Die Johannes-Kepler-Universität in Linz hat einem Pensionisten ein Betretungsverbot erteilt. Der Grund: Er hat bei einer Fahrradrundfahrt drei Plakate gegen den Krieg in Gaza und für die Gleichheit aller Menschen in Palästina gezeigt. Die Entscheidung der JKU zeigt die Feigheit und die Angst der Universität, eine freie Meinungsäußerung zuzulassen. Im folgenden ein Brief von Albert Schönhuber an die Universität.


Albert Schönhuber, 66 Jahre, Pensionist
4040 Linz

„Pro-Palästina Versammlung“ – JKU-Betretungsverbot vom 13.11.2024

Sehr geehrte Frau Mag.a Merkl!

Herzlichen Dank für Ihr Schreiben vom 13.11.2024, in dem Sie mir mitteilten, dass ich gemäß § 9 Ab. 2 Ziffer 6 und 17 der Hausordnung der Johannes Kepler Universität (JKU) von der weiteren Benützung der Einrichtungen der JKU ausgeschlossen bin.

Gestatten Sie mir bitte, dass ich dazu wie folgt Stellung nehme:

Zum Betreff: Pro-Palästina Versammlung

Diesen Punkt Ihres Schreibens präzisiere ich insofern, dass es sich zu keinem Zeitpunkt um eine Pro-Palästina Versammlung gehandelt hat, sondern um eine „Ein-Mann-Aktion“ zum Thema Frieden mit dem Schwerpunkt Palästina. Diese Aktion führte ich in Form einer Fahrradrundfahrt durch den Campus mit den in der Folge beschriebenen und im Anhang befindlichen Plakaten bzw Fahrrad durch.

Plakat 1

Rache und immer wieder Rache?.... Keinem vernünftigen Menschen wird es einfallen Tintenflecken mit Tinte, Ölflecken mit Öl wegputzen zu wollen - nur Blut, das soll immer wieder mit Blut ausgewaschen werden!

Dieser Text stammt aus dem Werk „Die Waffen nieder!  von Berta von Suttner, einer österreichischen Pazifistin, Friedensforscherin und Schriftstellerin, die als erste Frau 1905 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.

Quelle:

https://austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/Zitate/Suttner%2C_Berta_von

https://de.wikipedia.org/wiki/Bertha_von_Suttner

Plakat 2

Stilisierte Palästina-Fahne mit der Inschrift

„FROM THE RIVER TO THE SEE ALL PEOPLE SHALL BE FREE“

Der Aufruf „From the river tot he sea ….“ wurde sowohl von Israel als auch Palästina verwendet, jedoch jeweils bezogen auf die eigene Bevölkerung.

Quelle Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/From_the_River_to_the_Sea

Fahrrad 2

Von mir wurde das Plakat bewusst so gestaltet, dass davon ALLE Menschen in dieser Region umfasst werden, mit dem Wunsch, in dieser Region frei und in Frieden leben zu können. Bewusst jedoch mit dem Schwerpunkt Palästina, da ja für Israel, im Gegensatz zu Palästina, sowohl die rechtliche als auch territoriale Freiheit bereits besteht.

 Plakat 3

Dieses Plakat besteht aus dem Text

BEING AGAINST

ILLEGAL SETTLEMENTS,

APARTHEID,

GENOCIDE

IS NOT ANTISEMITISM

sowie der grafischen Darstellung der territorialen Entwicklung Israels und Palästinas in dem Zeitraum von 1947 (UN Teilungsplan) bis heute.

Die graphische Darstellung zeigt auf, wie durch illegale Siedlungspolitik und Besatzung, in konsequenter Missachtung des Völkerrechts, das Territorium Palästinas durch Israel vereinnahmt wurde.

Zum Thema illegale Siedlungen, Apartheid und Genozid gab und gibt es aktuell immer wieder Verurteilungen Israels bzw Kritik an Israel durch die Vereinten Nationen, den IGH und den IStGH, diese Völkerrechtsverletzungen einzustellen bzw den legalen Rechtszustand wiederherzustellen. Bisher leider erfolglos.

Quellen:

https://www.annefrank.org/de/themen/antisemitismus/ist-kritik-israel-antisemitisch/

https://de.wikipedia.org/wiki/Gutachten_zu_den_rechtlichen_Folgen_von_Israels_Besatzungspolitik

https://unric.org/de/sonderberichterstatterin-sieht-vernuenftige-gruende-fuer-annahme-des-voelkermordes-in-gaza/

https://www.ohchr.org/en/special-procedures/sr-palestine

https://www.ohchr.org/en/documents/country-reports/a79384-report-special-rapporteur-situation-human-rights-palestinian

Mir ist bewusst, dass die israelische Regierung (im Gegensatz zu vielen ihrer BürgerInnen) diese Sichtweise nicht teilt, jedoch trifft dies wahrscheinlich genauso gut für die Kriegsverbrechen Russlands und Amerikas zu, die bezogen auf die Kriege in der Ukraine und dem Irak begangen werden bzw wurden.

Bezüglich der Gründe für das Betretungsverbot, insbesondere gemäß § 9 Abs 2 Ziffer 17 der JKU-Hausordnung, möchte ich betonen,

  • dass ich bewusst sehr langsam mit meinem Fahrrad über den Campus gefahren bin, um niemanden zu gefährden,
  • außerdem habe ich nie geklingelt, um die Ruhe nicht zu stören
  • und zudem habe ich besonders auf die Sicherheit aller Personen geachtet, indem ich rechtzeitig abgebremst, stehengeblieben oder ausgewichen bin.

Sollte es dennoch wider Erwarten bei meinen Rundfahrten zu einer Störung der „Ruhe, Ordnung und Sicherheit am Universitätsgelände“ gekommen sein, tut mir das ausdrücklich leid und entschuldige ich mich dafür.

Sollte jedoch mit der Störung der „Ruhe, Ordnung und Sicherheit“ gemeint sein, dass diese durch die inhaltliche friedensorientierte Ausrichtung meiner Rundfahrten am Campus gegeben war, so würde mich das wundern, da ich in keinster Form zu irgendeinem, der Hausordnung widersprechendem, Verhalten provoziert, geschweige denn aufgerufen habe. Auch habe ich keine Menschen am Campus angesprochen bzw nur mit jenen geredet, die von sich aus Kontakt zu mir aufgenommen haben.

Abschließend bedauere ich es natürlich, dass die Universität es im konkreten Fall für notwendig erachtet, diese Form der freien Meinungsäußerung zu unterbinden. Für mich insofern auch deswegen enttäuschend, da mir im Zuge meines (nicht abgeschlossenen) Jusstudiums an der JKU vermittelt wurde, dass das Grundrecht der Meinungsfreiheit nur in ganz eng begrenzen Fällen eingeschränkt werden darf. Aber so ist das nun einmal, Theorie und Praxis klaffen dann doch immer wieder weit auseinander.

Dennoch kann es sein, dass Sie mich fallweise vor der Einfahrt zur Universität mit meiner Botschaft antreffen können. Gerne sehe ich in diesem Zusammenhang einem persönlichen Gespräch entgegen, so wie dies auch bisher bereits von einigen Menschen wahrgenommen wurde.

Mit freundlichen Grüßen

Albert Schönhuber

PS.: Ich erlaube mir das Mail in Blindkopie auch an einige ProfessorInnen, die ich aus der Studienzeit noch in Erinnerung habe, zu übermitteln, da wie angeführt, doch einige interessante Aspekte zum Thema Völkerrecht (illegale Siedlungen, Selbstverteidigungsrecht, Terrorismus, Genozid), Strafrecht (Verbotsgesetz, Antisemitismus), Öffentliches Recht (Campusgelände, Betretungsverbot, rechtliche Schritte) enthalten sind, die bei Bedarf im Lehrplan der Universität behandelt werden könnten. Mir ist jedoch bewusst, dass sich dazu kaum eine/e ProfessorIn aufs Glatteis begeben wird, da trotz Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit, diese schnell zum Bumerang werden kann, wenn man eine abweichende Meinung vertritt.

Ebenso werde ich das Mail auch an andere Personen zur Information weitergeben, da ich vermeiden möchte, dass insbesondere junge Menschen, im naiven Glauben an die Grundrechte, durch unbedachtes Vorgehen ihre universitäre Laufbahn bzw Zukunft gefährden.