Spirale der Gewalt durchbrechen!Anlässlich der mörderischen Anschläge in Paris beschloss die Solidarwerkstatt bei ihrer Vollversammlung am 15. November den Aufruf:

Spirale der Gewalt durchbrechen!
   - Nein zu Krieg und Terror!
   - Frieden und Neutralität statt EU-Militarisierung!
   - Teilnahme Österreichs an EU-Battlegroups verhindern!


Die mörderischen Anschläge in Paris lösen Abscheu und Wut aus. Wir müssen diese Abscheu und Wut nicht nur gegen die Attentäter richten, sondern auch gegen jene, die diese terroristischen Banden für ihre politischen Zwecke gefördert und hochgerüstet haben. Das sind die Machteliten von USA und EU. Die Kriege der westlichen Großmächte haben in den letzten Jahrzehnten nicht nur über eine Million Menschen, vor allem in der muslimischen Welt, das Leben gekostet und viele Millionen zu Flüchtlingen gemacht, sie haben gezielt jihadistische Terrorbanden aufgerüstet - großteils über Länder wie Saudi-Arabien, Katar, Vereinigte Arabische Emirate, Türkei, usw., um Regimes zu stürzen, die sich der westlichen Vorherrschaft nicht beugen wollten. Gerade die französischen Machteliten haben – mit voller Rückendeckung der EU – auf Seiten islamistischer Gotteskrieger Libyen bombardiert und dadurch mitgeholfen, das Land in einen Hexenkessel von Chaos, Gewalt und Flüchtlingsleid zu verwandeln. Der von EU und USA entfachte Krieg in Libyen ist anschließend nach Mali und Syrien übergesprungen.

Westliche Großmächte haben Aufstieg des IS gefördert


In Syrien haben die Westmächte jihadistische Gruppen wie Al Nusra und den „Islamischen Staat“ (IS) gefördert, um die syrische Regierung zu stürzen. Die Waffen haben diese Terrorgruppen vor allem von der Türkei und den Golfdespotien erhalten haben; und deren Waffen stammen zu 87% aus den USA und Ländern der EU. Der eh. finnische Präsident Martti Ahtisaari enthüllte vor kurzem, dass bereits 2012 eine politische Lösung und ein Ende des Kriegs in Syrien möglich gewesen wäre. Die westlichen Großmächte haben diese politische Lösung gezielt hintertrieben und – wie der US-amerikanische Militärgeheimdienst DIA offen zugibt – ein „salafistisches Kalifat“ gefördert, um in Damaskus einen prowestlichen Regimechange zu erzwingen. Im Jahr 2012, als diese politische Lösung unter Einbindung Russland bereits möglich gewesen wäre, gab es rd. 7.500 Tote im syrischen Kriege. Heute gibt es mehr als eine Viertel Million Toter, 11 Millionen SyrerInnen mussten seither fliehen, das „salafistische Kalifat“ ist grausame Wirklichkeit geworden. Martti Ahtisaari sagt daher bewusst in Richtung der westlichen Machteliten: „Wir haben das verursacht.“

Rechtsextreme Kräfte versuchen, die abscheulichen Attentate in Paris für ihre Hetze gegen Flüchtlinge zu nutzen. Es ist absurd und infam, Flüchtlinge, die vor Krieg in ihrer Heimat fliehen, für die Terroranschläge an den Pranger zu stellen. AktivistInnen haben im Netz darauf rasch die treffende Antwort gegeben: „Ihr wollt wissen, warum Menschen aus Syrien, Irak und Afghanistan zu uns flüchten? Stellt Euch Paris am 13.11.2015 vor – 365 Tage im Jahr!“ Ebenso absurd und infam ist es, „den“ Islam für die Terroranschläge solcher Gotteskrieger verantwortlich zu machen. Das wäre, wie wenn man „dem“ Christentum die Schuld für die Kriege der „abendländischen“ Machthaber im Nahen Osten, in Afrika, usw. geben würde. Das ist plumper Kulturkampf, der die geostrategischen und wirtschaftlichen Interessen hinter den Kriegen und die Mittäterschaft des Westens beim Aufstieg des IS verschleiern helfen soll.

Die westliche Kriegspolitik hat den Aufstieg dieser Terrorbanden nicht nur politisch und militärisch unterstützt. Sie hat die betroffenen Staaten derart in ihren Grundfesten zerstört, dass sich Organisationen wie der IS in diesen failed states oft als barbarische neue Ordnungsmacht etablieren und ein wirtschaftliches, politisches und militärisches Eigenleben entwickeln konnten.  Die (Un-)Geister, die die westliche Kriegspolitik rief, wird sie nun nicht mehr los. Das zeigen die Terroranschläge zu Beginn des heurigen Jahres und am 13. November in Paris. Solche Attentate liefern den EU-Eliten den willkommenen Vorwand für weitere Militarisierung nach außen und innen, für den Ausbau der Bespitzelungsapparate gegenüber der eigenen Bevölkerung. Und für weitere Kriege. Und für das weitere Hochrüstung von neuen Banden, die morgen wieder Terror verbreiten und übermorgen den Vorwand für weitere Aufrüstung liefern …

Diese Spirale der Gewalt müssen wir durchbrechen! Das ist die wichtigste Lehre, die wir aus dem Blutbad in Paris ziehen müssen! Was heißt das für uns hier und heute in Österreich? Österreich ist seit dem EU-Beitritt zunehmend mehr in die westliche Kriegspolitik eingebunden: EU- und NATO- Kriegsgerät rollt in Unmengen durch unser Land, österreichische SoldatInnen stehen im Rahmen der EU-Battlegroups für EU-Kriege Gewehr bei Fuß, die österreichische Politik unterstützt im Rahmen des EU-Auswärtigen Dienstes die Eskalationspolitik von Libyen bis zur Ukraine.

Neutralität: internationales Friedensengagment und Sicherheit für die eigene Bevölkerung

Seit dem EU-Beitritt wird systematisch die österreichische Neutralität mit Füßen getreten, um Österreich in die EU-Militarisierung einzubinden. Damit muss endlich Schluss sein! Wir müssen endlich Teil der Lösung werden, statt im Rahmen der EU Teil des Problems zu bleiben. Spätestens seit dem Lissabon-Vertrag ist die EU zu einem eigenständigen Militärpakt vergleichbar der NATO geworden, mit einer verfassungsmäßig verankerten Aufrüstungs- und Beistandsverpflichtung für alle EU-Staaten, mit der Selbstermächtigung des EU-Rates, globale Kriege auch ohne UNO-Mandat führen zu können, mit einem eigenem Rüstungsamt, das Rüstungsindustrie und Rüstungsexport ankurbelt. Die EU ist zum größten weltweiten Waffenexporteur aufgestiegen. Alle Staaten in der „europäischen Nachbarschaft“, die sich der Unterordnung unter westliche Vorherrschaft und EU-Freihandelsdiktate verweigerten, sind zum Ziel der direkten oder indirekten Militärinterventionen geworden: Jugoslawien, Libyen, Syrien, Ukraine.

Die EU-Kriegspolitik bedeutet Export von Krieg und Import von Unsicherheit und Terror. Neutralität dagegen ist die Grundlage für eine Politik, die sich international für Frieden engagiert und damit auch einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit der eigenen Bevölkerung leistet. Gerade die verheerenden Attentate in Paris bestärken uns daher: Keine Beteiligung an Pakten, die für den Krieg rüsten und dem Terror den Boden aufbereiten. Die Solidarwerkstatt bekräftigen daher die Forderung nach Austritt Österreichs aus der EU. Denn im Rahmen dieses Militärpaktes ist eine aktive Friedens- und Neutralitätspolitik, die diesen Namen verdient, nicht möglich.

Teilnahme an EU-Battlegroups verhindern!

Als nächsten Schritt rufen wir zum Widerstand gegen die Teilnahme Österreichs an den EU-Battlegroups auf. Die österreichischen Machthaber wollen das Bundesheer offensichtlich zum Battlegroups-Champion in der EU machen. Nach 2011/12 sollen nun auch im 2. Halbjahr 2016, 1. Halbjahr 2017, 1. und 2. Halbjahr 2018 und 2. Halbjahr 2020 österreichische SoldatInnen für diese EU-Schlachtgruppen auf „stand by“ stehen, um auf Zuruf des EU-Rates innerhalb weniger Tage in globale Kriege zu ziehen. 2011 wäre es bereits beinahe dazu gekommen. Auch damals standen österreichische Truppen auf „stand by“ für die EU-Battlegroups. Nur der entschlossene Widerstand der UNO verhinderte, dass die Battlegroups mit österreichischer Beteiligung in den Libyenkrieg geschickt wurden. Der EU-Rat, die österreichische Regierung und der Nationalrat hatten bereits grünes Licht für die Entsendung der Truppe nach Libyen gegeben - auf Seiten jener jihadistischen Gruppen, deren Gesinnungsgenossen am 13. November 2015 in Paris so mörderisch zugeschlagen haben. Wenn wir nicht alles tun, um die geplante Entsendung österreichischer Truppen zu den EU-Battlegroups ab 2016 zu verhindern, machen wir uns mitschuldig an zukünftigen Kriegen und Terroranschlägen – auch in Österreich. Daher: Nein zu Krieg und Terror! Für Frieden und Neutralität statt EU-Militarisierung! Teilnahme Österreichs an EU-Battlegroups verhindern!

(22.Vollversammlung der Solidarwerkstatt Österreich, 15.11.2015)