Derzeit probt die rechte bis neofaschistische Opposition Venezuelas den Staatsstreich gegen eine Regierung, die den westlichen Großmächten seit langem ein Dorn im Auge ist. Österreich muss seine Stimme gegen Staatsstreich und imperialistische Intervention erheben!

 
Im Februar 2014 putschen rechte bis neofaschistische Kräfte gegen den gewählten Präsidenten der Ukraine, der den Westmächten ein Dorn im Auge war, weil er seine Unterschrift und das EU-Ukraine-Assoziationsabkommen verweigerte. Die neue Staatsstreich-Regierung erhielt umgehend die Unterstützung von EU und USA. Denn die Putschisten in Kiew versprachen umgehend, das EU-Ukraine-Assoziationsabkommen zu unterzeichnen, das westlichen Konzernen Tür und Tor öffnet und die Ukraine militärisch an die EU anbindet. Dieser Staatsstreich hat letztlich das Land gespalten, den Bürgerkrieg geschürt, die Verarmung weiter Bevölkerungsteile beschleunigt und rechtsextremen Kräften in der Ukraine enormen Auftrieb verliehen.

Ultarechter Oppositionsführer krönt sich selbst zum Präsidenten

Derzeit probt die rechte bis neofaschistische Opposition Venezuelas den Staatsstreich gegen eine Regierung, die den Westmächten seit langem ein Dorn im Auge ist. Der Oppositionsführer Juan Guaidó, Mitglied der ultrarechten Partei „Volkswille“, krönte sich selbst am 23. Jänner 2019 bei einer Demonstration vor seinen Anhängern zum neuen Staatsoberhaupt. Wenige Minute später anerkannte US-Präsident Donald Trump Guaidó als neuen Präsidenten Venezuelas und drohte mit einer US-amerikanischen Militärintervention zu seiner Unterstützung an, sollte der gewählte Präsident Maduro nicht freiwillig das Feld räumen. Auch die meisten EU-Staaten stellten sich umgehend auf die Seite der rechten Putschisten. Die deutsche Regierung drängt gemeinsam mit Frankreich, Großbritannien und Spanien auf eine rasche Anerkennung des Putschpräsidenten seitens der EU.

Der rechtmäßige Präsident Venezuelas, Nikolaus Maduro, der Mitte 2018 wiedergewählt worden war, antwortete rasch auf diesen Staatsstreich. Maduro forderte den US-Botschafter auf, innerhalb von 72 Stunden das Land zu verlassen, und verurteilte die Strategie der USA, eine „Marionettenregierung“ in Venezuela zu installieren, um das südamerikanische Land den Interessen transnationaler Konzerne auszuliefern. Maduro in einer Rede vor seinen Anhängern: "Sie schielen auf Öl, Gas und Gold. Aber wir sagen euch: Diese Reichtümer gehören nicht euch, sie gehören dem venezolanischen Volk und so wird es für immer bleiben.“ (1)

USA und EU-Staaten wollen Regime-Change in Caracas

Ähnlich wie in der Ukraine ist die rechte bis faschistische Opposition systematisch von den USA, aber auch von EU-Staaten unterstützt und finanziert worden. In Deutschland unterstützt insbesondere die CDU-nahe Konrad Adenauer-Stiftung seit langen Umsturzversuche gegen die linken Regierungen Venezuelas, z.B. beim – gescheiterten – Putsch gegen Hugo Chavez im Jahr 2002. Jährlich werden hohe Spenden an die rechtsgerichte Opposition Venezuelas verteilt.

Vieles spricht dafür, dass auch der jetzige Putschversuch eng mit westlichen Großmächten akkordiert und von langer Hand eingefädelt wurde. Nach einem Verhandlungsprozess mit der Opposition fanden im Mai 2018 Präsidentschaftswahlen in Venezuela statt. Maduro wurde im Mai 2018 als Präsident wiedergewählt. USA und EU ließen nichts unversucht, diese Wahl zu delegitimieren. Es war ihnen ein Ärgernis, dass sich gemäßigte Kräfte der Opposition um Henri Falcón (der von den Christdemokraten unterstützt wurde), an diesen Wahlen beteiligten. Denn Washington und Brüssel setzten nicht auf gemäßigte Kräfte, sondern auf die ultrarechten Kräften um Guaidó, die zum Wahlboykott aufriefen. Maduro wurde mit 68% der abgegebenen Stimmen gewählt. Die Wahlbeteiligung lag bei 46%. Das ist nicht berauschend; diese Wahlbeteiligung entspricht in etwa jener bei US-Wahlen und liegt etwas über jener bei den Wahlen zum EU-Parlament. Über die Abwicklung von Wahlprozessen in Venezuela meinte der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter, der mit seiner NGO, dem Carter-Center, des öfteren Wahlen begleitet, bereits früher: "Von den 92 Wahlen, die wir begleitet haben, würde ich sagen, dass es sich bei dem Wahlprozess in Venezuela um den besten der Welt handelt ... " (2).*) Die Präsidentschaftswahlen 2018 in Venezuela wurden von 350 intenationalen Wahlbeobachtern begleitet. Auch die EU wurde zur Wahlbeobachtung eingeladen, lehnte das jedoch ab. Offensichtlich war man von vornherein bestrebt, die Wahlen zu delegitimieren, um Guaidó einen Vorwand für den Staatsstreich zu liefern.

Bereits im September 2018 war berichtet worden, die Trump-Administration habe mit oppositionellen venezolanischen Militärs Gespräche über einen möglichen Putsch geführt (3). Im Internet kursieren Fotos von einem Auftritt Guaidós Anfang 2019 gemeinsam mit dem deutschen Botschafter in Caracas, Daniel Kriener (4).

„Störer der internationalen Ordnung“

Venezuela durchlebt eine tiefe wirtschaftliche und politische Krise. Deren Ursachen liegen wohl sowohl in Fehlern und Versäumnissen der venezulanischen Regierung als auch im andauernden Wirtschaftskrieg der USA (und seit Anfang 2018 auch der EU) gegen das südamerikanische Land, das seit dem Amtsantritt von Hugo Chavez im Jahr 1998 versucht, einen Weg aus der imperialistischen Bevormundung zu finden und die enorme soziale Ungleichheit im Land zu überwinden. Das hat dem „Chavismus“ von Anfang an den Hass der weißen Oberklasse im Inland und der westlichen Großmächte im Ausland eingetragen, die seither nichts unversucht lassen, um einen Umsturz zugunsten der ultrarechten Opposition zu erreichen. Dass Venezuela mit etwa 50 Milliarden Tonnen über die weltweit größten tatsächlich anzapfbaren Ölreserven (zum Vergleich Saudi Arabien: 34 Milliarden Tonnen) verfügt, befeuert diese Regime-Change-Politik. Der derzeit laufende Versuch eines Staatsstreichs gegen den gewählten Präsidenten stellt einen neuen Höhepunkt dieser imperialistischen Einmischungspolitik dar.

Vor einigen Jahren wurden in der Studie von zwei regierungsnahen deutschen Think-Tanks Venezuela und Kuba als „Störer der internationalen Ordnung“ auf dem lateinamerikanischen Kontinent gebrandmarkt, gegen die es möglich sein müsse, „militärische Gewalt anzuwenden oder zumindest glaubwürdig damit drohen zu können.“ (5) Das Säbelrasseln gegen diese beiden Länder rührt nicht zuletzt daher, dass Venezuela und Kuba die Motoren beim Aufbau von ALBA (6) gewesen sind, einem wirtschaftlichen und politischen Bündnis lateinamerikanischer Staaten, das dem brutalen Freihandel Solidarität und Kooperation auf Augenhöhe entgegensetzt. Als „Störer der internationalen Ordnung“ gilt, wer sich neoliberalen EU-Freihandelsverträge verschließt. Das brachte schon Jugoslawien, Libyen, Syrien und die Ukraine ins Fadenkreuz westlicher Interventionspolitik.

Hände weg von Venezuela!

Auch wenn es sicher viele Gründe gibt, mit der Politik der derzeitigen Regierung in Caracas unzufrieden zu sein: Die einzigen, die dazu befugt sind, darüber zu urteilen, sind die Venezulaner und Venezulanerinnen. Die Wahl Maduros ist daher anzuerkennen, wie immer man zu ihm politisch stehen mag. Die permanente Einmischungs- und Regime-Change-Politik des Westens muss gestoppt werden. Die Solidarwerkstatt ist solidarisch mit allen Kräften Venezuelas, die sich für einen souveränen, antiimperialistischen und demokratischen Kurs des Landes einsetzen.

Dass sich die EU sofort auf Seiten der Putschisten stellt und die österreichische Außenpolitik mehr oder weniger abtaucht, unterstreicht einmal mehr, wie wichtig eine eigenständige, auf der Neutralität beruhende Außenpolitik Österreichs wäre, die sich aus der Unterordnung von Brüssel und Berlin befreit. Nur so kann sich Österreich international gegen die Angriffe der Großmächte auf die Souveränität ihnen unliebsamer Staaten einsetzen und eine glaubwürdige Vermittlerrolle bei internationalen Konflikten einnehmen.

Die Solidarwerkstatt ruft deshalb zur Protestkundgebung am 1.2.2019 gegen Staatsstreich und Intervention in Venezuela auf (Wien, 18 Uhr, Treffpunkt: Haus der EU, Wipplingerstraße 35, 1010 Wien).

Wir fordern:
- Hände weg von Venezuela!
- Österreich muss seine Stimme gegen Staatsstreich und imperialistische Intervention erheben!

Vorstand der Solidarwerkstatt, 28.1.2019

Quellen:

  1. https://amerika21.de/2019/01/220807/venezuela-opposition-putschversuch
  2. https://amerika21.de/2018/05/201535/venezuela-wahlen-2018-praesident-opposit *) Wir sind ursprünglich irrtümlich davon ausgegangen, dass dieses Äußerung von Jimmy Carter anlässlich der Wahlen 2018 erfolgte, tatsächlich stammt diese Beurteilung aus dem Jahr 2012 und bezog sich auf die generelle Abwicklung von Wahlprozessen in Venezuela (Quelle: https://venezuelanalysis.com/news/7272).
  3. Ernesto Londoño, Nicholas Casey: Trump Administration Discussed Coup Plans With Rebel Venezuelan Officers. nytimes.com 08.09.2018.
  4. https://amerika21.de/2019/01/220807/venezuela-opposition-putschversuch
  5. Neue Macht, neue Verantwortung; Stiftung Wissenschaft und Politik, German Marshall Fund oft the United States, Berlin, September 2013
  6. Bolivarianische Allianz für die Völker unseres Amerika – Handelsvertrag der Völker (Alianza Bolivariana para los Pueblos de Nuestra América – Tratado de Comercio de los Pueblos, ALBA-TCP)