Vier Jahre nach dem Staatsstreich in der Ukraine haben drei georgische Söldner gestanden, im Auftrag ukrainischer Pro-EU-Kräfte ein Scharfschützenmassaker am Maidan angerichtet zu haben, dem im Februar 2014 rd. hundert Menschen zum Opfer fielen. Ziel war es, „Chaos zu säen“ und die Schuld für die Opfer der damaligen ukrainischen Regierung unter Präsident Janukowitsch in die Schuhe zu schieben, um dessen Sturz vorzubereiten.

Bereits bald nach dem Maidan-Massaker im Februar 2014, dem rasch der prowestliche Staatsstreich folgte, verdichteten sich die Informationen, dass rechtsradikalen Kräfte, die den prowestlichen Euro-Maidan-Protest dominierten, selbst das Massaker verursacht hatten. So äußerte der estnische Außenminister Urmas Paet in einem gelaekten Telefongespräch mit der damaligen EU-Chefaußenpolitikerin Catherine Ashton Anfang März 2014 den Verdacht, dass "jemand aus der neuen Koalition" (also die durch den Staatsstreich an die Macht gekommenen Kräfte) hinter den Scharfschützenmorden stehen könne. Zum selben Ergebnis kam Ivan Katchanovski, Universitätsprofessor an der kanadischen Universität Ottawa, nachdem er penibel eine Vielzahl von Dokumenten und Medienberichten über die Ereignisse vom 20. Februar 2014 am Maidan ausgewertet hatte.

„Chaos säen“

Westliche Medien propagierten jedoch unverdrossen die Erzählung, dass die Regierung Janukowitsch die Verantwortung für das Massaker am Maidan trage. Eine TV-Reportage mit dem Titel "Ucraina: Le verità nascoste", die der italienische Sender Canale 5 am 20.11.2017 (1) ausstrahlte, bringt diese Erzählung der Maidanereignisse nun völlig zum Einsturz. Drei Georgier gaben in dieser Sendung zu, selbst an diesem Blutbad beteiligt gewesen zu sein. Ihre Auftraggeber stammen aus dem Mileu rechtsextremer Maidan-Kräfte und prowestlicher Politiker, die die bei EU und USA unbeliebte ukrainische Regierung im Februar 2014 gewaltsam wegputschten. Die georgischen Staatsbürger Koba Nergadze, Kvarateskelia Zalogy und Alexander Revazishvilli erklärten in der italienischen TV-Dokumentation, sie seien Mitte Januar 2014 in der georgischen Hauptstadt Tbilisi angeworben und in die Ukraine geflogen worden. Einer von ihnen gibt an, gezielt aufgrund seiner Fähigkeiten als Scharfschütze ausgewählt worden zu sein. Wie aus ihren Berichten hervorgeht, bestand ihre zentrale Aufgabe zunächst darin, die ukrainischen Repressionskräfte zu provozieren, um sie zu einem brutalen Vorgehen gegen die Demonstranten zu veranlassen. Am 20. Februar 2017 sei den Söldnern schließlich ausdrücklich befohlen worden, sowohl auf Polizisten als auch auf Demonstranten das Feuer zu eröffnen, um "Chaos zu säen". Anschließend sollten sie schleunigst verschwinden.



Wer lieferte die Waffen?

Laut den drei Georgiern hatte dabei der damalige oppositionelle Parlamentsabgeordnete Serhij Paschinski eine zentrale Funktion inne: Er stattete die Scharfschützen im Konservatorium und im Hotel Ukraina mit den nötigen Schusswaffen aus. Diese Aussage lässt sich durch ein Videodokument erhärten, das zeigt, wie Paschinski in der Phase der Gewalteskalation ein automatisches Gewehr in seinem Kofferraum transportiert. Paschinski gehörte zur „Vaterlandspartei“ Julia Timoschenko, einer von EU und USA besonders hofierten ukrainischen Politikerin und Oligarchin. Paschinski übernahm nach dem Umsturz Ende Februar 2014 zunächst die Leitung der Kiewer Präsidialadministration und steht heute als Abgeordneter der Regierungspartei Volksfront dem Parlamentsausschuss für Nationale Sicherheit und Verteidigung vor.

An der Überbringung der Waffen war auch Wolodymyr Parasjuk beteiligt gewesen. Parasjuk hatte auf dem Maidan eine der faschistischen Kampfgruppen geführt. Nach dem Umsturz beteiligte er sich mit dem rechtsextremen irregulären Bataillon Dnipro am Bürgerkrieg im Osten der Ukraine, bevor er sich im Oktober 2014 ins Parlament wählen ließ. Parasjuk ist dadurch bekannt geworden, dass er am Abend des 21. Februar 2014 - einen Tag nach dem Massaker - auf der Maidan-Bühne dazu aufrief, Präsident Viktor Janukowitsch, wenn er nicht umgehend zurücktrete, mit Waffengewalt zu stürzen. Unmittelbar neben ihm auf der Bühne: Vitali Klitschko, ein politisches Ziehkind der deutschen Konrad-Adenauer Stiftung, der nach dem Staatsstreich zum Bürgermeister Kiews avancierte. Auch der österreichischen Außenminister Sebastian Kurz dürfte enge Kontakte zu Klitschko in dieser Zeit aufgebaut haben; Klitschko war 2017 zum Linzer Parteitag der ÖVP angereist, bei dem die Türkisen Kurz zu ihrem neuen Parteichef krönten.

Wer warb die Maidanmörder an?

Angeworben wurden die drei Scharfschützen durch einen vierten Georgier namens Mamuka Mamulaschwili. Der Mann hat demnach die drei Georgier in Tbilisi angeworben und sie dann - gemeinsam mit US-Amerikaner Brian Christopher Boyenge, der früher in der 101st Airborne Division der US Army gedient hatte - vor Ort in Kiew geführt. Mamulaschwili war Militärberater des langjährigen georgischen Präsidenten Micheil Saakaschwili, dessen Umfeld auch die drei für den Kiewer Einsatz angeworbenen Männer entstammen. Er kämpfte nach dem Umsturz im ostukrainischen Bürgerkrieg in der "Georgischen Legion" und hat dafür den offiziellen Ehrentitel "Nationalheld der Ukraine" erhalten. Saakaschwili wiederum hat die Maidan-Proteste stets unterstützt und im Jahr 2015 eine neue politische Karriere in der prowestlich gewendeten Ukraine begonnen - zunächst als Präsidentenberater, dann als Gouverneur von Odessa und seit seinem Zerwürfnis mit Präsident Poroschenko als Oppositionspolitiker. Saakaschwili gelangte Ende 2003 in Georgien ebenfalls mit einem Umsturz an die Macht, der wiederum auf dem Maidan als Vorbild galt.

Wer ließ es geschehen?

Vorwürfe der Georgier treffen auch den damaligen "Kommandanten des Maidan", Andrij Parubij. Parubij entstammt der ukrainischen Faschistenszene: Anfang der 1990er Jahre gehörte er zu den Gründern der extrem rechten Sozial-Nationalen Partei der Ukraine. Von 1996 an führte er deren militanten Straßenkampf-Ableger "Patriot der Ukraine". Nach seinem Rückzug aus der Partei betätigte sich Parubij Ende 2004 als einer der Hauptorganisatoren der "Orangenen Revolution"; im Jahr 2013 wurde er in gleicher Funktion auf dem Maidan aktiv. In der italienischen TV-Dokumentation wird berichtet, Parubij sei im Hotel Ukraina, aus dem zahlreiche Todesschüsse abgefeuert wurden, ein und ausgegangen. Nach dem Umsturz wurde er zunächst zum Leiter des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates ernannt; seit dem 14. April 2016 amtiert er als ukrainischer Parlamentspräsident.

Als NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am 10. Juli 2017 vor dem Parlament der Ukraine sprach, diskutierte er mit dem ehemaligen Maidan-Waffenlieferanten Serhij Paschinski - und traf anschließend mit dem ehemaligen Maidan-Kommandanten Parubij zum Austausch unter vier Augen zusammen. Was sie miteinander besprochen haben, ist nicht bekannt.

Medien 2014: Hysterische Propaganda. Medien 2017: Totenstille

Die EU-Propaganda legitimierte den Staatsstreich in der Ukraine damit, dass Janukowitsch das Massaker am Maidan angelastet wurde. Diese Propaganda zerbröselt mit den Geständnissen der drei Georgier vollends. Nicht Janukowitsch, sondern die EU-Protegés in der Ukraine haben offensichtlich diese Bluttat angerichtet, um an die Macht zu kommen. Damals im Februar 2014 waren unsere Medien voll von hysterischer Propaganda gegen den „Schlächter“ Janukowitsch. Jetzt, wo sich herausstellt, dass die mit dem Westen verbündeten Kräfte selbst die Schlächter waren, herrscht eine Totenstille in der hiesigen Medienlandschaft, die alles Gerede über Medienvielfalt Lügen straft. Wo die strategischen Interessen der EU-Großmacht berührt sind, herrscht erbarmungslose Einfalt. Der EU-Auswärtige Dienst, das deutsche Außenamt und die US-Administration drängten auf diesen Staatsstreich, da sich die Regierung Janukowitsch geweigert hatte, das EU-Ukraine-Assoziationsabkommen zu unterzeichnen. Die neuen prowestlichen Machthaben taten das schließlich anstandslos – und ermöglichten damit den Ausverkauf des Landes an westliche Konzerne ebenso wie die militärische Anbindung der Ukraine an die EU.

Neutralität ist die Alternative!

Die österreichische Außenpolitik unter Außenminister Kurz hat sich dem EU-Auswärtigen Dienst in der Ukrainepolitik in jeder Hinsicht untergeordnet. Mit der Teilnahme an der „Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit“ (SSZ) – dem militärischen Kerneuropa – wird die militärische Eingliederung in das EU-Imperium weiter vertieft. Die Neutralität und eine darauf aufbauende Friedenspolitik ist die Alternative zu dieser – siehe Ukraine – im wahrsten Sinn des Wortes mörderischen EU-Außen- und Sicherheitspolitik.
(1.12.2017)


Quellen:

- Telepolis, 19.11.2017, Maidanmorde: Drei Beteiligte gestehen, https://www.heise.de/tp/features/Maidanmorde-Drei-Beteiligte-gestehen-3893551.html?seite=all
Chaos säen
- Nachrichtenportal: German-foreignpolicy.com: Teil 1 (24.11.2017) und Teil 2 (27.11.2017) auf: www.german-foreign-policy.com


Anmerkungen:

(1) Ucraina, le verità nascoste. (Ukraine. Verborgene Wahrheiten) Canale 5, 15.11.2017. Gian Micalessin: La versione dei cecchini sulla strage di Kiev: "Ordini dall'opposizione". ilgiornale.it 15.11.2017. Stefan Korinth: Maidanmorde: Drei Beteiligte gestehen. heise.de 19.11.2017.