Rede von Manfred Sauer, OMEGA/IPPNW (Internationale Ärzte zur Vorbeugung eines Atomkriegs), bei der Kundgebung im Wien anlässlich des 69. Jahrestages der Neutralität.
Liebe Friedensbewegte!
Österreich feiert heute die Verabschiedung des Bundesgesetzes 1955 über die Immerwährende Neutralität unseres Landes.
In der neuen Österreichischen Sicherheitsstrategie (ÖSS) steht: Österreich ist militärisch neutral. Gleichrangig wird die EU erwähnt in der wir uns im Rahmen der GASP und der ESVP gleichrangig und quasi unabhängig von der Neutralität engagieren.
Die Artikeln 23 f, 23 j im Bundesverfassungsgesetz und der Artikel 42 in der EU-V machen es möglich. Damit ist auch eine tiefer gehende Verschränkung mit der EU verbunden, wie etwa in der Teilnahme an Eingreiftruppen (Battle Groups – 2025 ein gesamtes Jahr lang), der strukturierten Zusammenarbeit PESCO, der Europäischen Verteidigungsagentur, der EU-Friedensfazilität usw. Alles das höhlt unser ursprüngliches Verständnis zur Neutralität aus. Somit sind die Sicherheit und die Interessen Österreichs und der EU ein gemeinsames Anliegen und sollen solidarisch gelebt werden unter Anwendung aller Instrumente, so steht es in der ÖSS.
Mit dem Truppenstatut und der NATO-Partnerschaft für den Frieden (1955) sind weitere Dämme gebrochen. Die NATO-Kooperation mit der EU ist im Interesse der transatlantischen und europäischen Sicherheit, sagt die ÖSS. Durch Österreichs Verbindung zur EU und der PfP sind wir da fest eingebunden. Mit der NATO ist der Dialog auszubauen und die militärische Zusammenarbeit zu vertiefen, zitiert die ÖSS.
Auf der anderen Seite der Ringstraße und an weiteren Orten in der Innenstadt findet eine Leistungsschau der ÖBH statt. Österreich hat sich entschlossen, seine Neutralität auch militärisch zu verteidigen. Dazu kann man der Meinung sein, dass es dieses Bundesheer in einem gewissen Rahmen braucht. Allerdings hat der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine zu einem fatalen Umdenken im Westen geführt. Die Zeitenwende wurde ausgerufen und dies bedeutet eine massive Aufrüstungswelle und Kriegsbereitschaft. Die Bundesregierung beteiligt sich an dieser Zeitenwende. Mit dem Landesverteidigungsfinanzierungsgesetz im Verfassungsrang sind jährlich erhebliche Steigerungen des Wehrbudgets und die Möglichkeit von Sonderbudgets für spezielle Beschaffungen verbunden. Im Aufbauplan 2032+ gibt es keine Tabus bezüglich bestimmter Waffensysteme mehr. Die Kooperation von Wehrindustrie und Forschungsanstalten im In- und Ausland genießt Priorität. Zum ersten Mal sind heuer bei der Bundesheershow Spezialisten der Firma Rheinmetall anwesend, um mit Bundesheeroffizieren neue Beschaffungsvorhaben zu besprechen (besonders im Rahmen der Luftabwehr).
Österreich hat durch die Aushöhlung der Neutralität seine ursprünglich angedachte Position als unabhängiger Vermittler im Rahmen einer aktiven Neutralitätspolitik weitgehend eingebüßt. Die ÖSS wurde fast ohne Mitsprache der Zivilgesellschaft und des Parlaments erstellt.
Die Friedensstrategie des Internationalen Versöhnungsbundes österreichischer Zweig zeigt eine ganz andere Herangehensweise zum Thema menschliche Sicherheit und alternative, zivile Methoden der Konfliktbearbeitung. Sie ist im Internet abrufbar und verdient eine weite Verbreitung.
Danke für die Aufmerksamkeit.