Die Solidarwerkstatt hat den Stahlhelm des Monats an Beate Meindl-Reisinger (Neos) vergeben.
Es hat nicht lange gedauert, da haben die „glühenden Europäer“ die Chance des Wahlsieges von Trump erkannt. Beate Meindl-Reisinger (BML), Neos-Frontfrau: „Strategie- und mittellos am militärischen Rockzipfel Washingtons zu hängen kann keine Option für Europa mehr sein. Es ist jetzt Zeit für ein neues europäisches Selbstbewusstsein, sich sowohl um unsere eigenen Angelegenheiten kümmern zu können, aber auch generell vom Spielball zum geopolitischen Akteur zu werden. Genau hier steckt eine Chance für Europa. Eine Generation Politikerinnen und Politiker, die die Schrecken zweier Weltkriege nicht selbst miterlebt hat, kann sich endlich lösen von der selbstgewählten geopolitischen Verzwergung. Sie kann sich lösen von dem vor allem von Deutschland ausgehenden Verständnis, in der Weltpolitik keine Rolle zu spielen.“ Daher sei der Wahlsieg Trumps ein „europäischer Weckruf“, die Ansage von BML: „Die Antwort auf ‚MAGA‘ (Make America great again!) kann nur eines sein: ‚Make Europe Strong (Again)!‘“ (MESA) (Standard, 9.11.2024).
Das „Again“ ist zwar in Klammer, macht aber besonders stutzig. Wann war Europa besonders stark? Als die Europäer den amerikanischen Kontinent eroberten und dabei die indianische Urbevölkerung beispiellos dezimierten? Als Afrika und Teile Asiens unter den europäischen Großmächten aufgeteilt, versklavt und ausgeplündert wurden? Oder gar als die Hitlerbarbarei unter dem Schlachtruf „Europa siegt!“ bis vor die Tore Moskaus marschierte? Können wir uns jetzt, wo „eine neue Generation von Politikern die Schrecken zwei Weltkrieg selbst nicht miterlebt hat“, die der deutsche Großmachtswahn angerichtet hat, endlich (wieder) europäischen Großmachtsträumen hingeben? Die Ankündigung der neuen EU-Kommission, 500 Milliarden zusätzlich für Rüstungsinvestitionen auszugeben, muss wie Musik in Meindl-Reisingers Ohren geklungen haben.
Dass Meindl-Reisinger vor Nationalismus warnt, gleicht einem Räuber, der wegen eines Ladendiebes alarmiert, während er die Bank ausplündert. Ihr MESA-Geschrei ist Hypernationalismus, der über ungleich gefährlichere militärische Potentiale verfügt. Genau um Österreich vor solchem Großmachtswahn zu schützen, der uns zwei Mal in die Katastrophe gestürzt und das Land ausgelöscht hat, haben Staatsvertrag und Neutralitätsgesetz ein neutrales, demokratisches und unabhängiges Österreich geschaffen. Mit der Forderung nach Aufhebung des Einstimmigkeitsprinzips in der EU-Außen- und Sicherheitspolitik wollen Beate Meindl-Reisinger und die Neos die Neutralität, Demokratie und Unabhängigkeit endgültig zu Grabe tragen und wieder in Kriege – unter Brüsseler Kommando – ziehen. Einen Vorgeschmack erleben wir bereits im Jahr 2025. Ein Jahr werden 600 Mann/Frau in Österreich Gewehr bei Fuß stehen, um auf Zuruf des EU-Rates im Rahmen der schnellen EU-Eingreiftruppe, unter dem Kommando der deutschen Bundeswehr, den „European Way of Life“ (Meindl-Reisinger) in die Welt zu tragen.
Die 2. Republik hat aus dem imperialen Großmachtswahn die Lehren gezogen – mit einer Verfassung, die vom politischen Establishment seit dem EU-Beitritt sukzessive demontiert wird. Die Neos sind dabei die aggressive Speerspitze dieser Demontage. MESA ist Trumpismus auf europäisch. Dem müssen wir in die Quere kommen. Wir brauchen einen selbstbewussten, neutralen Kleinstaat, der diplomatisch verbindet, statt Teil einer Großmacht zu sein, die militärisch spaltet.
(Dezember 2024)