe.
Die Biennale geht insbesondere auf die Initiative des burkinischen Fotografen Nyaba Léon Ouédraogo und des Franzosen Christophe Person, Verkaufsverantwortlicher für zeitgenössische afrikanische Kunst im Piasa-Kunst-Auktionshaus, zurück. Ihr Ehrenpräsident ist der jetzt 66-jährige burkinische Bildhauer Siriki Ky, bekannt insbesondere als Initiator des internationalen Skulpturen-Symposiums und somit auch des Skulpturenparks in Laongo, etwa 30 km östlich von Ouagadougou[2].
Es gab auch ein BISO-Begleitprogramm – drei Konferenzen zum Thema “Zeitgenössische Kunst und ihr Markt in Afrika“[3].
Ich schlage hier einen kurzen Foto-Rundgang durch die Rotunde des französischen Kulturinstituts (Institut français) von Ouagadougou vor, wo die internationale Skulpturenbiennale von Ouagadougou am 8. Oktober eröffnet worden ist. Freilich gibt es am Netz sehr viel mehr Fotos[4] und zum Teil auch Erklärungen. Derer bedarf es meines Erachtens bei Kunst nicht, sie ist nicht da, um verstanden, sondern um angeschaut zu werden – oder um be-griffen zu werden in seinem ursprünglichen Sinn.
In einer anderen Welt, der der Wörter, hat das Paul Celan einst konsequent praktiziert. Nach Bedeutungen seiner Verse befragt, las er sie abermals vor.
Königin Yennenga (auf Mooré: “Naapoakaa Yennega“) von Mamadou Ballo. In Abidjan geboren, meint Mamadou Ballo, die Erfindung der Zukunft beginne mit der Hochachtung der Natur.
“Anatopia“, das Sezieren afrikanischer Kunst, von Thiémoko Diarra, geboren 1974, Sohn einer Krankenschwester und eines Bildhauers, lebt in Bamako, Brüssel und Dakar.
“HTV 06“, eine der Eingeweidegeschichten (“Histoires de Tripes“) von Ghizlane Sahli.
Helena, aus der Mikrokosmos II-Serie aus 2018, Bronze auf hölzernem Sockel, Glas,50x20x30cm, von Dimitri Fagbohoun.
Statue aus verbrauchten Reifen von Issouf Diero, in Bobo-Dioulasso (Burkina Faso) geboren; er hat dort die “Rencontres Gnanamaya“ ins Leben gerufen, die “Treffen eines zweiten Lebens des Materials“.
Skulptur von Dimitri Fagbohoun, Spross einer beninisch-ukrainischen Familie, in Benin geboren, in Kamerun aufgewachsen, lebt in Cotonou, Paris, Brüssel.
“Die Rückkehr der eingeschlafenen Muse“ (“Le retour de la Muse endormie“) von Dimitri Fagbohoun.
“Zerbrechlichkeit, Identität, Autonomie“ (“Fragilité, Identité, Autonomie“) von Beau Disundi, 1993 in Kongo-Kinshasa geboren.
ORANT #5: Ein Kind bricht den Betonboden auf und pflanzt einen Karité-, einen Nere- und einen Bambus-Baum, von Beya Gille Gacha, Franko-Kamerunerin, Gewinnerin des BISO 2019-Preises; die blauen Perlen entstammen der Bamileke-Tradition.
[1] Das Banner der Biennale. Das dem Artikel vorangestellte Foto zeigt eine “Skulptur“ von Dimitri Fagbohoun. Alle Fotos des heutigen Artikels GL. Bis auf eines alle vom 7.11.2019.
[2] In dessen unmittelbarer Nähe auch Christoph Schlingensief sein Operndorf gegründet hat.
[3] Veranstaltet vom Institut d'études supérieures des arts/IESA arts&culture und vom Madiba Leadership Institute.
[4] Für einen Beginn z.B. auf der BISO-Facebook-Seite https://www.facebook.com/Biennale-Internationale-de-Sculpture-de-Ouagadougou-905888792915926/.
[5] Foto GL 17.10.2019.
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