Image* Staatliche Anerkennung der Sezession des Kosovo durch Österreich ist weder durch das Völkerrecht noch durch die Vereinten Nationen gedeckt und ist ein schwerer Anschlag auf die immerwährende Neutralität.
* Bundesregierung und Bundespräsident müssen Anerkennungsprozess sofort stoppen und international auf die sofortige Wiederaufnahme von Verhandlungen drängen.

Bundespräsident Fischer hat am 28. Februar 2008 das Außenministerium beauftragt die Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo durch Österreich vorzubereiten. Das schleißige Verhältnis des Establishments zum Recht im Allgemeinen, zum Völker- und Verfassungsrecht im Besonderen steuert damit auf einen neuen Höhepunkt zu. Die derzeit relevanten völkerrechtlichen Regelungen bezüglich des Status des Kosovo finden sich in der Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrates. Dem europäischen, besonders auch dem österreichischen, Publikum gegenüber wird konsequent nur die eine Seite der Resolution kommuniziert: die Zustimmung zur Stationierung einer internationalen Schutztruppe.  Die Frage nach der anderen Seite, der Zusicherung der territorialen Integrität Serbiens wird mit einem Augenzwinkern beantwortet.

Bundeskanzler Viktor Klima hat beim EU-Gipfel in Berlin im März 1999 den Angriff der Nato auf die Bundesrepublik Jugoslawien begrüßt. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wurde bei der Vorbereitung dieses Angriffskrieges umgangen. Es war geradezu ein Ziel, ihn zu düpieren und die Selbstermächtigung zu globalen Militärinterventionen bei der Nato-Ratstagung zum 50jährigen Bestehen am 18. April 1999 in Washington mit der demütigenden Wirkung eines 14-tägigen Dauerbombardements zu untermalen. Die EU hat mit österreichischer Zustimmung und Beteiligung durch einseitige Wirtschaftsblockaden den Krieg unterstützt. Das Bombardement dauerte im Ergebnis 78 Tage, bei gesteigerter Brutalität.  Einzig die Rückkehr in den Rahmen des Sicherheitsrates konnte eine katastrophale Eskalation verhindern. Wenn sich Österreich jetzt im Widerspruch zur Resolution 1244 neuerlich auf die Seite derjenigen stellt, die das Völkerrecht zu einem Völkergewohnheitsrecht, eigentlich einem Völkergebrauchsrecht,  transformieren wollen, wird das Vertrauen in die  immerwährende Neutralität Österreichs nachhaltig beschädigt.

Direkte Unterstellung unter die EU. Die EU will 2.000 Beamte, Richter, Polizisten in den Kosovo entsenden. Die Mission EULEX ist durch die Resolution 1244 rechtlich nicht gedeckt. Österreich beteiligt sich an dieser Mission. De facto wird der Kosovo nicht unabhängig sondern direkt der EU unterstellt. Es mutet absurd an: die selben die die staatsrechtliche Unabhängigkeit des Kosovo abfeiern, sind der Überzeugung, dass den Kosovaren das Staatsein erst mit harter Hand beigebracht werden müsse. Diese geplante Implementierung eines EU-Verwaltungsapparates von oben wird scheitern. Notwendig sind Verhandlungen mit allen Seiten. Es gab im Herbst 2007 weder zwingende noch vernünftige Gründe die Verhandlungen abzubrechen. Es war und ist ein schwerer Fehler der österreichischen Außenpolitik, das Märchen vom notwendigen Ende der Verhandlungen nachzuerzählen. Die Statusfrage ist eine, eine wichtige, Frage bei diesen Verhandlungen, aber sicherlich nicht die Einzige. Gute Verhandlungsführung ist auf die gemeinsame Bewältigung der nächstliegenden, praktischen Aufgaben gerichtet. Hier könnte sich aktive Neutralitätspolitik beweisen.

Die politische Unabhängigkeit des Kosovo wird auch zur Begründung bei der Verweigerung des Aufenthaltsrechts für viele jener KosovarInnen werden, die der wirtschaftlichen Misere in ihrer Heimat durch Wanderung in die Reichtumsregionen Europas zu entrinnen versuchten. Einen Probedurchlauf davon konnten wir im Herbst 2007 bereits in Österreich erleben. Wie könnte es auch einen guten Fluchtgrund für die Flucht aus einem staatlichen Gebilde sein, dass direkt der EU untersteht.

Bomben schaffen keinen Frieden. Dieser Befund aus dem Jahr 1999 findet 2008 seine Bestätigung. Die fortgesetzte ethnische Parzellierung bildet keinen Boden für eine Stabilisierung auf dem Balkan. Die Re-Integration auf EU-Ebene bleibt ein leeres Versprechen. Das muss ausgesprochen werden. Dem muss entgegengetreten werden. Der selbstgefällige Abenteurerkurs in der österreichischen  Sicherheitspolitik muss beendet werden. Das Angebot unseres Kanzlers sich unangefragt für eine bevorzugte Behandlung des serbischen Beitrittsprozesse zur EU zu verwenden, vermittelt demgegenüber willfährige Dienstbarkeit gegenüber der Macht und der rohen Gewalt. Wir brauchen eine völlige Umkehr in der österreichischen Außen- und Sicherheitspolitik und fordern deshalb von Bundesregierung und Bundespräsident, die sofortige Beendigung der Vorbereitung der Anerkennung der staatlichen Unabhängigkeit des Kosovo und Initiativen zur sofortigen Wiederaufnahme der Verhandlungen der Konfliktparteien unter Einbeziehung der betroffenen Menschen und der internationalen Staatengemeinschaft.