ImageÖsterreichs Regierung genehmigt die Durchfuhr und den Überflug von Kriegsgerät für den NATO-Krieg in Libyen. Die Regierung trägt die Unterstützung des Krieges im EU-Rat mit. Regierungsmitglieder bieten bereits österreichische Soldaten im Rahmen der EU-Battlegroups für einen Bodeneinsatz im Libyen an. Einmal mehr zeigt sich: Aktive Neutralitäts- und Friedenspolitik ist im Rahmen der EU nicht machbar.


Die Kleine Zeitung berichtet am 28.3.2011: „Bis zu 50 Maschinen überflogen bislang die Alpen. Auch auf dem Landweg wird schweres Gerät transportiert: Erst am Wochenende wurden Militär-Lkws in großer Zahl auf der Tauernautobahn gesichtet.“ Die Maschinen kamen von US-Basen in Deutschland, aus Norwegen, Dänemark und Ungarn und wurden nach Sigonella (Sizilien), Aviano (Friaul) und Souda (Kreta) für die Bombardierung Libyens überstellt. Die österreichische Regierung hat Überflug und Durchfuhr für den Krieg achselzuckend genehmigt. Der Krieg sei ja schließlich von der UNO sanktioniert, heißt es am Ballhausplatz, daher hinsichtlich Neutralität unbedenklich.

Das ist natürlich Unsinn. Ein Unsinn, der übrigens auf den Golfkrieg von 1991 zurückgeht. Damals beschloss die Regierung in einer Nacht- und Nebelaktion eine Neuauslegung der Neutralität, wonach UN-sanktionierte Kriege die Neutralität aushebeln. Deshalb ließ man auch damals US-Kampfflugzeuge über Österreich fliegen und sog. „Bergepanzer“ durch Österreich rollen. Später wurde bekannt, dass auf diese „Bergepanzer“ riesige Baggerschaufeln montiert wurden, um die irakischen Soldaten zehntausendfach bei lebendigem Leib im Wüstensand zu begraben, um eigene Verluste zu minimieren. Nach Schätzungen der IPPNW (Vereinigung internationaler Ärzte gegen den Atomkrieg) hat der Golfkrieg von 1991 und seine Folgen 480.000 IrakerInnen das Leben gekostet. Die Beihilfe Österreichs zum Massenmorden am Golf argumentierte der damalige Europa-Staatssekretär Peter Jankowitsch damit, dass „sich Österreich auf die Pflichten eines EG-Mitglieds vorbereiten“ müsse.

Diese angebliche Vereinbarkeit von UN-sanktionierten Kriegen und Neutralität ist dann umso unhaltbarer, wenn der Sicherheitsrat selbst gegen die UN-Charta verstößt. Genau das ist bei der Resolution 1973 zu Libyen geschehen. So hat der UN-Sicherheitsrat nicht einmal den Versuch unternommen, den Vorwurf von „Genozid“ oder „Gefährdung des Weltfriedens“ durch das libysche Regime zu beweisen. Und selbst der Wortlaut dieser Resolution wird mittlerweile von der westlichen Streitmacht zur Makulatur erklärt, denn inzwischen ist die NATO dazu übergegangen, offen Partei im Bürgerkrieg zu ergreifen und die Bevölkerung, deren angeblicher Schutz ja angestrebt wird, durch Uranbomben zu terrorisieren. Proteste Chinas und Russlands gegen diesen Verstoß gegen die UN-Resolution werden jetzt ebenso kaltschnäuzig vom Tisch gewischt wie die Vermittlungsangebote Venezuelas, der Türkei und der Afrikanischen Union vor der Militärintervention.

Tiefgreifender demokratischer "Regime-change" ist notwendig!

Die österreichische Regierung unterstützt den Krieg nicht nur mit Durchfuhrgenehmigungen für Kriegsgerät, sie hat die Kriegsbefürwortung auch bereitwillig im EU-Rat mitgetragen und damit dem militärischen Abenteurertum des französischen Präsidenten der Rücken gestärkt. Außenminister Spindelegger bietet sogar öffentlich den Einsatz österreichischer Truppen im Rahmen der EU-Battlegroups für eine bevorstehende Bodenoffensive an. Was 1991 „in der Vorbereitung des EG-Beitritts“ begonnen wurde, wird seither als EU-Mitglied beschleunigt fortgesetzt: Unterordnung, Mitmarschieren, Mitzahlen bei der EU-Militarisierung – und wohl schon bald: Mitkämpfen bei den westlichen Feldzügen.

Gerald Oberansmayr (Solidarwerkstatt): „Noch nie war eine aktive Neutralitätspolitik von Staaten, die sich dieser Block- und Kriegslogik verweigern und Initiativen für friedliche Konfliktregelung ergreifen, zukunftsweisender als heute. Seit 1991 beweisen uns die wechselnden österreichischen Regierungen, dass diese im Rahmen der EU nicht machbar ist. Die Umkehr in Richtung einer weltoffenen Neutralitäts- und Friedenspolitik wird nicht mit dem Austausch der Gesichter auf den Regierungsbänken, sondern nur durch einen tiefgreifenden demokratischen ‚Regime change’ in Österreich zu erreichen sein, der die Gefolgschaft mit dem EU-Militärblock beendet.“

Weitere Informationen zu diesem Thema siehe Libyen-Dossier