ImageEin Beitrag von Juan Diego García (speziell für ARGENPRESS.info), übersetzt von Ernesto Quietensky zu den aktuellen Auseinandersetzungen in Venezuela.

Die laufenden Ereignisse in Venezuela stellen die Antwort der Opposition auf die von der Regierung Maduro unternommenen drastischen Massnahmen zur Bekämpfung der kriminellen Hamsterei lebensnotwendiger Artikel, der vorsätzlichen Verknappung, der illegalen Devisenspekulation und unzähliger Praktiken des Wirtschaftskrieges, welche die nationalen und ausländischen Unternehmer gegen diese Regierung vorantreiben, dar. Die Zwischenfälle sind keine vereinzelten Ereignisse; sie bilden einen Teil der von der Oligarchie seit der Übernahme der Präsidentschaft durch Hugo Chávez und dessen Initiative zur Bolivarischen Revolution verfolgten Strategie. Vermutlich und wie immer durch Inszenierungen Washingtons. Man versucht zunächst die breite Unterstützung der Regierung durch das Volk systematisch zu unterminieren, um die Macht über die Urnen wiederzuerlangen. Aber wenn dies fehlschlägt, schließen sie weder einen Militärputsch, noch einen Bürgerkrieg oder eine direkte Intervention ausländischer Truppen aus. Es ist die bereits bekannte Handschrift der Konterrevolution, welche sie mit Erfolg gegen die UP von Allende in Chile anwandten und es ist dieselbe Strategie, die sie gegen Ecuador und Bolivien verfolgen.

Es sind nicht nur d ie ähnlichen Methoden, sondern auch immer dieselben Protagonisten. Von Innen ist der Hauptagent niemand anderer als die dominante Klasse und die ihnen verbundenen sozialen Schichten; von außen die Regierungen der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten. Die Figuren sind vertraut: vom Bänker und Grundbesitzer bis zu den „guten Kindern“, welche die Straßenaktionen der Schläger, der ewigen Rowdies oder des Mobs, der dem schmutzigen Krieg zuarbeitet, anheizen. Auf der anderen Seite, vom Präsidenten (hier Obama, wie seine Vorgänger) und seinem Außenminister, die der „Demokratischen Opposition“ großzügige finanzielle Hilfe in Aussicht stellen, bis zu den Botschaftangehörigen mit ihren Spionageagenten, Interventionen, Sabotageakten und was es so braucht, um „die Nationalen Interessen“ Onkel Sams zu sichern.

Zusammen vereint sie sicherlich eine Interessensgemeinschaft. Die venezolanische Oligarchie und die mit ihnen zusammenhängenden sozialen Sektoren reagieren auf den Verlust ihrer Privilegien als Parasiten des Ölreichtums, wo sie in großem Maßstab die Korruption praktizierten, die Kapitalflucht und den pompösen Lebensstil, Luxus und Verschwendung; ein Leben der Trägheit und Oberflächlichkeit, ohne Vergleich am ganzen Kontinent. Da kam Chávez mit der Bolivarischen Revolution und verfügte, dass die Ressourcen für die Befriedigung der dringendsten Bedürfnisse der Ärmsten des Landes und zur Förderung eines Wandels des Wirtschaftsmodells, um die Bedingungen für die einfachen Hersteller von Waren zu verbessern, herangezogen werden, um Venezuela in die Modernität und in eine gesunde und ausgeglichene wirtschaftliche Entwicklung zu führen.

Washington ist sehr besorgt, die Kontrolle über die Naturressourcen des Landes zu verlieren. Und für jene, die der Auffassung sind, dass den USA tatsächlich das Schicksal der Venezolaner am Herzen liegt, lässt der vorherige Präsidentschaftskandidat der Republikaner mit dem Vorschlag einer Invasion Venezuelas zum Zweck der Sicherung der Öllieferungen an sein Land keinen Zweifel. Klarer kräht kein Hahn. Außerdem beschäftigt die USA der außerordentliche, im Vormarsch befindliche regionale Integrationsprozess, in dem Venezuela eine Schlüsselrolle zukommt. Diese Initiative ist, wenn nicht schon ein radikaler Bruch mit der Vormundschaft der Gringos über diese Länder, so wenigstens eine enorme Schwächung des hegemonischen Einflusses, den die USA ständig über diesen Kontinent innehatte.

Zutiefst betroffen erhebt sich die venezolanische Oligarchie und scheut keine Ressourcen, einschließlich der systematischen wirtschaftlichen Sabotage, die schmutzigsten medialen Vergiftungs- und Manipulationskampagnen der öffentlichen Meinung, die Attentate und permanenten Provokationen (einschließlich Heckenschützen, welche auf Chavisten und Oppositionelle schießen, um danach die Regierung zu beschuldigen), die Einstellung gedungener Mörder (Sicarios) und kolumbianischer Paramilitärs, um populäre Führungskräfte und an der Agrarreform beteiligte Bauern zu ermorden, bis hin zum Militärputsch. Alles und jedes einzelne dieser Manöver haben keinen Machtwechsel herbeigeführt und die Opposition hat praktisch alle Urnengänge verloren. Den letzten, vor mehreren Wochen, als Maduro seinen Vorsprung mit mehr als einer Million Stimmen bestätigt sah und somit eine  Mehrheit der Gemeinden und Regionalparlamente unter seine Kontrolle brachte.  Niemand stellt diese Wahlen in Frage; nur die Opposition jammert unentwegt.

Zumindest in Lateinamerika erkennen alle Regierungen die Legitimität Maduros an,  ob sie nun mit dem venezolanischen Prozess einverstanden sind oder nicht.  Der Sachverhalt ist ein evidenter Fall des Klassenkampfs (ein Konzept, welches einige schockiert) und der Verteidigung der nationalen Souveränität (eine andere Kategorie, welche den überzeugten Neoliberalen die Haare zu Berge stehen lassen). Es handelt sich in Venezuela weder um eine Diktatur, welche die Demokratie opfert, noch um die Existenz eines blutrünstigen Diktators, wie es die Opposition hinausposaunt. Es handelt sich einfach um einen Versuch –oder entweder- einen Prozess, der von Grund auf die parasitäre Klasse, die an das Vegetieren inmitten der Armut der Mehrheit gewohnt war, erfolgreich geschlagen hat, zu beenden. Jetzt werden die vorhandenen Ressourcen zur Lösung von dringenden sozialen Problemen gewidmet (Bildung, Gesundheit, Wohnungen, Pensionen, Beschäftigung, usw.) und eine weniger deformierte Wirtschaftsentwicklung voranzubringen (Industrialisierung, Forschung, Agrarreform, etc.). Das ist der Kern der Frage. Die von der Opposition in jedweder Art angeführten Motive rechtfertigen weder das gewaltige Geschrei welches in Gewalt mündet, noch die systematischen Sabotagen (deprovisionieren und danach die Regierung für den Mangel verantwortlich machen). Die von den Behörden erkannte und bekämpfte existente Korruption ist ein endemisches Übel in diesem Land (und in vielen anderen!); auch die Fälle in der Staatsführung rechtfertigen nicht die Gewalt in den Strassen, noch die subversiven Pläne. Die Klagen der Opposition haben institutionelle Kanäle offen gelegt, die in jedem Fall gelöst werden.

Die Urnen sind die letzte Instanz, die das Verhalten der Regierung billigen oder nicht. Hoffnungslos darüber, dass sie auf legalem Weg kaum die nötige Unterstützung erreichen, greifen sie zu gewaltsamen Methoden. Für die größten Hitzköpfe der Opposition ist selbst Capriles zu „weich“ und sie bevorzugen Leopoldo López, ein Schoßhund Washingtons und aktives Mitglied der Sozialistischen Internationale, zurzeit angeklagt, als Anstifter direkt für die traurigen Ereignisse der letzten Tage verantwortlich zu sein. Er hat zum Aufstand aufgerufen, er hat die Geister des unkontrollierten Mobs, der brandschatzte und das Feuer eröffnete, erhitzt und präsentiert sich jetzt als friedlicher Gegner der die Gewalt ablehnenden Regierung. Die Regierung sah sich gezwungen, die Volksorganisationen zu ersuchen, die  Gewalt der Rechten auf der Strasse nicht zu erwidern, um nicht der Provokation zum Opfer zu fallen, wohl wissend um den aufkeimenden Zorn unter den Ärmsten Schichten des Volkes, das Spektakel beobachtend, wie Kinder aus den reichen Vierteln ungestraft, terrorisierend und zerstörend in die Arbeiterviertel einfallen, um mit ihren Motorrädern mit großem Hubraum (die niemand vor Ort sich leisten kann) Angriffe auf ihre Führung ausführen. Die Teilung der venezolanischen Gesellschaft kam nicht von Chávez. Er bewunderte immer, wie beneidenswert zivilisiert und demokratisch sich die einfachen Leute dieses Landes bei jedem Schritt im Kontrast zur Hysterie der Opposition verhielten.

Die kürzlich ergriffenen wirtschaftlichen Maßnahmen sind unerlässlich und hätten eigentlich schon viel früher unternommen werden müssen. Sie beeinflussen nicht die legitimen Wirtschaftsaktivitäten, sondern bekämpfen den mafiösen Kapitalismus. Ähnlich geeignet sind die auf diejenigen angewendeten Mittel, welche die Störungen hervorgerufen haben und die Todesfälle der jüngsten Ereignisse verursacht haben. Wenn man seinerzeit nicht legal gegen all jene, die den Staatsstreich gegen Chávez verursacht haben (der selbe Herr Capriles, Präsidentschafts-Kandidat der Rechten), vorgegangen ist, so hat es jetzt den Anschein, dass die Behörden mit voller Kraft daran arbeiten, die Verursacher der Gewalt vor das Tribunal zu bringen. Im Grunde genommen, nichts Neues. Auch nicht die Lügen und Manipulationen der Medien. Die Solidarität mit Venezuela ist jetzt nötiger, denn je.