... das Umwelt, Klima und Menschenrechte bedroht

Die EU arbeitet mit Hochdruck am umstrittenen „Frei“-Handelsabkommen mit den Ländern des Mercosur. Denn dort winken seltene Erden, fruchtbare Böden und große Absatzmärkte. 

Am 6. Dezember unterzeichnete EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Einigung auf ein „Frei“-Handelsabkommen der EU mit den vier Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay. Bis Mitte 2025 soll es ratifiziert werden.

Gewinner/Verlierer

Die treibende Kraft hinter dem Abkommen ist die deutsche Großindustrie, v.a. die  Automobilindustrie, wie eine Studie von Attac und anderen NGOs zeigt. Eine Reihe von Maßnahmen zielt schlicht darauf ab, die Produktion – von den Rohstoffen und Vorprodukten bis zur Endfertigung –, den Marktzugang sowie den Betrieb von Autos zu verbilligen und damit den Absatz der europäischen Autoindustrie am lateinamerikanischen Kontinent anzukurbeln - ein Bärendienst im Kampf gegen den Klimawandel.

Diese Verbilligung will man nach dem Inkrafttreten des Abkommens in den nächsten 10 bis 15 Jahren durch Beseitigung der Zölle für Autos, auf Autoteile und auf Rohstoffe (Produkten aus Eisen, Stahl, Aluminium, Kupfer, Lithium, Blei und Zink) erreichen. Außerdem sollen die Länder der EU in Zukunft hochwertige landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Wein (heute mit 27 % zu verzollen), Schokolade (20 %), Whisky und andere Spirituosen (20 bis 35 %), Käse (28 %), Kekse (16 bis 18 %), Pfirsichkonserven (55 %) und selbst Erfrischungsgetränke (20 bis 35 %) zollfrei ausführen können.

Freihandel zwischen Nord und Süd ist besonders problematisch, da dieser die Ungleichheit verschärft. In der EU würden vor allem Hersteller von Maschinen, Autos sowie Hersteller pharmazeutischer und chemischer Produkte (Pestizide, ...) profitieren. Letztere gesundheitsschädliche Mittel landen über Importe dann wieder auf unseren Tellern. Im Gegenzug für deutsche Autoimporte – liefern die Mercosurstaaten vor allem für die EuropäerInnen billige landwirtschaftliche Güter nach Europa. Der „Frei“-Handelsvertrag umfasst ua. die Einfuhr von südamerikanischen Agrarprodukten wie Futtersoja und Rindfleisch sowie mineralische Rohstoffe aber auch Fahrzeugteile in die EU.

In den Mercosur-Staaten profitiert das Agrobussines (das bereits vom transnationalen Finanzkapital vereinnahmt ist) und Exporteure von seltenen Erden. Verlierer werden die Umwelt und die Landwirtschaft sein, da noch größere Anbauflächen mit importierten Pestiziden besprüht werden. Das gefährdet die Gesundheit der in der Landwirtschaft Arbeitenden und ihrer Familien - Flora und Fauna - belastet Wasser ... .

In Österreich haben wir relativ hohe Lebensmittelstandards und immerhin einen Bioanteil von ca. 25 Prozent. Nun drohen genmanipulierte, gespritzt Lebens- und Futtermittel eingeführt zu werden.

Rekolonisierung

Im Einzugsbereich des Mercosur, wo das Gespenst der Rekolonisierung umgeht, sind kritische Stimmen unüberhörbar.

Steht in Südamerika der Neokolonialismus im Zentrum der Kritik, richtet sich das Augenmerk in Europa auf die Zerschlagung der sozialen Rechte und der solidarischen Wirtschaft zugunsten der Logik der Konzerne und des Kapitalismus. Die EU-Kommission zeigt sich mit seinem Einsatz für das EU-Mercosur-Abkommen wieder einmal als oberster Konzernlobbyist. 

Die ersten Proteste kamen hie wie da aus der Bauernschaft. Diese befürchtet einen unlauteren Wettbewerb mit massivem Einsatz von Agrargiften, Vertreibung der Landarbeiter und Zerstörung der Umwelt. Das Abkommen droht sowohl auf südamerikanischer als auch auf europäischer Seite kleinbäuerliche und Familienbetriebe zum Verschwinden zu bringen. Landwirtinnen und Landwirte fürchten, billige Importe könnten den Preisdruck erhöhen und heimische Produkte vom Markt drängen.

Der Mercosur-Deal ist jedenfalls Gift für Klima und Umwelt. Umweltschützer warnen davor, dass mehr Exporte von Soja, Rindfleisch und Co nach Europa den Regenwald in den Ländern des Mercosur bedroht. Noch mehr Edelhölzer werden für den Export geschlagen, und Flächen für Großgrundbesitzer gerodet, damit neues Weide- oder Ackerland entsteht. Durch das Abkommen wird nicht nur die Zerstörung des Regenwaldes, sondern auch der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft befeuert, obwohl deren Produktion und Verbrauch gesenkt werden müsste. Brasilien erlaubt den Einsatz von hochgiftigen Pestiziden, die in der EU verboten sind. Das schädigt die Umwelt, aber auch die Gesundheit der ArbeitnehmerInnen und der Bevölkerung in umliegenden Siedlungen massiv.

Bestehende Probleme für Menschen Umwelt und Klima verschärfen sich, die Überlebenssituation bedrohlich. Es ist abzusehen dass der CO2-Ausstoß steigen wird– allein schon wegen des  internationalen Gütertransports per Schiff und Flugzeug.

Arbeitsplatzverlust & Armut drohen durch neoliberale Handelsabkommen.

Soziale Bewegungen, zivilgesellschaftliche Organisationen, Gewerkschaften und Bauernverbände auf beiden Seiten des Atlantiks haben gemeinsam bislang erfolgreich dafür gekämpft, das Handelsabkommen zu verhindern. Die Gewerkschaftsbewegungen in der EU und in den Mercosur-Ländern haben das Abkommen geschlossen abgelehnt, weil es einseitig den Interessen weniger exportorientierter Konzerne dient.

Das Kapitel Handelsbeziehungen zeigt, welche Interessen hinter dem stecken: Der konzerninterne Handel soll weitgehend liberalisiert werden. Dadurch wird es den auf beiden Seiten des Atlantiks tätigen multinationalen Konzernen ermöglicht, die Konkurrenz zwischen den Beschäftigten weiter zu erhöhen, indem die Produktion an Standorte verlagert wird, an denen die Lohnkosten niedriger und die Arbeitnehmerrechte schwächer sind.

Für EU-Mercosur sind Arbeitsplätze im Export vor allem im Bereich der Landwirtschaft und großer Agrokonzerne angesiedelt. Gewerkschaften fürchten, dass das Abkommen zu Beschäftigungsverlusten, prekärer Arbeit sowie schlechteren Lohn- und Arbeitsbedingungen führt. 

Dieses „Frei“-Handelsabkommen schädigt als KleinbäuerInnen Arbeitende, da diese dann einem verschärften Wettbewerb ausgesetzt sind und den Verlust ihrer Lebensgrundlage befürchten müssen. Soziale Unruhen und Bürgerkrieg drohen durch Ungleichheit und verschärfte Konkurrenz. Das konterkariert derzeitige Förder- und Schulungsmaßnahmen durch Organisationen, die z.B. Frauen helfen, ihre Autonomie auszubauen und Zugang zu kommunalen Märkten zu bekommen, um so ein stärkeres wirtschaftliches Standbein und finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen. 

Bedenken wir all diese Aspekte dieses giftigen Abkommens, von dem nur Großkonzerne profitieren, während Arbeitnehmer:innen, Umwelt und Klima Verlierer sind. Es gilt, die Ratifizierung dieses giftigen Abkommens mit aller Kraft zu verhindern. Nein zu neoliberalem Freihandel und Profiten für einige wenige!

Eveline Steinbacher


Einladung zum Aktionstreffen 

EU-Mercosur – Ein giftiges Abkommen! Wie den Widerstand organisieren?

Do, 13. März 2025, 18h
JZ STUWE, Steingasse 5, 4020 Linz

Das EU-Mercosur-Freihandelsabkommen ist ein giftiges Abkommen: Es gefährdet das globale Klima genauso wie die regionale Landwirtschaft, es treibt die Abholzung des Regenwaldes für die Agroindustrie an und ruiniert bäuerlicher Existenzen, vergiftet die Umwelt und unsere Ernährungsgrundlagen durch verstärkte Pestizidexporte, bremst die Mobilitätswende durch Ankurbelung der Autoindustrie aus und führt zur Ausbreitung prekärer Arbeitsverhältnisse. Es droht auf beiden Seiten ein zerstörerischer Wettlauf nach unten – mit neokolonialer Ausbeutung des Südens, Menschenrechtsverletzungen und Aushöhlung von Verbraucherschutz und Tierwohl. 

Es gibt viele Gründe, gegen dieses giftige Abkommen aktiv zu werden. Die EU-Kommission will dieses Abkommen im nächsten Halbjahr durchsetzen. Um die Mitspracherechte der nationalen Parlamente auszuhebeln, ist geplant, das Abkommen in einen Freihandels- und politischen Teil aufzuspalten. Bei diesem Treffen wollen wir daher nicht nur informieren, sondern versuchen, zu gemeinsamen Widerstandsaktionen zu kommen, um dieses für Mensch und Umwelt toxische Abkommen zu verhindern.

Bei diesem Aktionstreffen sollen VertreterInnen der Organisationen und Initiativen aus den Bereichen Landwirtschaft, Klima, Rohstoffe, Frieden, Frauen ...  mit kurzen Statements zu Wort kommen. 

Einladende Organisationen (bisher): Attac, Frauen für den Frieden, Initiative Verkehrswende jetzt!, Klima-Allianz OÖ, ÖBV – Via Campesina Austria, Parents for Future OÖ, Solidarwerkstatt Österreich, Südwind OÖ, Vegans for Future

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Kommentar:

 „Zum aus der Haut fahren“

„Frei“-Handelsabkommen wie das der EU mit den Ländern des Mercosur dienen vor allem den reichen Staaten, denn was sollen arme für einen fairen Preis exportieren? Gold und Silber, Rohstoffe, werden schon lange von westlichen Staaten geplündert. Nun sollen sie auch noch ihre Felder, ihren Lebensraum opfern. Während sie, wie in diesem Fall, Autos und Pestizide bekommen, dürfen die südamerikanische BäuerInnen auf Großplantagen Soja etc. anbauen - für den Export von Rindern, die sie auf ihren Grasflächen für die sog. 1. Welt produzieren.

SüdamerikanerInnen dürfen Rinder produzieren, anders kann man es nicht nennen, wenn Tiere großindustriell in Massen zum Schlachten gemästet werden. Vorbei an den Tierschutzvorstellungen, wie sie bereits bei uns in der Biolandwirtschaft Einzug gehalten haben. Massen von Rindern verursachen Unmengen des Treibhausgases Methan. Dazu kommen dann die Emissionen, die die Transporte beim Export ins Abnehmerland (übers Meer) verursachen. Eigentlich vor den Zeiten der Klimakatastrophe schon ein Unding – aber jetzt, da die Klimakatastrophe spürbar wird und langsam versucht wird, uns aus der Sackgasse heraus zu manövrieren, in die uns unsere zum Teil egoistische und nicht an die nächsten Generationen denkende Lebensweise gebracht haben, ist das purer Zynismus. Wasser predigen und Wein trinken.

Hinzu kommen die Arbeitsbedingungen für die meist armen Menschen, die in den Betrieben in Südamerika arbeiten. Wo Spritzmittelbomber über die Felder und die Häuser fliegen. Die Menschen werden schlecht bezahlt und als Lohn werden sie durch das Gift schwer krank, Neugeborene kommen mit Missbildungen auf die Welt.

Aber dafür bekommen die Menschen Autos aus der EU geliefert. Die nach Südamerika mit hohem ökologischen Fußabdruck transportiert werden (auf Containerschiffen die mit Schweröl fahren?) und vor Ort den Automobilismus befeuern statt Alternativen zu fördern.

Es ist zum Aus der Haut fahren - und zum Ärmel hochkrempeln, um Widerstand zu leisten!

Eveline Steinbacher