ImageWährend die NATO in Libyen angeblich zum "Schutz der Zivilisten" bombardiert, unterstützte der Westen politisch und militärisch in der Elfenbeinküste einen Mann, Outtara, dem selbst internationale Hilfsorganisationen regelrechte Blutbäder an der Zivilbevölkerung vorwerfen. Für den Westen kein Problem: Denn Outtara gilt als Mann des Internationalen Währungsfonds (IWF) und Freund der Privatisierung. Sein Gegenspieler dagegen plante, den Kakaohandel zu verstaatlichen und die erste soziale Krankenversicherung Schwarzafrikas einzuführen - bis ihn französische Elitesoldaten aus dem Präsidentenpalast abführten.


Im Schatten des libyschen Krieges eskalierte auch die Gewalt in der westafrikanischen Elfenbeinküste. Nach den Wahlen im November 2010 erklärten sich sowohl der bisherige Präsident Gbagbo als auch sein Herausforderer Ouattara zum Sieger der Präsidentenwahl. Das Verfassungsgericht der Elfenbeinküste, das von Regierungsanhängern dominiert ist, sah Gbagbo knapp in Führung, nachdem ein halbe Millionen Stimmen annulliert worden waren. Grundlage dafür waren undurchsichtige 90%-Stimmenergebnisse für Ouattara in Gebieten, die von dessen Milizen kontrolliert werden und wo keine Wahlbeobachter zugelassen wurden. Eine unabhängige Wahlkommission, in der die Parteigänger der Opposition das Übergewicht haben, sah dagegen Ouattara als knappen Sieger der Wahl. Eine Neuauszählung der Stimmen, die größere Klarheit hätte bringen können, wurde von der UNO auf Druck des Westens abgelehnt.

Die Weigerung Gbagbos, den Präsidentenstuhl zu räumen, beantwortete sein Herausforderer Ouattara mit Krieg und mobilisierte seine Milizen, nachdem er grünes Licht vom Westen dafür erhalten hatte. Zu Gräueltaten ist es dabei auf beiden Seiten gekommen, aber selbst unabhängige Hilfsorganisationen werfen dem Westgünstling Outtara vor, regelrechte Blutbäder an der Zivilbevölkerung verübt zu haben Laut Auskunft des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes in Genf haben dessen Soldaten nach der Eroberung von Duékoué an einem Tag über 800 Gbagbo-Anhänger abgeschlachtet, darunter zahlreiche Kinder. Die Caritas spricht sogar von über 1.000 Toten. Während zur selben Zeit bereits die NATO-Marschflugkörper auf Libyen niedergingen, um dort die „Zivilbevölkerung zu schützen“, imponierten dem Westen die Massaker seines eigenen Parteigängers in der Elfenbeinküste kein bisschen, im Gegenteil: der Westen, insbesondere Frankreich, griff offen militärisch auf dessen Seite ein. Das vorläufige Ende ist bekannt: Vor kurzem stürmten fanzösische Elitesoldaten den Präsidentenpalast und nahmen Gbagbo gefangen. Der Platz für Outtara ist damit frei(geschossen).

Outtara - ein Mann des IWF 

Warum diese vollkommen einseitige Parteinahme? Die Antwort dürfte banal sein: Ouattara arbeitete lange Jahre als hoher Funktionär beim Internationalen Währungsfonds und leitete dort beinharte neoliberale Strukturanpassungsprogramme gegenüber Ländern des Südens. In früheren Jahren nutzte er seine Position als Ministerpräsident der Elfenbeinküste, um Infrastruktureinrichtungen des Landes europäischen Konzernen zu öffnen. So ermöglichte Outtara den französischen Großindustriellen Vincent Bolloré und Martin Bouygues den Zugriff auf Wasser- und Stromwerke sowie Eisenbahnlinien in der Elfenbeinküste. Bolloré und Bouygues stehen wiederum dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy nahe.

"Jetzt wird es gefährlich"

Sein Gegenspieler Gbagbo, Mitglied der sozialistischen Internationale, dagegen wird vom Westen, insbesondere von Frankreich äußerst feindselig betrachtet. Besonderen Ingrimm hat in Paris hervorgerufen, dass Gbagbo angeordnet hatten, den Ankauf und die Ausfuhr von Kakao zu verstaatlichen. Künftig hätte demnach nur noch der Staat oder staatlich lizenzierte Firmen Exporte tätigen dürfen, während dies bislang internationale, v.a. französische, Unternehmen getan hatten. Outtara wird dieses Vorhaben wohl rasch wieder abblasen. Auch ein andere Projekt Gbagbos wird jetzt schnell in der Schublade verschwinden. So berichtet der UN-Sonderberichterstatter Jean Ziegler, dass Gbagbo die erste verpflichtenden soziale Krankenversicherung Schwarzafrikas in der Elfenbeinküste einführen wollte und ihm gegenüber – ein knappes Jahr, bevor ihn französische Soldaten in Handschellen legten – in einem Gespräch äußerte: „Jetzt wird es gefährlich. Die WHO muss uns helfen. Die Pharmakonzerne des Westens kann ich alleine nicht besiegen. Sie werden sich wehren.“

Das Resümee Jean Zieglers, warum der Westen so einseitig auf Outtara setzt, fällt eindeutig aus: „Ouattara ist der ideale Söldnertyp für die westlichen Konzerne. Elf Jahre lang war er im Weltwährungsfonds zuständig für Afrika. Im Auftrag der westlichen Gläubiger setzte er unbarmherzig und effizient die mörderischen Strukturanpassungsprogramme durch: die Zwangsliberalisierung der afrikanischen Volkswirtschaften, die Privatisierung aller öffentlichen Sektoren. Die Elfenbeinküste ist der größte Kakaoproduzent der Welt, und vor ihrer Küste wird Öl gefördert. Kurz: Ouattara wird gebraucht.“ (in: Work, Schweizer Gewerkschaftszeitung, 20.1.2011)

Jetzt wissen wir, warum Jean Ziegler von den Salzburger Festspielen wieder ausgeladen wurde.