ImageInterview mit Johanna Weichselbaumer, Aktivistin der Solidar-Werkstatt aus Alkoven (OÖ), über ihre Motivation, eine Anklageschrift gegen die Drahtzieher des NATO-Angriffs auf Libyen zu verfassen.

Werkstatt-Blatt: Du hast eine Anklageschrift gegen die NATO-Kriegsverbrecher verfasst und willst diese nun an den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag abschicken. Was sind deine Hauptbeweggründe?

Johanna: Ich habe mit tiefer Erschütterung von Anfang an die hinterlistige, kalt berechnende Vorbereitung und Durchführung des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges der Westmächte und ihrer Kumpane in Libyen mitverfolgt. 

Je mehr ich die wirklichen Hintergründe herausgefunden habe, desto bewusster ist mir geworden, mit welch abscheulichen Mitteln die herrschenden Machteliten ihre unstillbare Gier nach politischer und wirtschaftlicher Macht um jeden Preis durchsetzen. Angefangen vom Aufbau einer Lügenpropaganda über die von ihnen instrumentalisierten Medien bis zum Sturz der ihnen unbequemen Regierung und sogar bis zur unterschwelligen Genehmigung und bewusst gesteuerten Förderung eines bestialischen Lynchmordes wie im Falle des Staatsoberhauptes Muammar al-Gaddafi, und der Hinrichtung dessen Sohnes Motassim. Diese völkerrechtswidrigen Gräueltaten werden in den Palästen der Westmächte mit Freuden wahrgenommen. Man beglückwünscht sich gegenseitig für die hervorragende Kriegsführung, ist doch kein einziger NATO-Soldat getötet worden.. Über die zigtausenden libyschen Zivilisten, die im Bombenhagel getötet wurden, wird ein Grabtuch der Verleugnung und Verschwiegenheit gebreitet. Diese Verrohung und geistige Rückentwicklung unserer herrschenden Politiker machen mir Angst. Für mich sind die in der Anklageschrift Angeführten Kriegsverbrecher Nummer 1, d.h. die Machthaber Frankreichs, Großbritanniens und der USA sowie die Verantwortlichen in NATO und EU. 
Kein Punkt in der UN-Charta ist ihnen heilig, wenn es darum geht , ihr Ziel zu erreichen. Die von ihnen erzwungenen Resolutionen (laut NATO-Chef Rasmussen bald auch ohne) werden bis zur absoluten Unterjochung des betreffenden Landes und zur ungehinderten Freigabe für ihre hemmungslosen Raubzüge missbraucht. Dies alles geschieht unter dem heuchlerischen Vorwand, die Zivilbevölkerung zu schützen, die sie dann massenweise töten, und gestützt auf die Riesenlüge, die Demokratiebewegung in Libyen zu unterstützen, wo sie doch unsere Demokratie immer radikaler abbauen und selbst diktatorischere Züge annehmen.

Werkstatt-Blatt: Wie wir ja wissen, ist es eine Illusion, dass der IStGH ein Strafverfahren gegen diese von dir angeführten Angeklagten einleiten würde, geschweige denn einen Haftbefehl ausstellen würde. Im IStGH sind ja auch Personen installiert, die unter dem Druck der Westmächte eben gerade diesen Hauptschuldigen freundlich gesinnt sind. Warum willst du trotz dieser Aussichtslosigkeit die Anklageschrift dorthin absenden?

Johanna: Diesbezüglich mache ich mir sicher keine Illusionen. Trotzdem ist es ein winzig kleines Steinchen, das ich zwischen die Zahnräder dieser grausamen Maschinerie fügen kann. Meine bildliche Vorstellung diesbezüglich ist, dass viele kleine Steine den stärksten Machtapparat blockieren, ruinieren und schließlich zum Stillstand bringen können. Es ist zumindest ein Versuch, der Gerechtigkeit einen entschiedenen Stoß in die richtige Bahn zu versetzen. Ich hätte das Gefühl, innerlich zu verkrüppeln, wenn ich diesem ganzen Verbrechen nicht aktiv etwas entgegensetzen könnte. Mich besorgt, dass auch bei uns in Österreich kein großer Aufschrei mehr hörbar war. Der Gedanke ist beängstigend, dass sich die Menschen durch die immer rascher werdende Abfolge von Angriffskriegen schon an solche Grausamkeiten gewöhnt haben und sich Resignation, Lethargie und innere Abgestumpftheit breitmachen. Diese Haltung ist meines Erachtens gefährlich, weil es die Kriegstreiber bestärkt und ihnen Tür und Tor noch weiter öffnet. Je geringer der Widerstand und die hörbare Ablehnung, desto skrupelloser werden die Vorgangsweisen der Machthaber in jeder Beziehung. 

Werkstatt-Blatt: Gehört nicht die österreichische Bundesregierung aufgrund ihres Verhaltens in diesem Krieg auch verurteilt?

Johanna: Auf alle Fälle! Das Verhalten der Faymann-Regierung war eine riesige Schande für Österreich: angefangen von der lautstarken Unterstützung in den EU-Gremien für den Angriffskrieg über die Genehmigung der Durchfuhr und des Überflugs von Kriegsgerät bis hin zur Entsendung von zwei Offizieren in das EUFOR-Libya-Hauptquartier nach Rom, um für den Abmarschbefehl für die österreichischen EU-Battlegroups-SoldatInnen nach Libyen bereitzustehen. Nicht einmal ein leiser Hauch von Kritik an dem grausamen Kriegsablauf und den Vertragsbrüchen seitens der Westmächte war zu hören. Mit der direkten und indirekten Kriegsbeteiligung hat die Bundesregierung auch gröbstens gegen das Neutralitätsgesetz verstoßen.
 
Ich möchte die österreichische Bevölkerung aufrufen, diesen behutsamen, aber umso hinterhältigeren Abbau der Neutralität mit allen Kräften zu stoppen. Es muss uns bewusst sein, dass keinem Politiker in unserer Bundesregierung das Wohl der Bevölkerung am Herzen liegt, sondern dass unsere Regierungsvertreter nur mehr mit weichen Knien und ergeben alle Verträge, Gesetze und Richtlinien der EU-Diktatur befolgen. Wir müssen uns aus dieser Zwangsjacke, die immer straffer gezogen wird, befreien und dies ist nur durch den Austritt aus der EU möglich.