Syrien Schiff RaketeDie EU-Sanktionen gegen Syrien sind laut UN-Welternährungsprogramm einer der „Hauptgründe“ für die Hungerkatastrophe in Syrien. Nur die islamistischen „Rebellen“ sind von den EU-Sanktionen ausgenommen.

 

Am 9. Mai 2011 beschloss der EU-Ministerrat erstmalig Sanktionen gegen Syrien. Zunächst waren diese Sanktionen noch von geringem Ausmaß. Sie umfassten lediglich Konto- und Reisesperren für 13 Vertreter der syrischen Regierung. Nach und nach wurden sie dann aber immer umfangreicher und umfassen mittlerweile das gesamte Wirtschaftsleben des Landes.[1]

Folgen für die Ernährungssituation

Landwirtschaftliche Produktionsmittel und Pflanzenschutzmittel stehen aufgrund der Einfuhrverbote nicht mehr ausreichend zur Verfügung. Und die Wasserversorgung kam zum Erliegen, da die syrischen Behörden keinen Zugang zu Ersatzteilen für Pumpen und Wasseraufbereitungsanlagen mehr haben.

Dies stellten Experten des Welternährungsprogramms (WFP) in einem 2015 veröffentlichten Bericht fest.[2] Jeder dritte Syrer leide heute unter Hunger. Mehr als sechs Millionen seien auf Nahrungsmittelhilfen angewiesen.

Aus einem dem Enthüllungsportal „The Intercept“[3] vorliegenden E-Mail der UNO geht hervor, dass der Preis für Weizenmehl um 300 Prozent, und der für Reis um 650 Prozent angestiegen sei. Grund dafür seien die Sanktionen. Sie würden zu einer Verdoppelung der Treibstoffpreise und einem 40-prozentigen Rückgang der Weizenproduktion führen.

Das WFP nennt das Wirtschaftsembargo von EU und USA neben Krieg und Fluchtbewegungen einen der "Hauptgründe" für die heutige Hungerkatastrophe.[4]

Folgen für das Gesundheitssystem

2016 veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Studie[5], die zu dem Urteil kam, dass "die Wirkung der Sanktionen auf die medizinische Versorgung offensichtlich"[6] sei. Medizinische Verbrauchsgüter seien nicht mehr verfügbar, da ausländische Unternehmen die Lieferung verweigerten. Selbst Medikamente, die vor dem Krieg noch fast zu Gänze Syrien produziert wurden, konnten nicht mehr hergestellt werden, weil die Rohmaterialien dafür nicht mehr verfügbar seien. Zwar sind Medikamente selbst vom Embargo ausgenommen, doch sei der Umgang mit dem staatlichen Gesundheitssystem schwierig und "finanzielle Sanktionen halten ausländische Banken davon ab, die Zahlungen abzuwickeln"[7].

Nicht zuletzt deshalb seien nur noch 49 von 113 untersuchten Krankenhäusern in vollem Betrieb. In dem oben erwähnten E-Mail von „The Intercept“ beschreibt der UN-Mitarbeiter die Wirtschaftssanktionen als den "hauptsächlichen Faktor" für den Niedergang des syrischen Gesundheitssystems.

Folgen des Waffen-, Öl- und Gasembargos

Um die Regierung in Syrien in die Knie zu zwingen, verhängte die EU 2011 ein Waffenexport- und Öl- und Gasimportverbot. Diese Verbote sind mitunter die folgenschwersten. Aber nicht etwa deshalb, weil sie den syrischen Staat von seiner wichtigsten Einnahmequelle abschneidet. Sondern weil sie die einzigen sind, die bisher gelockert wurden. – Natürlich nicht für die Regierung. Eine Ausnahme gibt es nur für oppositionelle „Rebellen“.

Islamistische „Rebellen“ von Embargo ausgenommen

Und diese oppositionellen Gruppen sind nicht etwa wie von Brüssel immer wieder behauptet "moderate Oppositionelle". Karin Leukefeld, eine Syrienkorrespondentin aus Bonn, berichtet immer wieder darüber.[8] Aber auch „The Guardian“ dürfte dieser Umstand mittlerweile klar geworden sein.

Wie die Tageszeitung am 19. mai 2013 berichtete[9], habe es aufgrund der Lockerung ein Rennen auf Öl von Seiten islamistischer Gruppen wie die der Al-Nusra Front gegeben. Und das noch vor Inkrafttreten der Ausnahmeregelungen. Zwar schreibt The Guardian die "moderate Opposition" habe das Rennen gegen die Islamisten "verloren", doch Fakt bleibt eins: Die Islamisten sind nun in der Lage Öl in den Westen zu exportieren und Waffen zu importieren.

Tom Pierer
(Juli 2017)


[1]https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/Aktueller_Stand_der_Sanktionen_gegen_Syrien.html

[2]Reliefweb

[3]https://theintercept.com/2016/09/28/u-s-sanctions-are-punishing-ordinary-syrians-and-crippling-aid-work-u-n-report-reveals/

[4]zit. n. https://www.heise.de/tp/features/Wie-die-syrische-Zivilbevoelkerung-unter-den-EU-Sanktionen-leidet-3695626.html

[5]http://applications.emro.who.int/docs/COPub_SYR_2016_EN_18985.pdf?ua=1

[6]zit. n. https://www.heise.de/tp/features/Wie-die-syrische-Zivilbevoelkerung-unter-den-EU-Sanktionen-leidet-3695626.html

[7]https://www.contra-magazin.com/2017/03/who-sanktionen-des-westens-gegen-syrien-beeintraechtigen-krebsbehandlung-fuer-kinder/

[8] http://www.solidarwerkstatt.at/index.php?option=com_content&view=article&id=1730:syrien-wo-ist-die-wahrheit&catid=16&Itemid=43

[9]https://www.theguardian.com/world/2013/may/19/eu-syria-oil-jihadist-al-qaida