ImageAlle aktuellen Bemühungen auf EU-Ebene laufen darauf hinaus, den Menschen ihren individuellen Asylanspruch zu verunmöglichen. Die Debatte zwischen der rechtsextremen FPÖ, Regierung und ökoliberaler Opposition um Grenzsicherungsmaßnahmen an Österreichs Grenzen entpuppt sich als Scheingefecht. Der Streit über Humanität versus „das Boot ist voll“ verstellt die Sicht auf die Einigkeit in Bezug auf die Aushebelung des Asylrechts durch die EU.



Österreich hat die Genfer Flüchtlingskonvention ratifiziert. Das sichert dem einzelnen Flüchtling einen Rechtsanspruch auf Asyl gegen die Republik Österreich zu. Bereits mit der EU-Dublinverordnung wurde dieser Rechtsanspruch unterlaufen. Der Flüchtling wird damit gezwungen, in jenem Land Asyl zu beantragen, in dem er zum ersten Mal europäischen Boden betreten hat. Mit den jüngsten Ankündigungen von EU-Kommission und EU-Rat soll das nationale Asylrecht noch weiter unterlaufen werden. Frontex soll zu einer eigenen Grenzschutztruppe mit bis zu 1.500 Mann und einer eigenen maritimen Ausrüstung ausgebaut werden. (Wiener Zeitung, 15.12.2015). Sollte ein Mitgliedsstaat seiner EU-Pflicht, die EU-Außengrenze effizient zu überwachen, nicht nachkommen, kann die Grenzschutztruppe auch gegen seinen Willen aktiv werden. Ein Komitee aus Vertretern der Mitgliedsländer soll darüber mit qualifizierter Mehrheit entscheiden können.

D. h. z. B. auch für Österreich, sollte es die Dublinverordnung nicht befolgen, könnten EU-Beamte in unser Asylrecht eingreifen. Über die Gewährung von Asyl würden im Ergebnis nicht mehr nationale Behörden befinden, sondern die EU-Bürokratie. Die EU hat aber die Europäische Menschenrechtskonvention nicht ratifiziert. So wird der individuelle Rechtsanspruch auf Asyl ausgehebelt.

Aushebelung des Asylrechts durch die EU

Alle aktuellen Bemühungen auf EU-Ebene laufen darauf hinaus, den Menschen ihren individuellen Asylanspruch zu verunmöglichen. Sie sollen bereits vor oder an den EU-Außengrenzen abgefangen werden und dann entweder abgeschoben oder nach willkürlichen wirtschaftlichen Kriterien den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten zugeordnet werden. Damit entpuppt sich die Debatte zwischen der rechtsextremen FPÖ, Regierung und ökoliberaler Opposition um Grenzsicherungsmaßnahmen an Österreichs Grenzen als Scheingefecht. Der Streit über Humanität versus „das Boot ist voll“ verstellt die Sicht auf die Einigkeit in Bezug auf die Aushebelung des Asylrechts durch die EU.

Wir fordern stattdessen von Regierung und Nationalrat:
 
Schluss mit der österreichischen Beteiligung am EU-Krieg gegen Flüchtlinge!
- Sichere Fluchtwege durch Wiedereinführung des Botschaftsasyls, Teilnahme am UNHCR-Resettlement-Programm für besonders Schutzbedürftige.
- Sofortige Aufkündigung der EU-Dublinverordnung (=Regelung, nach der ein Asylwerber in jenem Land Asyl beantragen muss, in der er zum ersten Mal EU-Territorium betritt). Diese Regelung ist dafür verantwortlich, dass sich Schutzsuchende dubiosen Geschäftemachern anvertrauen und dabei ihr Leben aufs Spiel setzen müssen.
- Sofortiger Ausstieg aus der EU-Grenzschutzagentur Frontex

Menschenwürdige Behandlung von Asylsuchenden!
- Die Hilfe für Schutzsuchende muss in ihren Grundstrukturen öffentlich finanziert und organisiert werden. Keine Privatisierung von Aufgaben in diesem Bereich.
- Die Grundversorgung muss ein menschenwürdiges Leben, einschließlich der Teilhabe an Bildung und Kultur, ermöglichen. Menschen außerhalb der Grundversorgung haben Anspruch auf dieselben Sozialleistungen.
- Nein zu Asyl auf Zeit und zur Beschränkung des Familiennachzugs.
- Regelungen bezüglich humanitären Bleiberechts ausbauen

Fluchtursachen bekämpfen - Ausstieg aus dem EU-Kriegsregime!
- Ausstieg aus den Gremien und Strukturen der EU-Außen-, Sicherheits- und Militärpolitik. Stattdessen eine aktive Friedens- und Neutralitätspolitik.
- Schluss mit der Unterjochung anderer Länder unter Freihandelsverträge, die den Menschen die Lebensgrundlagen in den Herkunftsländern entzieht.
- Anhebung des österreichischen Beitrags zur UN-Hungerhilfe. Erreichung des UN-Ziels von 0,7% des BIP für Entwicklungszusammenarbeit.
- Tatkräftige eigenständige Schritte gegen den Klimawandel.

Solidarstaat statt EU-Konkurrenzregime!
Während in die EU die Waren-, Kapital- und Arbeitsmärkte dereguliert werden, um Lohndumping und Braindrain im Kapitalinteresse zu bertreiben, werden andererseits die Grenzen gegenüber Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und der Zerstörung ihrer Existenzgrundlagen flüchten, immer rigider abgeschottet. Offene Grenzen für Menschen, die fliehen müssen, erfordern demokratisch und sozial regulierte Grenzen für Waren, Kapital und Arbeitsmigration.

Boris Lechthaler
(Dezember 2015)