Bereits im Juli hat der EU-Rat beschlossen, eine Militärmission nach Mosambik zu entsenden, um dort die Armee, der schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden, bei der Niederschlagung von Aufständen zu unterstützen, die die Interessen des französischen Total-Konzerns an der Ausbeutung fossiler Brennstoffe gefährden.

Fünf afrikanische Länder haben Soldaten nach Mosambik geschickt, EU und USA assistieren mit „Militärberatern“. Es geht um ein riesiges Erdgasfeld, das sich in der nördliche Provinz Capo delgado befindet. Der Truppeneinmarsch wird mit dem Kampf gegen den „islamischen Terror“ gerechtfertigt. Experten bezeichnen jedoch die Verbindung zwischen der internationalen Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) und den Aufständischen vor Ort „höchstens als lose“. "Die wirkliche treibende Kraft dieses Konflikts hat viel mehr mit den Beschwerden der Bevölkerung zu tun", urteilt die Internationale Krisengruppe (ICG) in Brüssel (1).

Auch Helle Dossing, Afrika-Abteilungsleiterin bei Brot für die Welt kommt zum Schluss: „Tatsächlich versuchen islamistische Kräfte, ihren Einfluss auszubauen. Aber anders als von der mosambikanischen Regierung behauptet, sind die bewaffneten Gruppen zumeist keine ‚Terroristen‘, ‚Extremisten‘ oder ‚Dschihadisten‘, sondern in der Mehrheit junge Bewohner der Provinz, die aufgrund von Armut, fehlender Bildung und geringen beruflichen Chancen sowie insgesamt fehlenden Perspektiven in den bewaffneten Kampf ziehen.“ (2). Ähnlich argumentiert das schwedische Friedensforschungsinstitut SIPRI: „Entbehrungen und Ungleichheit werden als stärkere Motivation für die Aufständischen eingeschätzt als die dschihadistische Ideologie“ (3).

Zweitgrößte Erdgasreserven Afrikas

Die regierungsnahe deutsche Stiftung Wissenschaft und Politik wies auf den Zusammenhang von Gewalt und Ausbeutung von Rohstoffen hin: „Die Region ist reich an Rohstoffen; in den vergangenen Jahren wurden neue Vorkommen an Öl und Gas entdeckt. Durch die Vergabe von Konzessionen an Unternehmen wurden Teile der lokalen Bevölkerung von ihrem Land vertrieben. Dabei fließen die Profite aus der Förderung von Rohstoffen nur zu einem geringen Teil in den strukturschwachen Norden zurück.“ (4). Die Erdgasvorkommen vor der mosambikanischen Küste sollen 2,8 Billionen Kubikmeter umfassen, die zweitgrößten Reserven Afrikas. Im Jahr 2010 stieg ein Konsortium unter der Führung des französischen Total-Konzerns mit dem "Mosambik-Flüssiggasprojekt" groß in das dortige Land ein. Es geht dabei um die anvisierte Ausbeutung von 1,78 Billionen Kubikmeter Flüssiggas, wofür 2019 entschieden wurde, bis 2024 insgesamt 20 Milliarden US-Dollar investieren zu wollen. Im Juli vergangenen Jahres wurde bekanntgegeben, eine Vereinbarung für Investitionen im Umfang von 15 Milliarden US-Dollar sei unterzeichnet worden (5).

„Schwere Menschenrechtsverbrechen“

Als die Aufständischen, die von der Bevölkerung als „al Schabaab“ (arabisch: die Jungs) bezeichnet werden, vor einem Jahr die Hafenstadt Mocimboa da Praia einnahm, veranlasste das den französischen Total-Konzern zum vorübergehenden Abbruch seiner Aktivitäten ein. Anfang Juli 2021 traf ein 1.000-köpfiges Kontingent der ruandischen Armee, die für ihre Brutalität bekannt ist, in Cabo Delgado ein und eroberte die Stadt Mocimboa da Praia. Die Aufständischen zogen sich in den Busch zurück, um von dort einen Guerillakampf zu führen.

Die EU hat im Juli 2021 beschlossen, 120 Soldaten nach Mosambik zu entsenden (EUTM Mosambik), um dort einheimische Militärs auszubilden, dem von Amnesty International schwere Menschenrechtsverbrechen vorgeworfen werden. Die Armee habe – so Amnesty - „heimtückische Angriffe gegen Zivilisten ausgeführt, die der Kollaboration mit oder Unterstützung von ‚Al-Schabaab‘ beschuldigt werden“. Das Militär und die Polizei hätten „außergerichtliche Hinrichtungen und Folter und andere Misshandlungen begangen und Körper verstümmelt“ (6).

EUTM Mosambik für Total-Konzern

Die EU-Außenminister rechtfertigen den neuen EU-Militäreinsatz mit dem Ziel, „die mosambikanischen Streitkräfte auszubilden sowie beim Schutz der Zivilbevölkerung und bei der Wiederherstellung der Sicherheit in der Provinz Cabo Delgado zu unterstützen“. Zutreffender dürfte wohl eher die Analyse von Johannes Dieterich im Standard vom 14.8.2021 sein: „Während Wissenschaftler nachweisen, dass die Nutzung fossiler Brennstoffe für die Klimakatastrophe noch schlimmere Folgen als bisher angenommen hat, versuchen Regierungen aus aller Welt mit militärischen Mitteln zu gewährleisten, dass ein riesiges Erdgasfeld im südostafrikanischen Staat Mosambik gegen den Widerstand zumindest von Teilen der örtlichen Bevölkerung weiter erschlossen werden kann“ (1).

Die Interessen des französischen Total-Konzerns in Mosambik haben augenscheinlich eine große Rolle dabei gespielt, dass insbesondere die französische Regierung – neben der ehemaligen Kolonialmacht Portugal - auf diese EU-Militärintervention drängte. Offensichtlich ist man nicht bereit, aus dem Debakel der EU-Militärintervention in Mali bzw. mittlerweile fünf Sahel-Staaten zu lernen, wo gerade durch das militärische Eingreifen von außen eine Gewalteskalation in Gang gesetzt wurde und der Dschihadismus neuen Zulauf bekam.

Österreich finanziert EU-Militärmissionen mit

Die türkis-grüne österreichische Regierung hat diese Militärmission in Mosambik auf EU-Ebene mitbeschlossen. Und österreichische SteuerzahlerInnen werden sie höchstwahrscheinlich mitfinanzieren. Zwar wird im EU-Beschluss über die Finanzierung der Mosambik-Mission kein Wort verloren. Aber gerade für solche Militäreinsätze wurde vor Kurzem die sog EU-„Friedensfazilität“ beschlossen. Hinter diesem wohlklingenden Namen verbirgt sich die Einrichtung einer 5-Milliarden schweren EU-Kriegskasse zur Finanzierung von Auslandseinsätzen und Waffenexporten. Die EU-Staaten finanzieren diese Kriegskasse entsprechend ihrem Anteil am Bruttoinlandsprodukt. Damit finanziert Österreich einen Militäreinsatz mit, um den Zugang zu fossilen Brennstoffen für EU-Konzerne abzusichern. Widerspruch vom grünen Juniorpartner ist nicht bekannt. Ist das grüne Klimaschutzpolitik?

Dieses Mitfinanzieren dieser Militärmission in Afrika ist wieder einmal ein klarer Verstoß gegen die österreichische Neutralität. Ein weiterer Grund, am kommenden 26. Oktober, dem österreichischen National- und Neutralitätsfeiertag, ein Zeichen für Neutralität und gegen EU-Militarisierung zu setzen. Die Solidarwerkstatt Österreich lädt an diesem Tag zu einer Kundgebung unter dem Motto „Neutralität verbindet – Militärblöcke spalten! Nein zur Unterordnung unter die EU-Militarisierung!“ ein (13 bis 16 Uhr, nahe dem Maria-Theresia-Denkmal, Wien).

Gerald Oberansmayr
(September 2021)


Quellen:

  1. https://www.derstandard.at/story/2000128899378/auslaendische-truppen-kaempfen-in-mosambik-gegen-islamisten-und-um-die
  2. https://www.brot-fuer-die-welt.de/pressemeldung/2021-eu-mission-in-mosambik-misereor-und-brot-fuer-die-welt-warnen-vor-eskalation/
  3. https://www.sipri.org/commentary/blog/2021/arms-transfers-military-spending-and-insurgencies-what-we-do-and-do-not-know-about-mozambique
  4. www.swp-berlin.org/publikation/mosambik-trotz-friedensprozess-verdichten-sich-die-anzeichen-fuer-eine-ernste-krise/
  5. https://www.heise.de/tp/features/Mosambik-EU-Einsatz-und-Fluessiggas-6004804.html
  6. www.welt-sichten.org