Rede von Judith Rachbauer, Frauen für Frieden OÖ, bei der Demo am 15.5. "Aktive Neutralität statt EU-Hochrüstungswahn!"


Liebe Friedensbewegte!

Punkt 1: RÜSTUNG TÖTET: „Wer es irgendwie schafft, dem Tod durch die Detonation, die Druckwelle und den Feuersturm zu entkommen, erkennt plötzlich eine heimtückische Wahrheit des Atomkriegs: Man ist vollkommen auf sich alleine gestellt. Die einzige Überlebensmöglichkeit besteht darin, herauszufinden, wie man sich am Leben halten kann.“ Im Prolog ihres Buches „72 Minuten bis zur Vernichtung“ mit der Überschrift „Die Hölle auf Erden“ beschreibt Annie Jacobsen die ersten Sekunden und Minuten nach der Detonation einer Thermonuklearwaffe.

Diese verdrängte Wahrheit macht uns sprachlos. Die atomare Aufrüstung hat uns als Menschheit an den Rand des Abgrunds gebracht. Wir erwachen in einer Zeit der Kriege und der Hochrüstung, Wir erwachen mit dem Wissen, dass diese Rüstung tötet – auch ohne Kriege – denn sie zerstört die Erde, sie schafft Armut durch Kriegsbudgets, sie lähmt unseren Glauben an das Gute im Menschen.

Wir erwachen in einer Zeit, in der Menschenrechte mit den Füssen getreten werden, in der zehntausende aus der Zivilbevölkerung ermordet werden und nur als Kollateralschaden bezeichnet werden, in der ein reiches Land wie Österreich seine Sozialausgaben kürzt, aber Milliarden fürs Militär hat.

Wir erwachen in einer Zeit in der demokratische Prozesse von autokratischen Entscheidungen überrollt werden, in einer Zeit, in der Menschen ihre Proteststimme rechten Demagogen geben, in einer Zeit neuer Sündenböcke wie Migranten, Arbeitslose und – bald vielleicht auch Friedensstifter. 800 Milliarden sollen in den nächsten Jahren in den EU-Staaten zusätzlich in die Beschaffung von Kriegsgerät investiert werden. Die Propaganda dazu im Hintergrund heißt: Wer Frieden will, bereite den Krieg vor!

Uns wird weis gemacht, dass in der Aufrüstung unsere Sicherheit liege. Und wer verdient? Und wer trägt auf der anderen Seite die Kosten?

PUNKT 2: WAS KÖNNEN WIR TUN? Wir haben einen Schatz, der zurzeit etwas verstaubt in der Ecke liegt: Wir müssen ihn nur aus dieser Ecke hervorholen und ihm zu neuem Glanz verhelfen: Es handelt sich um unsere Neutralität! Als neutrales Land haben wir eine starke Position, wenn es um Friedensarbeit, um Vermittlung und Friedensverhandlungen geht. Wir sollten diese Position nützen!

Wenn es schon momentan keine Verantwortung der Politik für den Frieden gibt – werden wir doch als Zivilbevölkerung laut und unbescheiden!

Fordern wir eine aktive friedensstiftende Neutralitätspolitik ein.

Fordern wir mit WILPF ein Friedensbudget: Let us move the money from the war to peace! So ein WILPF Slogan.

Fordern wir Friedensarbeit an den Schulen!

Fordern wir einen zivilen Friedensdienst und die Ausbildung von Friedensfachkräften mit fundierter Ausbildung als Instrument der Außenpolitik.

Fordern wir zusammen mit den anderen neutralen Ländern eine Friedenskonferenz, die in Wien unter dem Schirm der OSZE stattfinden könnte!

Fordern wir ein Friedensministerium!

PUNKT 3: WAS WIR FRAUEN EINBRINGEN KÖNNEN: Was ist unsere besondere Rolle als Frauen in den Friedensprozessen? Wir stellen 50 Prozent der Weltbevölkerung und wir müssen zu gleichen Teilen eingebunden werden in alle Friedensverhandlungen. Als Frauen haben wir Jahrtausende der Ausbeutung, Versklavung, Vergewaltigung durch Männer im Patriarchat hinter uns.

Wir haben gelernt, zu überleben. Wir haben von jeher gewaltfreie Lösungen angestrebt und eingeübt. Wir üben das im Kleinen, wenn wir unseren Alltag organisieren, in der Care Arbeit für unsere Kinder und für unsere Alten. Wir tragen die Vision einer Gesellschaft frei vom Patriarchat durch die Geschichte.

Eine aktive Neutralitäts – und Friedenspolitik muss auch die Forderung von feministischen Frauen und Männern sein. Dabei wissen wir: Wir müssen die Samen des Friedens säen. Gerade in Zeiten der Krise. Wir dürfen nicht verzagen. Wir machen die ersten kleinen Schritte. Wir müssen die Samen säen. Der Friede wächst und kann biblisch gesprochen ein großer Baum werden, in dem die Vögel des Himmels nisten.

Aktive Neutralitäts- und Friedenspolitik ist ein Baustein auf dem Weg zur Abschaffung des Patriarchats, zur Abschaffung der Kriege ein Weg zum Dialog und zur Konsensfindung ein Weg zur gesellschaftlichen Teilhabe und sozialen Gerechtigkeit sowie zur Klimagerechtigkeit. Ein Baustein damit wir in Frieden auch mit der Natur, dem Mehr als Menschlichem, leben lernen.

80 Jahre nach der Befreiung vom Naziterror, 70 Jahre nach dem österreichischen Staatsvertrag, der die Grundlage der österreichischen Neutralität bildet, fordern wir: Die Waffen nieder! Frauen für den Frieden!