Rede von David Wögerbauer, Stimmen für Neutralität, bei der Demonstration am 15. Mai "Aktive Neutralität statt EU-Hochrüstungswahn!"


Liebe Friedensfreundinnen und Freunde!

70 Jahre Staatsvertrag – das heißt 70 Jahre Souveränität, 70 Jahre eigenständiges, neutrales Österreich. Diese Selbstständigkeit ist ein hohes Gut. Vor 70 Jahren wurde der Grundstein gelegt, für ein Österreich, das sein Schicksaal selbst in die Hand nehmen kann, in dem die Menschen die Verantwortung für ihre Zukunft auf den eigenen Schultern tragen.

Souveränität heißt, als kleines Land kein Spielball von den Großen sein zu wollen. Souveränität heißt, unsere eigenen Interessen durchzusetzen – die Interessen der Menschen, die hier leben. Souveränität heiß, sagen zu können: „Nein, österreichische Soldaten sollen nicht am Ende der Welt verrecken müssen!“ Aber nach 70 Jahren Staatsvertrag müssen wir innehalten und uns fragen: Wo ist diese Eigenverantwortung hingekommen?

Wir wollen kein Spielball der Großen sein und dennoch begibt sich Österreich in „strategische Partnerschaften“ mit den NATO-Kriegstreibern. Erst im März 2023 unterzeichnete Österreich eine Kooperationsvereinbarung mit der NATO im Bereich Cybersicherheit, mit Sky Shield sind alle Hüllen gefallen und die Annäherung der Regierenden an die NATO offiziell. Die derzeitige Regierung, das neue Kriegskabinett, erklärt sich in Strategiepapieren dazu bereit, sich auch an Kriegsmanagementeinsätzen der EU zu beteiligen. Schon jetzt beteiligt sich Österreich an EU-Militärprojekten und ist an Vorgaben gebunden, die gigantische Aufrüstungen im Dienste geopolitischer Machtspiele vorantreiben. Man kann es nicht schönreden, auf diesem Weg ist Österreich nur noch ein Vasall unter Vielen, der die Militärdoktrin aus Brüssel oder Washington durchzusetzen hat. Was hat das noch mit Souveränität zu tun?

Wir wollen unsere Interessen durchgesetzt wissen, aber die Gesetze, die im Parlament beschlossen werden, die Budgets, die dort verabschiedet werden, haben mit den Interessen der Mehrheit der Menschen nicht zu tun. Statt Friedenspolitik betreiben wir Militärlogistik für die EU. Statt Sozialwohnungen zu bauen, subventionieren wir Immobilienhaie. Die Interessen, die die Regierung vertritt, das sind die Interessen der Lobbys, der Monopolkapitalisten, der Finanzoligarchie. Was hat das mit Souveränität, mit Eigenständigkeit zu tun, wenn man die Menschen hier nur noch verarscht, um Vorgaben aus Brüssel oder Interessen von Wirtschaftsvertreter zu berücksichtigen, soll heißen: das Geschäft von BlackRock und Co nicht zu gefährden?

All das hat nichts mehr mit Souveränität zu tun. Wir geben unsere Souveränität, unsere Entscheidungsgewalt über unser eigenes Schicksal ab, wenn wir uns einreden lassen, Solidarität müsse auch militärisch sein, Kriege wären diplomatisch nicht lösbar, die Regelbasierte Weltordnung, also die Welt, in der die Großen die Regeln machen und die Kleinen sich daran zu halten haben, wäre fair und gerecht.

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Friedensbewegte! Die Verantwortung für dieses Land und seine Leute zu erkennen und wieder aufzunehmen, dass ist für mich die Relevanz des Staatsvertrags heute. Neutralität und Souveränität Österreichs wiederherzustellen ist ein großer Schritt im Kampf für eine bessere, eine gerechtere Welt. Eine Welt, in der der Wille der Vielen nicht mehr dem der Wenigen unterstellt ist, eine Welt, in der Mut herrscht, den Frieden zu wagen – das ist eine Welt, in der wir unser Schicksal tatsächlich selbst in die Hand nehmen können, in der Österreich tatsächlich souverän ist. Danke!